Katalonien: Delegierte wählen Puigdemont am 5. März 2022 erneut für zwei Jahre zum Präsidenten der faktischen katalanischen «Exilregierung»
5. März 2022 —
Im Oktober 2017 erfolgte in Spanien ein «Staatsstreich von oben», in dessen Folge unter schwerer Verletzung organischen Rechts des spanischen Staates die Regierung Kataloniens für abgesetzt und das demokratisch gewählte Parlament für aufgelöst erklärt wurde. Die repressiven Maßnahmen des spanischen Staates gegen Katalonien allein der Jahre 2017 bis 2022 stellen die schwersten Menschenrechtsverletzungen in Westeuropa seit Jahrzehnten dar. Die Europäische Union sah weg und zeigte sich so den schweren Menschenrechtsverletzungen, die am katalanischen Volk und vielen Katalanen gegenüber begangen wurden, gleichgültig und desinteressiert.
Der demokratisch legimitierte, jedoch von Spanien rechtswidrig entmachtete legitime Präsident Kataloniens, Carles Puigdemont, wurde am 5. März 2022 erneut für zwei Jahre zum Präsidenten der faktischen katalanischen «Exilregierung» gewählt. Er erhielt 102 der 121 Stimmen der Delegiertenversammlung und steht weiterhin dem Rat für die katalanische Republik («Consell per la República Catalana») vor. In den kommenden Wochen wird er die Mitglieder seiner Exilregierung ernennen und unter anderem auch ein diplomatisches Netzwerk in vielen Ländern aufbauen.
Ziel des «Consell per la República» ist die praktische Umsetzung der am 27. Oktober 2017 durch das katalanische Parlament bereits rechtlich wirksam vollzogenen Unabhängigkeitserklärung Kataloniens, der Abschluß des konstituierenden Prozesses der Katalanischen Republik («República Catalana»), die Internationalisierung des Konflikts zwischen Spanien und Katalonien und auch die Verteidigung der bürgerlichen und politischen Rechte der Katalanen gegen die vielfältigen Unterdrückungsmaßnahmen des spanischen Staates.
Da es sich über mehrere Jahre erwiesen hat, daß Spanien zu keinen ernsthaften Verhandlungen bereit ist und auch der derzeitige ‘Runde Tisch’, die ‘taula del diàleg’, offenbar nur eine kosmetische Farce darstellt, ist der Rat für die katalanische Republik zum einseitigen und definitiven Bruch mit Spanien entschlossen. Die Katalanen werden nunmehr zweigleisig fahren und in Katalonien selbst den kleinen Rahmen, den der spanische Staat ihnen läßt, ausschöpfen, weitergehende Maßnahmen aber im Ausland einleiten.
Auch wenn der Rat für die Republik derzeit noch als private politische Vereinigung auftritt, ist er für viele Katalanen diejenige Institution, die den Unabhängigkeitsprozeß vorantreiben soll und wird. Daß der von Spanien zwar abgesetzte, aber doch legitime Präsident Kataloniens, der auch der die Souveränität Kataloniens anstrebenden, im katalanischen Parlament vertretenen und der katalanischen Regierung angehörenden Partei Junts per Catalunya vorsteht, in Personalunion den Consell per la República führt, ist ein geschickter Schachzug, der der Durchsetzungskraft und internationalen Wahrnehmung des Rats für die katalanische Republik zugute kommen wird.
Das Menschenrecht der Völker auf Selbstbestimmung, das durch das zwingende Recht der beiden großen Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen garantiert wird und in nationales Recht aller Unterzeichnerstaaten, darunter Spanien und Deutschland, überführt wurde, steht der katalanischen Nation uneingeschränkt zu. Die Errichtung der Katalanischen Republik erfolgt dabei in zwei Stufen: Zuerst erfolgte am 27. Oktober 2017 die Erklärung der Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien. Diese bedurfte zu ihrer Wirksamkeit nur der Proklamation durch das katalanische Parlament, keineswegs der Zustimmung Spaniens oder anderer Staaten. Nun geht es um ihre Verwirklichung und die Errichtung der Katalanischen Republik. Dabei steht dem Recht des katalanischen Volkes auf Selbstbestimmung und Sezession das Prinzip der territorialen Einheit Spaniens nicht entgegen. Das Völkerrecht hat sich im 21. Jahrhundert entscheidend weiterentwickelt. Die (mit u. a. deutscher Unterstützung) gegen den Willen Serbiens erklärte und verwirklichte Unabhängigkeit des Kosovo verstieß, wie der Internationale Gerichtshof in Absatz 80 seiner «Advisory Opinion» zur Sezession des Kosovo von Serbien feststellte, nicht gegen das Völkerrecht.
Das Menschenrecht des katalanischen Volkes auf Selbstbestimmung liegt nur bei ihm selbst. Es bedarf somit keiner Abstimmung oder Konsultation aller Bürger des spanischen Staates. Katalonien hat von seinem Recht auf Selbstbestimmung am 27. Okober 2017 bereits Gebrauch gemacht und seine Unabhängigkeit proklamiert.
Die brutale, gewälttätige Repression des spanischen Staates, der das der Unabhängigkeit vorausgehende Referendum gewaltsam, aber vergeblich zu unterdrücken versuchte, gibt den Katalanen noch zusätzlich das Recht auf eine «remedial secession».
Katalonien hat sich für die Freiheit entschieden und wird den eingeschlagenen Weg auch zu Ende gehen.