13. Februar 2012   Aktuell

Anonymous: Sicherheitslücke beim Bundestag?

Hacktivisten des Internet-Kollektivs Anonymous deckten offenbar eine Sicherheitslücke im Online-Informations-System des deutschen Bundestages auf.Es scheint sich um fehlerhaft gesetzte Zugriffsberechtigungen zu handeln - anscheinend

waren interne Dokumente nicht korrekt per .htcaccess geschützt und somit von außen auffindbar. Anonymous leakte daraufhin Dokumente über den Luftschlag in Kunduz.

Da der Leak recht komplex ist, lassen sich derzeit noch keine gesicherten Aussagen über die Echtheit des Leaks und die Bedeutung der veröffentlichten Dokumente treffen. Es hat aber den Anschein, als wäre Anonymous tatsächlich gelungen, die IT-Abteilung des Bundestages bloßzustellen und relevante Dokumente zu erbeuten.

"Wenn der deutsche Bundestag schon so mit eigenen Daten und Dokumenten umgeht, was passiert mit den Daten der Bürger?," fragt Anonymous schadenfroh auf Pastebin, wo der Leak am Abend des gestrigen Dienstag bekannt gegeben wurde. Ironisch gibt man den Tipp, sensible Dokumente per ".htaccess" zu schützen (also für Unbefugte zu sperren) oder gar nicht erst online zu stellen.

Die Sicherheitslücke nutzten die Hacktivisten, um Dokumente über den Luftschlag von Kunduz zu veröffentlichen - ein Zeichen, dass die Verantwortlichen nicht nur "for the lulz" hacken, sondern durchaus politisches Bewusstsein haben.

Der am 04. September 2009 durchgeführte Luftangriff bei Kunduz ist einer der umstrittensten Vorfälle unter Beteiiligung deutscher Truppen im Laufe des Afghanistan-Krieges. Auf Anforderung deutscher Truppen hin bombardierten US-amerikanische Kampfflugzeuge zwei von den Taliban entführte Tanklastwagen. Dabei wurden zahlreiche Zivilisten getötet, die offenbar versuchten, etwas von dem in den Wagen befindlichen Treibstoff abzuzapfen. Die NATO geht von bis zu 142 Getöteten oder Verletzten, darunter auch Kindern und Jugendlichen, aus. Später stellte sich heraus, dass bei der Anforderung des Luftangriffs falsche Angaben gemacht wurden. Der Vorfall sorgte für heftige öffentliche Kritik an den Verantwortlichen, aber auch am gesamten Afghanistan-Einsatz. Auch die Informationspolitik der Bundesregierung wurde kritisiert. So wurde lange versucht, die Zahl der zivilen Opfer zu verschweigen oder herunterzuspielen.

Die von Anonymous geleakten Dokumente sind von unterschiedlicher Bedeutung. So ist die veröffentlichte Antwort auf eine kleine Anfrage zur Afghanistan-Informationspolitik zwar interessant, aber keineswegs geheim, sondern vielmehr ganz offiziell über die Website des Bundestages verfügbar. Einige andere Dokumente, bei denen es sich vor allem um interne Kommunikation zu dem Vorfall handelt, unterlagen zwar laut Kennzeichnung zunächst der Geheimhaltung, sind mittlerweile aber als "offen" gestempelt. Einer breiten Öffentlichkeit dürften sie allerdings bislang noch nicht bekannt gewesen sein. Potentiell brisanter - und auf jeden Fall für Interessierte sehr informativ zu lesen - ist ein Kommunikationsprotokoll des fraglichen Abends, in dem die Gespräche der beteiligten Piloten dokumentiert sind. Bei diesem sind allerdings zahlreiche Stellen geschwärzt. Auch eine als "VERSCHLUSSSACHE - GEHEIM - Nur Deutschen zur Kenntnis" eingestufte Liste mit Namen ziviler Todesopfer wurde veröffentlicht. Diese kommt auf die vergleichsweise hohe Zahl von 102 Todesopfern. Bei "GEHEIM" handelt es sich um die zweithöchste von vier in Deutschland üblichen Geheimhaltungsstufen. Sie bedeutet typischerweise, dass "die Kenntnisnahme durch Unbefugte […] die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen" kann.

Gulli:News schrieb die Pressestelle des deutschen Bundestages an und erbat eine Stellungnahme zu den Behauptungen von Anonymous. Über diese werden wir nach Erhalt berichten.

Quelle: Gulli: News,  Annika Kremer, 08.02.2012

 

 

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