16. Juli 2020   Aktuell

Shalom, Salam ...

Beitrag: Roswitha Engelke

Quelle: Rosa-Luxeburg-Stiftung Israel, Tel Aviv

Shalom, Salam, hoch geschätzte Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde,


die Corona-Pandemie hält Israel weiter in Atem: Drei Monate nach ersten Lockerungen verhängte die rechtsnationalistische Regierung Premierminister Benjamin Netanjahus im Juli neue Einschränkungen, nachdem Tausende Neuinfektionen gemeldet worden waren.

Unsere Kollegin Tali Konas beschreibt, wie es dem politischen Überlebenskünstler abermals gelang, eine Krise zum eigenen Machterhalt zu instrumentalisieren. Den Preis dafür zahlen die sozial Schwachen – und die demokratischen Institutionen des Landes.

Wie das Streben nach Straffreiheit und schrankenloser Herrschaft Netanjahus Regierungsstil bestimmen, hat unser scheidender Büroleiter Tsafrir Cohen für Sie analysiert. So sieht der Koalitionsvertrag zwischen Netanjahus Likud-Partei und dem Blau-Weiß-Bündnis von Verteidigungsminister Benny Gantz vor, schon in diesem Sommer ein Gesetz zur «Anwendung israelischer Souveränität» auf Teile der Westbank einzureichen.

Die Einverleibung von Siedlungen und des Jordantals könnte dem Ministerpräsidenten angesichts des gegen ihn laufenden Korruptionsverfahrens zudem nutzen, sich einen Platz als «Retter von Großisrael» in den Geschichtsbüchern zu sichern, so Cohen, der nach mehr als fünf Jahren in Israel ab September das Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in London leiten wird.

Sein Nachfolger in Tel Aviv, Markus Bickel, fürchtet, dass durch eine Annexion die Pläne für eine Zweistaatenlösung schweren Schaden nehmen würden.

Angesichts des mangelnden politischen Willens der internationalen Gemeinschaft, ihr Gewicht für eine Verhandlungslösung in die Waage zu werfen, verweist er in einem Beitrag für die Wochenzeitung Der Freitag auf Alternativen zu dem zumindest offiziell weiter angestrebten Ziel, neben dem israelischen auch einen palästinensischen Staat zu schaffen: Konföderationsmodelle wie jenes der Initiative „Zwei Staaten – eine Heimat»  etwa gehen von zwei souveränen, unabhängigen Staaten in einem Land aus – allerdings mit offenen Grenzen für die jeweils andere Bevölkerung.

Die Realität nach 53 Jahren Besatzung sieht für die palästinensische Bevölkerung leider anders aus.

Dass die schärfste Waffe dabei unsichtbar bleibt, erklärt die Soziologin und Menschenrechtsanwältin Yael Berda in ihrem Beitrag über das «Passierschein-Regime», jenem riesigen Bürokratieapparat, der durch Arbeits- und Reisegenehmigungen das Alltagsleben unter der Besatzung reguliert und einschränkt.  

Doch nicht nur die palästinensischen Bewohner*innen in den besetzten Gebieten leiden unter der Politik israelischer Regierungen.

So geht der Erziehungswissenschaftler Gil Gertel der Frage nach, wie Jahrzehnte permanenten Kriegszustands die Ungleichheit im Schulsystem des Landes verstärkt haben – eine Situation, die durch die Corona-Krise weiter verschärft wird.

Denn noch weiß niemand, wie wann und wo die Kinder nach den Sommerferien lernen werden. Dabei müssten Universalität, kritisches Denken und Gerechtigkeit gerade dann zur Geltung kommen, wenn Misstrauen und Ignoranz herrschen, so Gertel.

Themen

Kampf gegen Corona, Netanjahu rettet sich selbst, nicht die Demokratie

Israel: Vom Pöstchengeschacher und Annexionsgelüsten

Zwei Staaten, eine Heimat

Das "Passierschein-Regime" Bürokratie als Waffe

Überlegungen zu Israels Bildungssystem


Wie immer wünschen wir viel Freude am Lesen.

Kritisches Feedback ist uns sehr willkommen, sollen unsere Infirmationen doch dazu dienen, eine Diskussion über Israel anzuregen, die – im Wissen um die historische Verantwortung Deutschlands – die gesellschaftspolitischen Realitäten vor Ort ins Zentrum stellt. Gerne veröffentlichen wir ausgewählte Interventionen und bitten gegebenenfalls die Autor*innen um eine Entgegnung.

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