21. September 2021   Aktuell

Endzeitszenarien und staatliche Panikmache - wo die Angst regiert muß man auf Rationalität verzichten

Quelle: Die NachDenkSeiten

Schlagen Sie Ihre Kinder?

Würden Sie stumm dabeistehen, wenn sie sehen, wie Kinder Gewalt erfahren? Würden Sie es als Eltern heute noch zulassen, dass Lehrerinnen und Lehrer Ihre Kinder mit Rohrstock und Ohrfeige misshandeln? Oder würden Sie Einspruch erheben, aufstehen, die Justiz einschalten? In einem persönlichen Kommentar geht Chris Hodges mit einer gefährlichen gesellschaftlichen Fehlentwicklung ins Gericht. Von Redaktion.

Schlagen Sie Ihre Kinder? Nein? Warum nicht? Gehören Sie etwa zu den modernen, aufgeklärten und gesetzestreuen Eltern, die dem oft gehörten Satz „ein Klaps auf den Hintern hat noch niemandem geschadet!“ widersprechen? Denn seit 20 Jahren ist die gewaltfreie Erziehung zu Recht und überfällig im BGB verankert. Die körperliche und geistige Unversehrtheit gilt für alle Menschen in Deutschland, also auch für Kinder. Dazu braucht es keine eigenen Kinderrechte.

Wenn Sie jemanden sehen würden, der sein Kind schlägt, würden Sie eingreifen? Würden Sie die Polizei rufen? Das Jugendamt einschalten? Ich hoffe es. In Schweden ist dies bereits seit vielen Jahren gesellschaftlicher Konsens, dass jemand, der einem Kind auch nur eine Ohrfeige zufügt, sofort für drei Tage in Haft kommt [1]. In Deutschland hält noch jeder Sechste nach einer Studie von UNICEF und dem Deutschen Kinderschutzbund, die im November 2020 veröffentlich wurde, eine Ohrfeige für vertretbar [2].

 

Kinder, das muss man leider so sagen, lassen es mit sich machen. Sie lassen es zu, dass sie von ihren Eltern misshandelt werden. Sie stecken zurück, sie verbiegen sich, sie versuchen zu lernen, damit umzugehen. Coping-Strategie nennt man das und das kann eine Zeit lang gut gehen, je nachdem, welche inneren Ressourcen das Kind hat. Irgendwann kommt es zu körperlichen Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten, die ohne Intervention meist zu einer Abwärtsspirale führen.

Aber warum geben sich Kinder damit ab? Weil sie abhängig sind von der Versorgung durch ihre Eltern, von ihrer bedingungslosen Liebe. Kindliche Bindung nennt sich das. Möglichst ungestört soll sie sein und das Kind sollte, damit es sich zu einem starken, sicheren, gesunden Erwachsenen entwickelt, sich immer auf seine Autoritätspersonen verlassen können, denen es geistig und körperlich unterlegen ist. Immer, wenn es ein Gefälle der Macht und Reife gibt, ist man dem Wohlwollen ausgeliefert.

 

Würden Sie stumm dabeistehen, wenn sie sehen, wie Kinder Gewalt erfahren? Würden Sie es als Eltern heute noch zulassen, dass Lehrerinnen und Lehrer Ihre Kinder mit Rohrstock und Ohrfeige misshandeln? Oder würden Sie Einspruch erheben, aufstehen, die Justiz einschalten?

 

In einem Artikel über die Geschichte des körperlichen Züchtigung im Deutschlandfunk [3] schrieb von Willi Achten über seine Schulzeit der 1960er-Jahre:

 

„Es gab prügelnde Lehrer, die einfach in die Klasse reinkamen, wenn wir da zu laut waren, und dann um sich schlugen! Das war jetzt nicht die Regel. Aber es gab immer wieder solche Attacken. Derjenige, der geprügelt wurde, hielt sich für den Täter. Er fand diese Prügelstrafe gerecht; mir ist es einmal passiert, ich fühlte mich schuldig.“

 

Wie pervers ist es, wenn man sich als Kind als Täter fühlt statt als misshandeltes Opfer? Wer würde heutzutage unseren Kindern so etwas Perfides eintrichtern wollen?

 

Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen sage, dass seit über einem Jahr unseren Kindern eine solche Art von Gewalt angetan wird, aber so gut wie niemand etwas dagegen tut? Jeden Tag eine Ohrfeige und zwar nicht, weil sie sich etwa „falsch“ verhalten hätten, sondern einfach so. Weil sie da sind. Was würde das mit Ihnen machen? Wie würden Sie damit umgehen? Was könnten Sie als Kind tun?

 

Mein Sohn geht seit einer Woche in eine Grundschule in München. Er hat sich gefreut in die Schule zu kommen und ist glücklich darüber, weil er unter anderem neben seinem besten Freund seit der Kita sitzt. Er vertraut der Schule und seinem Lehrer. Die Schule jedoch tut das nicht. Denn er trägt, wie fast alle Kinder in Bayern auf Anweisung der Landesregierung, eine Nasen-Mund-Bedeckung. Auch am Platz. Während in der Gastronomie und am Arbeitsplatz keine Maskenpflicht gilt, wird dies bei unseren Schützlingen erzwungen.

 

Und auf dem Schulhof. Zwar gilt nach der aktuellen Verordnung grundsätzlich keine Maskenpflicht mehr im Freien, die Rektorin nimmt sich jedoch heraus, ohne Rechtsgrundlage die Grundrechte der Kinder übergriffig einzuschränken. Das Kultusministerium empfindet das nach eigener Aussage als „ungewöhnlich“ und empfiehlt das Gespräch mit der Schulleiterin. Auf die Frage, wieso sie das tut: Es gäbe da interne Richtlinien vom Kultusministerium. Ob sie die mir zukommen lassen könnte, wenn sie denn eine rechtliche Wirkung hätten? Nein, das ginge natürlich nicht. Geheimverordnungen also. Aber, so wörtlich, „die Erfahrung hätte gezeigt, dass die Maskenpflicht für die Kinder absolut KEIN Problem darstellt“. Ein Klaps auf den Po hat ja wohl noch niemandem geschadet!

 

Natürlich darf sich die Schulleiterin herausnehmen, die seit Beginn bundesweit 155.598 Sars-Cov-2 positiv-gewerteten Fälle (RKI, Stand: KW36/2021) der 5- bis 9-Jährigen Kinder der 2,8 Millionen Grundschüler in Deutschland in allwissender Weise zu beurteilen. Die Auswirkungen der Maßnahmen auf das lange, bevorstehende Leben, auf das plastische Gehirn der Kinder in der Entwicklung, auf ihre soziale Prägung in den entscheidenden Schuljahren gänzlich auszublenden, halte ich für unredlich. Es ist eine unwiederbringliche, weichenstellende Zeit in der kindlichen Entwicklung, in der Kindheit.

 

Es habe an ihrer Schule auch schon schwere Erkrankungen gegeben. Das mag ich gar nicht bestreiten. Laut DIVI Intensivregister lag die Belegung im Krankenhaus bundesweit im täglichen Durchschnitt bei 7,5 Personen unter 18 Jahren mit einem positiven Sars-Cov-2-Test im Zeitraum von Anfang Mai bis Mitte September [4]. Eine feinere Aufschlüsselung ist nicht möglich – es ist jedoch aufgrund der allgemeinen Altersverteilung der Covid-19-Fälle davon auszugehen, dass dies fast keine Grundschüler waren und diese alle die Krankheit überwunden und jetzt eine tatsächliche Immunität für ihr Leben haben. Die Belege und Zahlen sind ja auch objektiv eindeutig, sofern man bereit ist, sie sich anzusehen.

 

Und sicherlich, die von der DAK erhobenen Zahlen von einer Steigerung der Behandlung von Adipositas um 60%, sowie Untergewicht (+35%), und Essstörungen (+10%) allein für das Jahr 2020 sind bestimmt nur erfunden [5]. Bestimmt hat sich das 2021 wieder alles normalisiert, weil alles offen war und keiner mehr gegen die Kinder gehetzt hat.

 

Und sicherlich ist die Schulleiterin eine kompetente Expertin, wenn es darum geht, die psychologischen Prozesse aller Kinder einzusehen, hoch oben aus ihrem Büro im vierten Stock. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien betreiben nur unseriöse Panikmache, wenn sie behaupten, dass bundesweit ein Drittel der Kinder maßnahmenbedingt psychisch auffällig sind, dass Suizidgedanken und Suizidversuche drastisch zunehmen [6]. „Motivationslosigkeit, chronische Müdigkeit, Lustlosigkeit, Lebensüberdruss. Schlafstörungen, Essstörungen, da ist die ganze Palette mit dabei.“ Für jedes Kind ist also etwas dabei. Freie Auswahl. Long Lockdown Syndrom. So etwas kann es in unserer Grundschule nicht geben – es kann nicht sein, was nicht sein darf. Hier ruft niemand die Polizei oder zumindest Inspektor Columbo.

 

Die Alarmmeldungen der Pädiatrien sind natürlich Einbildung [7]. Sport ist Mord! Deshalb war und ist es nur gesund, die Kinder möglichst lange von den Sport- und Freizeitaktivitäten fernzuhalten. Kinder müssen eben lernen, ihre Impulse für Bewegung und sozialer Nähe zu unterdrücken. Dauerhaft. So will es die Gesellschaft. Die Kinder müssen uns Erwachsene schützen. Wir können das nicht. Alles andere wäre doch widernatürlich, oder?

 

Und sicherlich ist die Maskenpflicht notwendig und alternativlos, trotz der Gegenbeispiele anderer Länder und deutscher Bundesländer, die zumindest für Grundschulen solche Gewaltmaßnahmen nicht anordnen und wo keine Unterschiede im Infektionsgeschehen nachweisbar sind. Gleichheitsgrundsatz? Verhältnismäßigkeitsgrundsatz? Wo die Angst regiert, muss man eben auf Rationalität verzichten können. Der Oberbürgermeister von München könne hier nichts tun. Die Dame im Amt dort schwört, dass dies direkt vom Landesfürsten ausgehe. König sticht Dame und Söder schlägt Kinder, das wäre mal eine echte Schlag-Zeile.

 

Denn: Kinder sind Virenschleudern, das weiß doch jeder! Wobei es schon schwierig geworden ist, den gegenteiligen Belegen durch geschicktes Kopfwegdrehen auszuweichen. So ein grobmaschiger Stofffetzen, der von den meisten Kindern nicht einmal korrekt getragen wird, hält die Viren auf. Bombe. Absolut sicher. Da können noch so viele Studien die Wirkungslosigkeit gegen Keime oder die Schädlichkeit für den Träger belegen. Es könnte sonst jedes Kind ein ganzes Klassenzimmer geradezu ausradieren. Die Kinder sind die Täter, sie haben ja auch nichts zu ihrer Verteidigung zu sagen. Sehr praktisch sind die (a)sozialen Medien für die Vereinigung von Experten, Richtern und Henkern in einer Person. Damit sind sie automatisch schuldig und müssen Kopfschmerzen, Übelkeit und sonstige dauerstress- (Cortisol!) oder sauerstoffmangelinduzierten Schäden und Gehirnentwicklungsstörungen einfach mal aushalten. Werdet mal erwachsen, Kids. Schule heißt nicht zum Spaß „Ernst des Lebens“. Warum nochmal seid ihr nicht wahlberechtigt?

 

Die äußerst freundliche und geduldige Dame im Kultusministerium, die Strichlisten über die Fragen und Beschwerden führt, könne mir auch nicht erklären, warum die Maske weiterhin getragen werden müsse, wo doch die Kinder sich drei Mal pro Woche testen lassen müssen. Drei Mal nachweisen, dass sie gesund sind, was sie ohnehin selbst am besten wissen.

 

Knapp eine halbe Milliarde Euro hat Markus Söder von unseren Steuergeldern bereits für Testkits für das aktuelle Schuljahr allein für die bayerischen Schulen ausgegeben [8]. Von 288.000 Tests, die am 21. April durchgeführt wurden, waren 163 positiv. Das ist nicht gleichbedeutend mit infiziert, krank oder infektiös. Herr Piazolo wertete die Positivquote von 0,057% als vollen Erfolg ohne dabei rot zu werden – das ist durchaus eine bemerkenswerte Leistung [9]. Das sind nicht einmal Spatzen, auf die diese Kanonen gerichtet werden. In Tschechien wurden zum Schuljahresanfang 1,4 Millionen Kinder getestet, lediglich 111 waren positiv (0,008%) [10]. Und das, obwohl die Reiserückkehrer doch Schuld an allem sein sollen. So wie letztes Jahr, als sie es damals schon nicht waren. Ich wollte jetzt keinen unsäglichen Fußballfeldvergleich heranziehen, aber bei 6.000 Kindern liegt die Wahrscheinlichkeit immer noch unter 50%, dass eine positives Kind dabei ist. Wieviel Seife hätte man mit dem Geld kaufen, wieviele Toiletten sanieren, wieviele neue Lehrer einstellen können?

 

Nein, lasst uns lieber die Schleimhäute unserer Kinder regelmäßig verletzen, damit die vorderste Front der Immunabwehr geschädigt ist, lasst uns Teststäbchen mit Restspuren krebserregenden Ethylenoxid verwenden [11] und darauf vertrauen, dass die Qualitätskontrolle der Hersteller in China gut genug funktioniert. Denn wir haben ja auch schon von 1920 bis 1960 regelmäßig unsere Kinderfüße im Schuhgeschäft geröntgt, war ja völlig ungefährlich [12]. Wer in der Schule aufgepasst hat, weiß, dass es für so etwas keinen Schwellenwert gibt – jede Exposition ist zu vermeiden („Die Ableitung eines gesundheitsbasierten Referenzwertes ohne Risiko ist für Ethylenoxid als gentoxisches Kanzerogen ohne Schwellenwert nicht möglich und jegliche Rückstände des Stoffes in Lebensmitteln gelten daher als unerwünscht.“ [13]). DDT war absolut sicher, Contergan (Thalidomid), Bleirohre, Asbest, Glyphosat, Babypuder (von den Machern von Janssen), Pandemrix, ach, ich könnte ewig weitermachen… Schönen Gruß an die Eltern, die bei ihren Babys noch darauf geachtet haben, dass die Trinkflasche BPA-frei war. Egal jetzt: Testen, testen, testen!

 

Im Laufe der Pandemie hat sich die Floskel „Keine Sinnfragen stellen“ bei uns als Running-Gag etabliert. Das ist traurig, denn es zeigt, dass man mit ständiger Wiederholung von nachweisbarem Unsinn weiterkommt als damit, seinen kritischen Verstand einzusetzen, wie es sich Immanuel Kant gewünscht hätte. Stattdessen wird den Kindern stumpfsinniger Quatsch eingeimpft und unbedingter Gehorsam beigebracht und jegliches, so wichtiges Aufmerken auf innere kognitive Dissonanz oder das eigene Körpergefühl im Keim erstickt. Die Geschichte ist ein Kreis und wir sind wieder vor der Zeit der Aufklärung angekommen. Ich habe, Dank meines Ethik-/Deutsch-/Geschichtslehrers, das Sprichwort „Sapere aude“ verinnerlicht. Was bedeutet er für Sie?

 

Die Schule beschreibt übrigens den Straßen- und Schulnamensgeber wie folgt: „Georg Sebastian Plinganser war ein Freiheitskämpfer und ein Anführer bei der Sendlinger Bauernschlacht. […] Weil sie verraten wurden, verloren die Bauern die Schlacht.“ [14] Verraten also. Hunderte von der tyrannischen Obrigkeit niedergemetzelt, obwohl sie unbewaffnet waren und um Gnade gebeten hatten [15]. Wie würde Herr Plinganser wohl über die heutigen Machenschaften urteilen, was würden beispielsweise Johann Heinrich Pestalozzi, Erich Fromm oder der letztes Jahr verstorbene Remo Largo über diesen unwürdigen Umgang mit unseren Schutzbefohlenen, die unsere Zukunft sind und die wir bedingungslos lieben sollten, wohl sagen. Vielleicht ist es einfacher, eine Regenbogenfahne zu schwenken als sich für die Schwächsten unserer Gesellschaft einzusetzen, für ihre Rechte und ihre Freiheiten.

 

Was bin ich froh, dass wir die Gewaltfreiheit im Bürgergesetzbuch verankert haben. Auf die wohlbehütetsten Kinder und die verantwortungsvollsten Eltern, Lehrer und äh, Tyrannen aller Zeiten! Denn sie lieben doch alle Menschen [16].


[«1] „Ohrfeige: Italienischer Politiker in Schweden verhaftet“, Die Presse, 30.08.11, abgerufen am 18.09.21, diepresse.com/689539/ohrfeige-italienischer-politiker-in-schweden-verhaftet

[«2] „Studie: Jeder Sechste hält Ohrfeigen in der Erziehung für angebracht“, Der Kinderschutzbund, Bundesverband, 19.11.20, abgerufen am 18.09.21, dksb.de/de/artikel/detail/studie-jeder-sechste-haelt-ohrfeigen-in-der-erziehung-fuer-angebracht/

[«3] „Erziehung mit dem Rohrstock – Eine Geschichte der körperlichen Züchtigung“, Ulrich Land, 03.03.21, abgerufen am 18.09.21, deutschlandfunkkultur.de/eine-geschichte-der-koerperlichen-zuechtigung-erziehung-mit.976.de.html?dram:article_id=493488

[«4] „Altersstruktur-Zeitreihe“, DIVI, RKI, abgerufen am 18.09.21, intensivregister.de/#/aktuelle-lage/reports

 

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