EU- Sozialdemokraten drohen slowakischen Wahlsiegern mit Ausschluss
Quelle: tkp Der Blog für Science & Politik
3,9 Minuten Lesezeit
Die Partei der EU-Sozialdemokratie verlangt von der slowakischen SMER, die Ukraine weiter bedingungslos zu unterstützen, sonst kommt es zum Ausschluss. Wahlsieger Fico weigert sich und sieht einen Angriff auf die Souveränität des Landes.
Mit dem Wahlsieg slowakischen Sozialdemokraten (SMER-SD) hat die EU neben der ungarisches Fidesz ein zweites Problem bekommen. Vor allem wenn es Robert Fico schafft, eine Koalition nach seinen Vorstellungen zu installieren. Die EU-Sozialdemokraten (SPE) gratulieren aber der Partei nicht, die seit mehr als 20 Jahren ordentliches Mitglied in der Europa-Partei ist, stattdessen reagiert die Partei in Brüssel mit „Erpressung“.
“Undemokratisch” und “erpresserisch”
So beschreibt es Robert Fico in einer Ansprache, die (ohne Untertitel) auf seinem Telegram-Kanal zu finden ist. Tatsächlich erreichte die SMER, die drei Abgeordnete in der Fraktion der Sozialdemokraten in Brüssel sitzen hat (gemeinsam unter anderem mit der SPD und der SPÖ), ein Brief von Stefan Löfven. Der ehemalige schwedische Ministerpräsident ist seit 2022 Vorsitzender der „Sozialdemokratischen Partei Europas“. Er kündigte gegen über der SMER an, die Partei aus der Europäischen Sozialdemokratie auszuschließen, sollte die Haltung zum Krieg in der Ukraine fortgesetzt und die „Rhetorik“ nicht geändert werden.
Die Reaktion des Wahlsiegers auf die Drohung von Löfven war eindeutig: Eine solche Erpressung sei „undemokratisch“ und werde zurückgewiesen. Auch um den Preis, dass SMER aus der EU-Partei ausgeschlossen werde. Einige Auszüge aus der Rede (maschinenübersetzt):
“Die Linke verliert fast überall in Europa. Daher ist der Sieg einer echten linken Partei bei den Parlamentswahlen in einem der Mitgliedsländer der Europäischen Union natürlich zu begrüßen. Doch statt Glückwünsche erhielt Smer heute eine erpressende Nachricht. […] Entweder sagen wir, was die Vereinigten Staaten von uns verlangen, oder wir werden ausgewiesen, und wir werden uns entweder anschließen und gehorsam die Politik einer einzigen Meinung ausüben, oder wir werden zu Ausgestoßenen. […] Wenn wir sagen wollen, dass die Europäische Union eine Friedensinitiative in der Ukraine ergreifen sollte, dann ist es besser, das Töten sofort zu stoppen und zehn Jahre lang Frieden auszuhandeln, als die Russen und Ukrainer zehn Jahre lang ergebnislos im Krieg leben zu lassen. […] Also, lieber Stefan, deine Botschaft ist zum ersten Mal undemokratisch, sie respektiert nicht das Recht auf eine andere Meinung, sie ist autoritär. Zweitens gehört es nicht dazu, souveräne Politiker zu erpressen, und wir sind souveräne Politiker.”
Eine ähnliche Entwicklung hatte auch die Fidesz unter Viktor Orban genommen, die jahrelang mit dem Rauswurf aus der EVP, der EU-Volkspartei, bedroht wurde. Im Jahr 2021 ist man dann aus der aktuell stärkten Partei des EU-Parlaments selbstständig ausgetreten und sitzt fraktionslos im EU-Parlament. Nun muss auch die EU-Sozialdemokratie mit einer EU-kritischen Fraktion umgehen.
Aktuell versucht man den Ball offenbar flach zu halten. Der Wahlsieg der SMER wird von anderen europäischen Parteien, etwa der SPÖ oder der SPD, schlichtweg nicht thematisiert. Es soll offenbar nicht auffallen, dass es Sozialdemokraten gibt, die Positionen in der Kriegs- oder Corona-Frage haben, de innenpolitisch bekämpft werden. Die Drohung wird nur von Fico thematisiert nicht von der SPE.
Klare Haltung zum Krieg
Doch manche Beobachter kritisiert die Drohung der EU-Sozialdemokratie lautstark. Diese müsse als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates betrachtet werden“, denn nun laufe der Prozess zur Bildung einer Regierungskoalition. Fico fordert den Stopp der Waffenlieferung an die Ukraine, das Ende der Sanktionen gegenüber Russland und thematisiert faschistische Tendenzen im ukrainischen Militär als auch im Parlament. Zugleich betont er immer wieder, nicht „pro-russisch“ zu sein, sondern die slowakischen Interessen eines souveränen Landes zu vertreten. Auch die humanitäre Hilfe an die Ukraine will er nicht beenden.
Über faschistische Tendenzen in der Ukraine redet Fico aber deutlicher als kein anderer EU-Spitzenpolitiker:
„In den Reihen der ukrainischen Armee gibt es Faschisten. Nehmen wir das Asow-Regiment – das ist eindeutig ein faschistisches Regiment. Ich bin schockiert, dass ihnen im Ausland rote Teppiche ausgerollt werden. Diejenigen, die für 2023 ähnliche Phänomene fordern, treten das Erbe des slowakischen Nationalaufstandes mit Füßen. Wir müssen Faschismus und Nazismus in all seinen Erscheinungsformen entgegentreten.“
Nichts, was der EU-Sozialdemokratie gefällt. Politico zitierte Löfven so: „Die SPE unterstützt die Ukraine und wir erwarten von unseren Mitgliedsparteien, dass sie die Ukraine weiterhin unterstützen.“ Die SMER ist nicht für einen EU- oder NATO-Austritt aber für freundschaftliche Beziehungen mit Russland und China – ähnlich zu jenen außenpolitischen Positionen von Viktor Orban.