04. November 2019   Aktuell

Das Bundesverfassungsgericht urteilt am 5. November 2019 zur Zulässigkeit der Hartz IV - Sanktionen


Nach fast 15 Jahren Sanktionspraxis und Sanktionen in Höhe von fast einer Million Sanktionen jährlich und Milliarden nicht gezahlter Existenzsicherungsleistungen wird nun endlich das Sanktionsregime verfassungsgerichtlich beurteilt.

Am 5. Nov. 2019 wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sein Urteil zur Zulässigkeit der Hartz IV-Sanktionen verkünden. Es geht dabei um die Frage, ob SGB II-Sanktionen gegen das Menschenwürdeprinzip verstoßen oder halt nicht. Bisher hat das BVerfG in zwei Urteilen herausgearbeitet, dass „das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG jedem Hilfebedürftigen die materiellen Voraussetzungen für seine physische Existenz und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben als unerlässlich zusichert ein unverfügbares Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums darstellt“ (Urt. v. 09.02.2010, Az. 1 BvL 1/09).

Im Jahr 2014 hat das BVerfG entschieden, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit dem Grundgesetz "derzeit noch vereinbar" sind (Beschl. v. 23.07.2014 – 1 BvL 10/12).



Demnach müsste das BVerfG am 5. Nov. zu dem Ergebnis kommen, dass die Menschenwürde absolut, unverfügbar und keiner Abwägung zugänglich ist.

Die Sanktionen im SGB II stellen gravierende Verstöße gegen die Menschenrechte dar und sind nicht dazu geeignet, eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Sie führen vielmehr zu Verschuldung, Obdachlosigkeit und immer weiterer Entfernung vom Arbeitsmarkt. Daher gehören die SGB II - Sanktionen nach Ansicht von Tacheles und diverser Wohl- und Sozialverbände sowie dem DGB  abgeschafft und auf den Müllhaufen der Geschichte!


Der Verein Tacheles war vom Bundesverfassungsgericht als sachverständiger Dritter in dem Sanktionsverfahren bestimmt worden und hatte sich mit einer umfassenden juristischen Stellungnahme vehement gegen Sanktionen ausgesprochen. Ebenfalls haben sich die Wohlfahrts- und Sozialverbände, der DGB und der Deutsche Anwaltsverein deutlich gegen die bisherige Sanktionspraxis positioniert.  In Vorbereitung  der Verhandlung im Jan. 2019 hatte Tacheles eine Onlineumfrage zu den Folgen und Wirkungen der Hartz IV – Sanktionen getätigt. An dieser hatten sich über 21.000 Menschen beteiligt. Damit konnten dem Verfassungsgericht dezidiert die Folgen und Wirkungen der Hartz IV- Sanktionen aufgezeigt werden.
Daneben hatten wir den Teilnehmenden die Möglichkeit gegeben dem Verfassungsgericht ihre Erfahrungen und Position mit den Sanktionen direkt dem BVerfG mitteilen zu können. Von dieser Möglichkeit haben über 6.000 Menschen Gebrauch gemacht. Diese Rückmeldungen sind berührend, aber auch erschreckend, da sie die Wirkung, die Verzweiflung der Betroffenen authentisch wiedergeben. Somit haben wir den Menschen die Möglichkeit geboten, sich unmittelbar mit ihren Anliegen an das oberste deutsche Gericht wenden zu können.  

 Es ist zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht die SGB II – Sanktionen deutlich beschränken wird. Insofern wird das Urteil vom 5. Nov. für die Lebenssituation von fast 6 Mio. Menschen im Hartz IV-Bezug eine erhebliche Relevanz haben, genauso aber auch, kann die Drohung mit der Existenzvernichtung durch die SGB II- Sanktionen weiter dazu genutzt werden Arbeitende in den Niedriglohn und prekäre Beschäftigung zu drängen.

Mehr dazu und die Stellungnahmen und Befragungsergebnisse gibt es hier:

https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/2565/

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