11. September 2019   Aktuell

Barcelona: Hunderttausende Katalanen demonstrieren für Unabhängigkeit

 

Am katalanischen Nationalfeiertag haben Hunderttausende Unabhängigkeitsbefürworter demonstriert. Die Opposition wirft ihnen den Missbrauch der Feierlichkeiten vor, es ist aber  genau anders herum

Fast ein Jahr nach der gescheiterten Abspaltung von Spanien sind in Katalonien Hunderttausende Unabhängigkeitsbefürworter auf die Straße gegangen. Etwa eine Million Demonstranten beteiligten sich an der Kundgebung in Barcelona anlässlich des katalanischen Nationalfeiertags Diada, teilte die Polizei mit. Damit mobilisierten die Organisatoren ähnlich viele Menschen wie im Vorjahr.

 

 
 

Die alljährlichen Kundgebungen erfolgen im Gedenken an den 11. September 1714, als spanische und französische Truppen während des Spanischen Erbfolgekrieges Barcelona eroberten.

Der katalanische Regionalpräsident Quim Torra bezeichnete die Demonstration als Auftakt einer neuen "Massenmobilisierung". Zum Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober sind weitere Protestaktionen geplant.

Der exekutive Präsident Kataloniens, Quim Torra, fordert Spanien heraus!
Prof. Dr. Axel Schönberger
Deutschland

10. Sep. 2019 —

Quim Torra, exekutiver Präsident Kataloniens — der legitime Präsident Kataloniens, Carles Puigdemont, hält sich als in Spanien politisch Verfolgter weiterhin in Belgien auf — hat den spanischen Staat in einem international beachteten Aufruf vom 10. September 2019 zu einer Massendemonstration in Barcelona am 11. September 2019 herausgefordert und eine neue Phase im Prozeß der Loslösung Kataloniens von Spanien eingeleitet. Er fordert das Menschenrecht auf Selbstbestimmung des katalanischen Volkes ein, das diesem nach zwingenden internationalen Recht unmittelbar, unentziehbar und uneinschränkbar zusteht und das weder von der spanischen Verfassung noch von der spanischen Politik oder Justiz eingeschränkt oder entzogen werden darf. Es darf damit gerechnet werden, daß am 11. September 2019 deutlich mehr als eine Million Katalanen für die sofortige Freilassung der politischen Gefangenen, die in Madrid weiterhin willkürlich, wie das zuständige Gremium der Vereinten Nationen abschließend feststellte, in Haft gehalten werden, und für das Recht auf Selbstbestimmung des katalanischen Volkes auf die Straße gehen werden.

Die Katalanen können sich sowohl auf das internationale als auch auf das spanische Recht berufen, während spanische Staatsanwälte und Gerichte in schwerwiegender Weise gegen zwingendes internationales Recht, insbesondere die von Spanien unterschriebenen und als zwingendes übergeordnetes Recht in seine Rechtsordnung aufgenommenen Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen, die spanische Verfassung, das spanische Strafrecht und die spanische Rechtsordnung verstießen und verstoßen. Ein strafrechtliches Vorgehen gegen die verantwortlichen Staatsanwälte und Richter wäre in einem funktionierenden Rechtsstaat zwingend geboten.

Der Konflikt zwischen Spanien und Katalonien erreicht in diesen Tagen eine neue Qualität und einen Wendepunkt. Die Katalanen sind keine Lämmer, die sich weiterhin einen Entzug ihrer Menschenrechte, eine weitgehende Einschränkung der Demokratie und eine durch das spanische Strafrecht nicht gerechtfertigte juristische Repression gefallen lassen werden. Der aktive Widerstand gegen den spanischen Staat und das Inkraftsetzen erster Maßnahmen zur mittelfristigen Lösung Kataloniens von Spanien und zum Aufbau einer Katalanischen Republik beginnen in diesen Tagen und werden von Spanien vielleicht kurzfristig verzögert, jedoch nicht verhindert werden können.

Der Abschluß der Rede des exekutiven katalanischen Präsidenten Quim Torra an denjenigen Teil der katalanischen Nation, der im Prinzipat von Katalonien lebt, lautet in deutscher Übersetzung wie folgt:

«[...] Die Völker bilden auf zwei Wegen einen Teil der Staaten: freiwillig oder durch Zwang; durch Zugehörigkeit oder durch Unterdrückung. Und es gibt nur eine Weise, dieses ‘oder’ aufzulösen, nämlich die Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung, eines Rechts, das allein und ausschließlich den Völkern zukommt. Es gehört weder ihren Regierenden noch irgendjemandem anderen als den Völkern. Und sie haben das absolute Recht, es auszuüben.

Genau deswegen sagen wir, das wir jedes Recht, das man uns verweigert, wieder ausüben müssen.

Katalonien wird das sein, was die Katalanen wollen. Zweifeln Sie nicht im geringsten daran! Wir sind im 21. Jahrhundert, auch wenn einige sich darauf versteifen, ins 19. oder sogar ins 18. Jahrhundert zurückzukehren. Und alle demokratischen und friedlichen Kämpfe werden erfolgreich sein können, wenn sie die Unterstützung der Mehrheit der Bürger haben. Nichts und niemand kann das Verlangen nach Freiheit eines solidarischen, weltoffenen, gerechten und entschlossenen Volkes aufhalten, das weiß, daß der Aufbau eines Landes, unseres Landes, nur bewerkstelligt werden kann, wenn man die Ketten mit den Waffen des Selbstbehauptungswillens, dem Ruf der Modernität und des Fortschritts und einer bestimmten zivilisierten Vorstellung, in der Welt — im europäischen Rahmen, versteht sich — der Werte unserer Gesellschaft zu leben, zersägt.

Morgen gehen wir ohne Furcht auf die Plätze und Straßen, um unser unverhandelbares und vollständiges Eintreten für die Demokratie, die gesellschaftlichen, bürgerlichen und politischen Rechte zu verkünden, immer und überall mit der Fahne der Freiheit.

Erleben Sie den 11. September, wie es Ihnen am besten gefällt! Dazu lade ich Sie ein, es in dem Bewußtsein zu tun, daß der Umstand, daß wir noch nicht frei sind, darin begründet ist, daß wir unseren Weg noch nicht zu Ende gegangen sind. Ich fordere Sie auf, daß wir nicht innehalten und daß wir gemeinsam voranschreiten, um unsere Träume und innigsten Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen!

Es lebe Katalonien, die Demokratie und die Freiheit!» (Quim Torra, 10. 9. 2019).


Übersetzung ins Deutsche: Prof. Dr. Axel Schönberger

 

 

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