03. Juli 2022   Aktuell

Regime Change-Politik gegen Venezuela verliert ihren Hauptstützpunkt

Beziehungen zwischen Kolumbien und Venezuela vor einer Wende

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Die Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela ist für die dort lebende Bevölkerung auf beiden Seiten traditionell irrelevant Die Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela ist für die dort lebende Bevölkerung auf beiden Seiten traditionell irrelevant openstreetmap | bearbeitet

Bogota. Der neu gewählte Präsident von Kolumbien, Gustravo Petro, hat seine Absicht erklärt, die Beziehungen zum Nachbarland Venezuela wieder zu normalisieren. Seit mehr als zwei Jahren gibt es zwischen beiden Ländern keine diplomatischen Beziehungen mehr.

Petro wird die Themen Grenze und Monómeros ganz oben auf seine Agenda setzen. Die Regierung unter Präsident Iván Duque beschlagnahmte Anfang 2019 das in Kolumbien ansässige staatliche Petrochemieunternehmen Monómeros und übergab es der venezolanischen Opposition (Amerika21 berichtete).

Der neue Präsident kehrte in einem Pressegespräch die Probleme hervor, die durch die geschlossene Grenze zwischen den beiden Nachbarländern entstanden sind. "Die Grenze ist meine Hauptsorge. Denn hier existiert eine starke, sehr starke Gesetzlosigkeit. Andererseits gibt es auch echte Möglichkeiten", so Petro in einem Interview mit der kolumbianischen Website Cambio.

 

Die Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela ist an sich traditionell kaum vorhanden, die Bewohnerschaft überquert sie täglich in beiden Richtungen und ein reger Handel belebt die wirtschaftliche Situation. Mit der Schließung der Grenze Anfang 2019 stieg auf kolumbianischer Seite der mit der Drogenwirtschaft und mit Schmuggel verbundene Paramilitarismus in dem Gebiet stark an.

Am Beispiel der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta, die um die 800.000 Einwohner zählt, erläuterte der designierte Präsident die Aussichten einer Normalisierung der Beziehungen. Warum nutze das Land die Lage der Stadt nicht, "um das Gebiet zu industrialisieren? Mit anderen Worten, aufgrund unserer politischen Schwierigkeiten zwischen den Nationen nutzen wir den enormen territorialen Vorteil, der dort besteht, nicht aus", so Petro.

Ein weiteres Thema, das er in dem Interview ansprach, war das venezolanische Staatsunternehmen Monómeros. Die Regierung Duque hatte das Unternehmen im Rahmen ihrer konfrontativen Politik gegenüber der Regierung von Präsident Nicolás Maduro an den venezolanischen Oppositionellen Juan Guaidó übergeben. Venezuela prangerte dies als "schamlosen Diebstahl" an.

 

"Ein weiteres unmittelbares Problem ist Monómeros, denn Monómeros, ein vielen Kolumbianern unbekanntes Unternehmen mit Sitz in Barranquilla, das kolumbianisch-venezolanisch ist und eine venezolanische Mehrheit hat, ist das Unternehmen, das Düngemittel herstellt, und das Grundproblem der Landwirtschaft und des Hungers sind heute Düngemittel", erläuterte Petro. Die Folgen des politischen Streits hätten das Unternehmen gelähmt, "und wir importieren Düngemittel zum dreifachen Preis".

Petro wirbt für Schritte, die die Politik der USA der letzten Jahre gegenüber Venezuela völlig infrage stellen. Auch wenn Washington mit schnellen Glückwünschen zu seinem Wahlsieg reagierte, herrscht dort, wie in der lateinamerikanischen Rechten, starke Unsicherheit. Gedämpft wird der mögliche Bruch Kolumbiens mit seiner Rolle innerhalb der US-Politik gegenüber Venezuela allenfalls durch die neue Situation, die der Ukraine-Krieg geschaffen hat. Venezuela gilt nach dem Wegfall russischer Energie wieder als interessanter Lieferant von Erdöl.

Die Nachrichtenseite El Nacional schreibt von der "Unsicherheit", die "Petros Guerilla-Vergangenheit und seine ausdrückliche Bewunderung für die bolivarische Revolution" hervorrufe. Gleichzeitig beruft die konservative Zeitung sich auf "Experten", nach denen Petro, "obwohl er ein Mann der Linken ist, sich der Vernunft zuneigen und der Linie von Alberto Fernández, Andrés Manuel López Obrador und Gabriel Boric folgen wird, die mit den in Venezuela begangenen Menschenrechtsverletzungen und der Verletzung der Demokratie nicht einverstanden waren".

Das Versprechen, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern wiederherzustellen, wecke Erwartungen und sei auch eine Warnung an die venezolanische Oppositionsführung, dass sie ihre "Strategie erneuern" müsse, sonst werde sie weiter an Bedeutung verlieren, so El Nacional.

Kolumbien beherbergte nach der Anerkennung Guaidós als "Interimspräsident" durch eine von den USA angeführte internationale Koalition, der auch die Europäische Union angehörte, politische und paramilitärische Kräfte, die die Regierung von Venezuela stürzen sollten.

Wenn der designierte Präsident Petro im August seine Amtszeit antritt, wird er sich an die Regierung Maduro wenden, um die versprochenen Schritte zu unternehmen: die Wiederaufnahme diplomatischer und konsularischer Beziehungen und die Öffnung der Grenzen in einem mehr als 2.200 Kilometer langen, durchlässigen gemeinsamen Gebiet.

 

 

 

 

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