Gegenwärtige bilaterale Beziehungen Deutschland - Russland
Quelle: Russische Botschaft
Die diplomatischen Beziehungen zwischen der UdSSR und der Bundesrepublik Deutschland wurden am 13. September 1955 aufgenommen. Am 26. Dezember 1991 wurde die Russische Föderation als Fortsetzerstaat der UdSSR von der Bundesrepublik Deutschland anerkannt.
Die rechtliche Grundlage für die bilateralen Beziehungen bilden der Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. November 1990 und die Gemeinsame Erklärung des Präsidenten der Russischen Föderation und des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland vom 21. November 1991. Maßgebend ist auch der Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. September 1990.
Für alle aus der Sowjetzeit offenen wichtigen bilateralen Fragen konnten Russland und Deutschland Lösungen finden. Erfüllt wurden u.a. die Vereinbarungen über den Abzug der russischen Truppen vom deutschen Gebiet, der am 31. August 1994 abgeschlossen wurde. Auch ein Wohnungsbauprogramm für ehemals in Deutschland stationierte russische Truppen wurde in Russland aus deutschen Mitteln finanziert und am 9. Oktober 1996 abgeschlossen. Zudem fand eine Umschulung der aus dem aktiven Dienst ausscheidenden Berufssoldaten statt. Dieses Projekt wurde am 30. März 2001 zum Abschluss gebracht. Deutschland zahlte Entschädigungsleistungen an russische Opfer der NS-Verfolgung aus. Am 16. Dezember 1992 wurde ein Regierungsabkommen über die Kriegsgräberfürsorge in Russland und in der Bundesrepublik abgeschlossen. Auch eine Reihe weiterer wichtiger Abkommen wurden unterzeichnet.
Von 1998 bis 2012 wurden deutsch-russische Regierungskonsultationen auf höchster Ebene und mit Teilnahme der Kabinettsmitglieder beider Länder durchgeführt. In verschiedenen Bereichen wurden kontinuierlich umfassende bilaterale Projekte umgesetzt. Der Zeitraum von 2012 bis 2022 stand ganz im Zeichen deutsch-russischer Themenjahre. 2012-2013 wurden sie unter dem Motto «Gemeinsam die Zukunft gestalten» realisiert.2014-2015 standen die russischen und deutschen Sprache und Literatur im Vordergrund, 2016-2017 der Jugendaustausch, 2017-2018 regionale und kommunale Partnerschaften, 2018-2020 Hochschulkooperation und Wissenschaft, 2020-2022 Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung.
Derzeit liegt die Zusammenarbeit zwischen Ressorts, den Parlamenten und Regionen beider Länder auf Initiative der deutschen Seite auf Eis. Wichtige bilaterale Formate sind ausgesetzt worden.
Der politische Dialog auf höchster Ebene wird fortgeführt. Am 15. Februar 2022 reiste Bundeskanzler Scholz nach Moskau. 2022 haben der russische Präsident und der deutsche Bundeskanzler zehnmal miteinander telefoniert. An zwei Telefongesprächen nahm auch der französische Präsident teil.
Handels- und Wirtschaftsbeziehungen
Seit Ende Februar 2022 haben die deutschen Behörden beschlossen, die bilateralen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu Russland vollständig abzubauen. Die deutsche Seite hat die zwischenstaatliche Zusammenarbeit in praktisch allen Bereichen einseitig eingestellt. De facto wurden die Grundlage der sektoralen und regionalen Kooperation zerstört sowie die messebezogene Zusammenarbeit ausgesetzt. Alle bilateralen staatlichen Handels- und Investitionsplattformen und Interaktionsformate (z.B. Deutsch-Russische Strategische Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Finanzen, der Deutsch-Russische Unternehmerrat, das Jahr der Wirtschaft und der nachhaltigen Entwicklung in den beiden Ländern usw.) wurden „eingefroren”.
Berlin steht an der Spitze des EU-Sanktionsdiktats. Auf nationaler Ebene führt es zusätzliche Beschränkungen ein und zögert gleichzeitig nicht, den Grundsatz der Unverletzlichkeit des Privateigentums grob zu verletzen, was sich in der unrechtmäßigen Verstaatlichung von Vermögenswerten mehrerer russischer Wirtschaftsbeteiligter und der Beschlagnahme von Vermögenswerten derjenigen, die auf persönlichen Sanktionslisten stehen, zeigt. Infolgedessen ist die Vertretung russischer Unternehmen in Deutschland im Jahr 2022 erheblich geschrumpft und im großen Marktsegment fast vollständig verschwunden.
Die deutschen Behörden üben ein beispielloser öffentlicher Druck auf die Wirtschaft und den Wirtschaftssektor in Deutschland aus, alle Kooperationsprogramme mit Russland abzubrechen und den russischen Markt ohne Rücksicht auf Verluste sofort zu verlassen. Obwohl in der Öffentlichkeit die politische Zweckmäßigkeit eindeutig Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen hat, haben einigen Experten zufolge bis Ende 2021 nicht mehr als 5 Prozent der 3.700 in Russland tätigen Unternehmen das Land endgültig verlassen.
Der bilaterale Warenumsatz ging im Zeitraum Januar-September 2022 um 0,2 Prozent auf 42 Mrd. € zurück. Unter dem Druck der Sanktionen sanken die deutschen Ausfuhren nach Russland um 39 Prozent auf 11,8 Mrd. Euro. Demgegenüber stiegen die deutschen Einfuhren um 29,5 Prozent auf 30,2 Mrd. €, was in erster Linie auf den gestiegenen Wert der wichtigsten Ware aus Russland nach Deutschland — Energierohstoffen — zurückzuführen ist. In quantitativer Hinsicht gehen die deutschen Einkaufsvolumen stetig zurück. Im Jahre 2022 hat Berlin auf Kohle- und Öllieferungen aus Russland sowie auf russische Ölprodukte verzichtet. Es wurde angekündigt, dass bis 2024 kein russisches Gas mehr importiert werden soll.
Auf regionaler Ebene waren nach den Angaben für Januar-Juni 2022 Bayern (mit einem Anteil von 20,2 Prozent oder 6,3 Mrd. Euro), Nordrhein-Westfalen (12,6 Prozent oder 3,92 Mrd. Euro), Baden-Württemberg (9,7 Prozent oder 3,04 Mrd. Euro) und Brandenburg (9,5 Prozent oder 2,96 Mrd. Euro) die wichtigsten Handelspartner Russlands unter den deutschen Bundesländern.
Russisch als Fremdsprache
Nach Angaben des Staatlichen Puschkin-Instituts für die russische Sprache liegt Russisch in Bezug auf die Häufigkeit der Verwendung in der internationalen und akademischen Kommunikation vor einigen der gängigeren Weltsprachen. Zum Beispiel steht die russische Sprache weltweit an zweiter Stelle bei der Anzahl der Webseiten im Internet wobei im postsowjetischen Raum die meisten Webseiten gerade auf Russisch erstellt werden. Russisch ist die Sprache der UNO und vieler internationaler Organisationen. Sie steht an fünfter Stelle, was die Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen angeht. Zusammen mit der russischen Kultur ist sie ein wichtiger Bestandteil des Selbstbewusstseins und der Identität unserer Landsleute im Ausland.
In Deutschland hat die russische Sprache nach wie vor einen hohen Stellenwert. Sie wird in öffentlichen und staatlichen Schulen und Universitäten sowie in Sprachausbildungszentren unterrichtet. Es gibt Verbände von Russischlehrerinnen und Lehrern auf Bundes- und Landesebene.
Das Russische Haus für Wissenschaft und Kultur in Berlin organisiert jedes Jahr die Woche der russischen Sprache für deutsche und europäische Lehrkräfte. Für Schülerinnen und Schüler in Deutschland werden verschiedene Formate von Olympiaden, thematischen Diktaten und russischen Sprachtests organisiert.
In den Jahren 2014/15 wurde ein intensives Programm im Rahmen des Kreuzjahres der russischen und deutschen Sprache und Literatur durchgeführt. 2019 fand das internationale Kulturfestival „Russische Saisons“ in Deutschland statt, 2020/21 das Deutschlandjahr in Russland.
Russische Sprachkurse werden im Russischen Haus angeboten.