17. Oktober 2020   Aktuell

Fabio de Masi: Ohne stärkere Besteuerung von Superreichen droht der Kürzungshammer

Rede von Fabio De Masi, 08. Oktober 2020>

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hier ist ja wieder eine Bombenstimmung bei einer Steuerdebatte. Viele Rednerinnen und Redner haben gesagt, worüber wir nicht sprechen. Deswegen mache ich das auch mal.

Worüber wir nicht sprechen, ist die Entlastung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen in diesem Land,die den Laden am Laufen gehalten haben, und im Gegenzug die stärkere Belastung der Milliardäre und Multimillionäre in diesem Land, die – das zeigen die aktuellen Zahlen der Schweizer Großbank UBS – seit 2019 noch 20 Prozent Gehaltserhöhung hatten. Es wäre aber bitter nötig, dass wir darüber sprechen; denn die Regierung will ja nach der Wahl zur Schuldenbremse zurückkehren, und das wird dann ein Kürzungshammer, wenn man die ganzen Kredite in so kurzer Zeit zurückzahlen will.

 

Worüber wir auch nicht sprechen, ist die Verjährung von kriminellen Cum/Ex-Aktiengeschäften. Wenn die jetzt in die steuerliche Verjährung laufen, kann man weiter strafrechtlich die Tatbeute abschöpfen. Das finden wir sinnvoll. Das gilt allerdings nicht für Fälle vor dem 1. Juli 2020. Deswegen drohen uns hier Milliarden Euro durch die Lappen zu gehen, und darum muss dringend gehandelt werden. Das Finanzministerium hat angekündigt, dies im Dezember tun zu wollen. Wir finden aber, hier wäre etwas mehr Tempo angezeigt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt aber durchaus einige sinnvolle Maßnahmen im Jahressteuergesetz. So sollen zum Beispiel Leistungen des Arbeitgebers wie Jobtickets nur von Steuern und Sozialabgaben befreit werden, wenn sie zusätzlich auf den Lohn obendrauf kommen und die Arbeitgeber nicht, ich sage mal, Lohn in Jobticket umwandeln. Das haben wir seit letztem Jahr gefordert, und es ist sinnvoll, dass das Finanzministerium das jetzt klarstellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Weniger gut finden wir das Thema Investitionsabzugsbeträge – was für ein Wort; da sieht man die ganze Blüte der deutschen Sprache. Ich versuche, das einmal zu erklären: Es geht darum, dass man Abschreibungen steuerlich geltend machen kann, schon bevor man eine Investition getätigt hat. Die Idee dahinter ist, dass Unternehmen die Mittel ansparen können, um die Investitionen dann zu machen, und später der Staat dadurch auch höhere Steuereinnahmen generiert. Das ist durchaus eine sinnvolle Idee.

Bisher war es aber so, dass die Investitionen dann in dem Jahr und auch im Folgejahr zu 90 Prozent in dem Unternehmen verbleiben müssen. Jetzt soll die Vermietung dieser Investitionsgüter erleichtert werden. Das führt dann aber zu einem Problem, nämlich der Steuergestaltung. Ich kann zum Beispiel eine Maschine aus dem Vermögen eines Gesellschafters, eines Unternehmens kaufen und dann an die Gesellschaft zurückvermieten und das trotzdem steuerlich geltend machen. Steuertricks haben wir in diesem Land schon genug. Deswegen sehen wir das kritisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss: Sinnvoll finden wir, dass es eine Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld geben soll. Was uns allerdings fehlt, ist, dass der Progressionsvorbehalt nicht auf das Kurzarbeitergeld angewendet wird.

(Beifall des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

Denn Kurzarbeitergeld soll steuerfrei sein. Es wird aber zum zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Dadurch rutscht man in einen höheren Steuertarif. Diejenigen, die jetzt in der Krise um ihre Zukunft zittern, die Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen müssen, die rutschen dann womöglich in einen höheren Steuertarif und müssen dann kräftig nachzahlen. Hier wäre eine Aussetzung sinnvoll gewesen.

Wir freuen uns auf die weiteren Beratungen.

(Beifall bei der LINKEN)

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