19. Juli 2023   Aktuell

Keine Verurteilung Russlands: Nicaragua, Kuba, Brasilien düpieren EU

Quelle: tkp der Blog für Science & Politik

Die Einflußnahme der EU auf latein-amerikanische Staaten schwindet. Man erinnert sich an Bevormundung und  Ausbeutung durch die europäischen Kolonialmächte. (Roswitha Engelke)


19. Juli 2023 von

Der EU-Lateinamerika Gipfel war eine peinliche Blamage für Brüssel: Lateinamerika lehnt es ab, Russland für den Krieg zu verurteilen. Am Ende gab es gar keine Erklärung. 

Am Gipfeltreffen der Europäischen Union mit den Staaten Lateinamerikas (CELAC) hat Brüssel Bekanntschaft mit der multipolaren Weltordnung gemacht. Im globalen Süden hat man neues Selbstbewusstsein gewonnen und will sich nicht mehr von den USA und der EU kommandieren lassen. Diese neue Wirklichkeit bekam Brüssel zu spüren.

Brüssel düpiert

Angeführt von Kuba, Brasilien und Nicaragua verweigerten sich mehrere Staaten, Russland für den Krieg gegen die Ukraine zu verurteilen. Die EU versuchte offenbar eine gemeinsame Erklärung zum Ukraine-Krieg durchzubringen, doch scheiterte daran, da die EU unbedingt eine Verurteilung Russland wollte. Am Ende gab es nicht einmal einen Minimalkompromiss.

Es überrascht nicht: Den „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ zu verurteilen, ist die Bedingung dafür, in den EU-Herrschaftsdiskurs eintreten zu dürfen. Wer diese fast magische Formel nicht sagt, der gilt als russischer Troll oder Kreml-Agent und ist aus dem Diskurs ausgeschlossen. Umso peinlicher ist das Scheitern der EU bezüglich der Erklärung.

 

Das soll einigen Vertretern auch sauer aufgestoßen haben, man fühlte sich offenbar im eigenen Stolz gekränkt. So wären Nicaragua (dessen Präsident Daniel Ortega ebenso wie Alexander Lukaschenko keine Covid-Politik in seinem Land wollte – anders als Russland) und Kuba von Moskau „ferngesteuert“, warfen EU-Vertreter den Ländern vor. Es hat nicht wenig ironische Würze, wenn ein solcher Vorwurf gerade aus der EU kommt, die oftmals das Erscheinungsbild eines USA-Protektorats abgibt.

Die Gäste aus Lateinamerika maßregelten die kriegstreibenden Europäer: Man versuche, die eigene Sichtweise auf den Konflikt der ganzen Welt aufzuzwingen und dabei die eigene koloniale Vergangenheit zu verdrängen. Ursula von der Leyen hatte im Vorfeld des Gipfels noch erklärt, den Staaten „auf Augenhöhe“ begegnen zu wollen es gehe um eine „strategische Partnerschaft“. Doch die geopolitischen Interessen sind unterschiedlich.

Gegen Krieg

Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel drückte in seiner Rede die Überzeugung aus, “dass wir bessere Beziehungen aufbauen können und müssen: gerechter, ausgewogener, unterstützender und kooperativer, um das Leben unserer Völker zu verbessern”.

Deutlich wurde Brasiliens Lula in seiner Eröffnungsrede. Brasilien ist auch ein Teil der aktuell expandierenden BRICS-Staaten: Der Krieg in der Ukraine sei nur ein weiterer Fall, in dem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nicht in der Lage ist, den Frieden zu sichern. “Oft halten seine eigenen Mitglieder die UN-Charta nicht ein.“ Brasilien unterstütze alle Initiativen, “die einen sofortigen Waffenstillstand, eine Einstellung der Feindseligkeiten und einen Verhandlungsfrieden fordern. Die Aufteilung der Welt in antagonistische Blöcke wäre Wahnsinn”.

Die Staaten Lateinamerikas wollten die „großen Herausforderungen gemeinsam mit Europa in Angriff nehmen“. Das seien nicht nur Armut und Ungleichheit zwischen den Nationen, sondern eben auch der „Klimawandel“. Das sagte der aktuelle Vorsitzende Ralph Gonsalves, Premierminister von St. Vincent und den Grenadinen, bei seiner Eingangsrede. Man sieht hier schon, die Grenzen der “multipolaren Welt”. An der Agenda 2030 wird nicht gerüttelt.

Die Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro, die gerade für die turnusmäßige Celac-Präsidentschaft im Jahr 2024 gewählt wurde, sagte in ihrer Rede vor dem Plenum, der Krieg in der Ukraine müsse beendet werden. “Die Europäische Union und Celac sind verpflichtet, einen Weg zum Frieden zu finden. Wir können nicht mit dem Alptraum leben, dass eines Tages die Hölle über uns alle hereinbrechen könnte. Waffen in Milliardenhöhe wandern in den Krieg, aber wir sind nicht in der Lage, die ganzheitliche Entwicklung der Menschheit mit den von den Vereinten Nationen in der Agenda 2030 vorgeschlagenen Zielen für nachhaltige Entwicklung zu gestalten.“ Sie forderte auch auf, die Blockaden und Sanktionen gegen Kuba, Nicaragua und Venezuela aufzuheben.

Die EU-Vertreter, etwa Olaf Scholz, werte den Gipfel, der am Dienstag zu Ende gegangen war als Erfolg. Leyen kündigte an, 45 Milliarden in Lateinamerika investieren zu wollen. Um Sanktionen gegen Staaten zu diskutieren, müsse aber die USA am Tisch sitzen. Das klingt eher nach „Fremdsteuerung“ als nach „Selbstbestimmung“.

Bild Palácio do Planalto from Brasilia, Brasil, 17.07.2023 – Fotos oficiais (53054675306)CC BY 2.0

 

 

 

 

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