05. Juli 2019   Aktuell

Hannover: Gedenkdemo für vor 25 Jahren von Polizisten getöteten Kurden - Erinnern an Halim Dener

Peter Nowak

»Gefoltert, geflüchtet, erschossen« lautet das Motto einer Demonstration,

zu der für den kommenden Samstag ein linkes Bündnis in Hannover aufruft (14 Uhr vor dem Hauptbahnhof). Es will an den Kurden Halim Dener erinnern, der vor 25 Jahren von Polizisten erschossen wurde.

Dener war 1994 vor der Verfolgung durch das türkische Militär, das damals bereits viele kurdische Dörfer zerstörte, nach Deutschland geflohen.

Hier engagierte er sich in der kurdischen Solidaritätsbewegung. Am 30. Juni 1994 war der 16-Jährige in Hannover von Zivilpolizisten beim Kleben von Plakaten gestellt worden, auf denen das Symbol der ERNK zu sehen war, der »Nationalen Befreiungsfront Kurdistans«, die als Nebenorganisation der in Deutschland verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK galt und 1993 ebenfalls verboten wurde.

Bei der Festnahme wurde Dener aus kürzester Entfernung in den Rücken geschossen und starb kurz darauf.

Obwohl das Opfer unbewaffnet gewesen war und keinen Widerstand geleistet hatte, wurde der Schütze später freigesprochen. Seit mehreren Jahren erinnert ein linkes Bündnis in Hannover an Dener. Zum 25. Jahrestag seines Todes rechnet die »Kampagne Halim Dener« mit mehr Teilnehmer*innen als gewöhnlich.

So wird aus Bielefeld eine größere Gruppe anreisen.

Dort sorgt ein Graffito, das kurz nach Deners Tod auf den Rollladen eines linken Infoladens gemalt wurde, erneut für Auseinandersetzungen.

 

Es zeigt ein Porträt von Dener, darüber der historisch nicht ganz korrekte Spruch »Ich hoffe, dass ich nie von Bullen beim Sprühen erschossen werde« sowie die Zeile »Ermordet von Bullen«.

Jahrelang hatte sich niemand an der Darstellung gestört, zumal sie nur zu sehen ist, wenn der Infoladen des Bielefelder Arbeiterjugendzentrums (AJZ) geschlossen ist.
Doch im vergangenen Jahr forderte die Polizei plötzlich die Entfernung des Bildes.

Stein des Anstoßes ist das darin enthaltene ERNK-Symbol. Dabei handele es sich um das Symbol einer verbotenen Organisation. Die Hausversammlung des AJZ hat die Entfernung des Bildes jedoch abgelehnt.

In einer Erklärung kritisierte das Kollektiv Anfang Juni, die deutsche Politik unterstütze die Repression gegen Kurd*innen in der Türkei und verfolge sie weiter, wenn sie sich in Deutschland politisch betätigten.

Mittlerweile hat der AJZ-Vorstand wegen der Weigerung, das Graffito zu entfernen, von Bielefelds Oberstaatsanwalt Udo Vennewald einen Strafbefehl in Höhe von 3.000 Euro erhalten.

Das AJZ hat dagegen Widerspruch eingelegt. »Außerdem wollen wir bei der Denkmalschutzbehörde die Aufnahme des Graffito in die Liste der Kunstdenkmäler der Stadt beantragen«, sagte ein AJZ-Aktivist dem »nd«. Tatsächlich stehen in anderen Städten »historische« Graffiti inzwischen unter Denkmalschutz.

Dazu eine Pressemitteilung von Dr. Diether Dehm vom 06.03.2018

Kunst- und Meinungsfreiheit verteidigen - Halim-Dener-Mahnmal schützen!

Vor 23 Jahren erschuf ein junger Sprayer am Arbeiter*innenjugendzentrum AJZ in Bielefeld ein Graffiti. Es entstand unter dem Eindruck des Todes des 16-jährigen Kurden Halim Dener 1994 in Hannover. Halim wurde von der Polizei beim Plakatieren erwischt, eine Kugel aus einer Dienstwaffe beendete in dieser Nacht sein Leben. Wir Hannoveraner Linken fordern seither, einen Platz nach ihm zu benennen.

Seit 23 Jahren ist das Wandgemälde nicht übermalt, sondern es ist erhalten worden. Es ist längst ein historisches und künstlerisches Statement der Erinnerung und Mahnung. Die jungen Menschen, die das Graffiti verteidigen, bezeichnen es auch als einen Gruß an die kurdische Gemeinschaft, die sich nach dem gewaltsamen Tod des jugendlichen Kurden in Hannover ohne staatliche Gerechtigkeit zurück gelassen fühlte. Dessen Familie das Vertrauen in den Rechtsstaat verlor.

Mit der Kriminalisierung und angedrohten Zerstörungsmaßnahmen gegen das Mahnmal in Bielefeld machen sich nun sowohl Landesregierung als auch Polizeiführung einmal mehr zum Handlanger der aktuellen Bombenpolitik des türkischen Staatspräsidenten Erdogan gegen das kurdische Volk. Es ist dieselbe schändliche Logik wie die der Bundesregierung, die sich zum Gehilfen der Erdoğan-Regierung macht, in dem sie die PKK auf der Terrorliste belässt, dem türkischen Staat aber die Panzer gestellt hat, mit denen dieser gerade einen Angriffskrieg gestartet hat.

Die demokratische Öffentlichkeit hat allen Grund, dieses künstlerische Symbol in Bielefeld und die Meinungsfreiheit zu verteidigen und sich dabei - gegen die Erfüllungshilfe für den Terroristen Erdogan - auch auf das Widerstandsrecht des Grundgesetzes Art. 20 Abs. 4 zu berufen.

Dr. Diether Dehm, MdB DIE LINKE

Hier Das "corpus delecti"

 

 

 

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