07. April 2019   Aktuell

Im Mittelmeer ertranken nach Uno-Angaben im vergangenen Jahr mehr als 2260 Menschen bei dem Versuch, mit Booten das europäische Festland zu erreichen. Ein Jahr zuvor waren demnach 3139 Bootsflüchtlinge ums Leben gekommen.

Quelle: Spiegel.online

NGOs fordern von Merkel Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik

Mehr als 250 zivilgesellschaftliche Organisationen haben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik gefordert. "Wir sind erschüttert angesichts der gegenwärtigen europäischen Politik, die immer stärker auf Abschottung und Abschreckung setzt - und dabei tausendfaches Sterben billigend in Kauf nimmt", heißt es in einem offenen Brief. Konkret werden drei Forderungen gestellt: ein Notfallplan für Bootsflüchtlinge, die Ermöglichung "sicherer Häfen" sowie ein Stopp von Rückführungen nach Libyen.

Die Unterzeichner des Briefes kritisieren die Kriminalisierung ziviler Helfer, "die der unterlassenen Hilfeleistung der europäischen Staaten nicht tatenlos zusehen wollen".

Diese Politik bedrohe nicht nur das Leben von Menschen, sondern "setzt auch unsere eigene Humanität und Würde aufs Spiel". "Die Pflicht zur Seenotrettung ist Völkerrecht und das Recht auf Leben nicht verhandelbar", heißt es weiter.

Zu den 262 Organisationen, die sich den Forderungen angeschlossen haben, gehören neben Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl und Ärzte ohne Grenzen auch kirchliche Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und der FC St. Pauli. Sie fordern eine menschenwürdige Aufnahme für Flüchtlinge und Zugang zu einem fairen Asylverfahren sowie die Möglichkeit für aufnahmebereite Kommunen in Deutschland, sogenannte sichere Häfen, freiwillig Menschen aufzunehmen.

Diese Forderungen seien vor der Europawahl im Mai "wichtiger denn je", heißt es in dem Brief an die Bundeskanzlerin, die darin für ihr Handeln zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 gelobt wird.

Im Mittelmeer ertranken nach Uno-Angaben im vergangenen Jahr mehr als 2260 Menschen bei dem Versuch, mit Booten das europäische Festland zu erreichen. Ein Jahr zuvor waren demnach 3139 Bootsflüchtlinge ums Leben gekommen.

Die EU-Kommission hat die Rettung von Flüchtlingen auf See durch die EU-Mittelmeer-Mission "Sophia" vorerst eingestellt, auch wenn der Marine-Einsatz formell bestehen bleibt. Hintergrund ist ein Streit mit Italien über die Aufnahme der geretteten Bootsflüchtlinge.

Seit dem Antritt der populistischen Regierung in Italien hat sich auch die Arbeit der privaten Seenotretter im Mittelmeer grundlegend geändert. Während Hilfsorganisationen vorher Tausende Flüchtlinge vor dem Ertrinken bewahren konnten, werden ihre Schiffe nun beschlagnahmt oder dürfen Häfen in Italien und Malta nicht mehr anlaufen oder verlassen.

Der Stern berichtete schon 2017 über sentscetziche Zustände in libyschen Flüctlingslagern

 

"Entsetzliche" Zustände"Ausgemergelt, weggeschlossen, der Würde beraubt" - UN prangern EU-Flüchtlingspolitik an

Mitarbeiter der UN berichten von entsetzlichen Zuständen in libyschen Haftzentren für Flüchtlinge: Es gebe dort Schläge, Krankheiten und immer mehr Opfer - auch durch Hilfe der EU.

Die Vereinten Nationen haben die EU-Politik der Hilfen für die libysche Küstenwache zum Abfangen von Flüchtlingen und Migranten im Mittelmeer scharf kritisiert. Dadurch sei die Zahl der Menschen deutlich gestiegen, die unter entsetzlichen Bedingungen in Haftzentren eingepfercht seien, sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein

Italien und die EU unterstützen die libysche Küstenwache seit dem Sommer, die Flüchtlingsboote vermehrt an der Weiterfahrt nach Europa hindert und die Menschen in Libyen in Lager sperrt. Die EU-Politik sei "unmenschlich", so Al-Hussein. Nach libyschen Angaben befinden sich in den Lagern fast 20.000 Menschen. Im September waren es erst 7000.

Nach Besuch des libyschen  Flüchtingslagers "schockiert"

Seine Mitarbeiter seien nach Besuchen in den Haftzentren schockiert gewesen, so Al-Hussein. "Sie sahen tausende ausgemergelte und traumatisierte Männer, Frauen und Kinder, übereinandergestapelt, weggeschlossen in Hallen ohne Versorgung mit dem Nötigsten und ihrer menschlichen Würde beraubt." Viele seien in den Fängen von Schleppern gewesen, gefoltert, vergewaltigt, entführt und ausgehungert worden und werden nach eigenen Angaben von den Wachen geschlagen. Ein Mann berichtete, es gebe keine Duschen, viele Menschen seien krank, viele lägen schon bewusstlos am Boden.

"Das Haftsystem für Flüchtlinge in Libyen ist irreparabel zerstört", sagte Al-Hussein. Trotz zugesagter EU-Hilfen verschlimmere sich die Situation und sei inzwischen "katastrophal". "Die internationale Gemeinschaft kann angesichts der unvorstellbaren Horrorzustände dort nicht einfach wegschauen und so tun, als könne Abhilfe geschaffen werden, in dem man die Lage in den Haftzentren verbessert."

Keine konkreten Beschlüsse für Verbesserungen

Minister aus 13 europäischen und afrikanischen Ländern hatten am Montag in der Schweiz versprochen, sich für eine Verbesserung einzusetzen. Konkrete Beschlüsse fassten sie aber nicht. 

Libyen ist eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge aus Afrika auf ihrem Weg nach Europa. Das Land wird in weiten Teilen von bewaffneten Milizen kontrolliert. Die EU unterstützt die libysche Küstenwache dabei, Flüchtlinge abzufangen, ehe sie internationale Gewässer erreichen.

 

 

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