Schulentwicklung am Grundschulstandort Helmstedt
Aufhebung der Grundschule Ostendorf ab dem Schuljahr 2016/17
Stellungnahme des Schulelternrates, des Schulvorstandes und der Gesamtkonferenz der
Grundschule Ostendorf zu dem o.g. Vorhaben:
Vorbemerkungen
Es ist bemerkenswert, dass dem Schulvorstand und dem Schulelternrat ein Zeitrahmen von 22 Tagen zugestanden wurde um eine Stellungnahme abzugeben. Im gleichen Zusammenhang wurde 2012 eine Frist von mehr als 30 Tagen eingeräumt!
Bei den Begründungen zu den einzelnen Schulen werden sog. k.o.-Kriterien aufgeführt, wodurch sich eine Anwendung der zitierten Matrix erübrigen. Dabei empfinden wir es als nicht wertschätzend, dass für die Grundschule Ostendorf keine Gründe für den Erhalt aufgeführt werden. Es zeigt, dass im Vorfeld keine Zusammenarbeit mit der betroffenen Schule beabsichtigt war.
Begründung nach §106 NSchG
Die Mindestanzahl an SuS wird in den nächsten 5 Jahren nicht unterschritten. Die Fortschreibung auf 5 Jahre ergibt einen Rückgang der Gesamtschulkinderzahlen um ca. 12%, wobei bei Berücksichtigung der Einzugsgebiete die Zahl der Schulkinder der GS Ostendorf von 106 (2014) auf 135 (2019) (+27%!) steigt. Es besteht also keineswegs ein Zwang diese Schule zu schließen.
Matrix
Die Kosteneinsparung durch die Schließung der Grundschule Ostendorf ist nicht nachvollziehbar. Wie
bereits mündlich mitgeteilt, orientieren sich diese am Wegfall der Mietkosten für Stadtbücherei und
Archiv. Nicht berücksichtigt werden erhöhte Unterhaltskosten, Umbaukosten und zusätzliche
Schülerbeförderungskosten. Eine Einsparung von 60 T€ wie sie im Zukunftsvertrag angezeigt werden erscheint hier mehr als unglaubwürdig.
Die Personalkosteneinsparung ist ebenso wenig nachvollziehbar, da die Hausmeisterstelle nicht eingespart wird (GS St.Ludgeri!) und die Schreibkraftstelle der Schule nach der Anzahl der vorhandenen Schulkinder berechnet wird und somit mit den Kindern auf die aufnehmenden Schulen übertragen wird.
In der Vorlage 138a/12 wird ausdrücklich auf eingeschränkte Nachnutzung hingewiesen.Was hat sich seitdem geändert? Eine Nutzung als Bücherei ist nur nach größeren Umbaumaßnahmen möglich. Die Nutzung als Archiv ist ausgeschlossen.
Schulwege
Im Zusammenhang mit dem NSchG wird immer wieder hingewiesen, dass Schulkinder im Primarbereich ihren Schulweg möglichst selbstständig und zu Fuß erledigen sollen. Hier wird das
Prinzip „Kurze Beine - kurze Wege!“ ohne Not aufgegeben.
Dass die höheren Schülerbeförderungskosten lässig auf den Landkreis Helmstedt übertragen werden, entspricht nicht dem Grundsatz der Kostenminimierung und wurde auch so kritisch in der
Stellungnahme vom 25.10.2012 dargestellt. Daneben sind auch große Probleme im ÖPNV zu erwarten, da die KVG Schwierigkeiten hat die einzelnen Grundschulen in ihrem Fahrplan einzubauen.
Förderung und Teilhabe von Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache
Hier gibt es einen aktuellen Erlass vom 1.7.2014:
Sprachfördermaßnahmen, Herkunftssprachlicher Unterricht und bilinguale Unterrichtsangebote werden dort erklärt und sind ausdrücklich erwünscht.
Die Grundschule Ostendorf hat in den letzten Jahren ihr Angebot in diesem Bereich konstant wachsen lassen und bietet neben der vorschulischen Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung in Zusammenarbeit mit den KiTas St. Stephani, St. Ludgeri und St.Walpurgis Sprachförderung in unterrichtsbegleitender und zusätzlicher Form an. Der Herkunftssprachliche Unterricht wird in allen Jahrgangsstufen in türkischer Sprache angeboten und sehr gut angenommen.
Hier muss darauf hingewiesen werden, dass für diesen Unterricht eine Mindestanzahl an Schulkindern erforderlich ist.
Bei einer Aufteilung der Schülerschaft nach Wohnlage (Schuleinzugsbereiche) ist diese Mindestanzahl (12 Kinder) nicht zu erreichen, da es keine typischen türkischen Wohnquartiere im Stadtgebiet mehr gibt.
Integrationsgruppe türkischer Eltern
Weiterhin nicht übertragbar ist die Integrativgruppe türkischstämmiger Eltern. Nach mehreren Jahren ist es dem Fachlehrer gelungen diese Gruppe zu etablieren. Sie unterstützt aktiv die Schule mit regelmäßigen Zusammenkünften, Begegnungsnachmittagen, gemeinsamen Aktionen und Mithilfe bei Schulfesten und -projekten. Auch diese Arbeit würde zerschlagen, da hier eine Schwerpunktschule sich erst wieder neu finden müsste.
Islamischer Religionsunterricht in deutscher Sprache
Angesichts der Horrormeldung über Salafistenaktivitäten muss hier auf die Arbeit im
deutschsprachigen islamischen Religionsunterricht hingewiesen werden. Die Grundschule Ostendorf ist eine von ca. 40 Schulen in Niedersachsen, die diesen Unterricht erprobt haben und für alle Jahrgänge anbieten können.
Daneben wird religionsübergreifender Unterricht praktiziert und durch gegenseitige Besuche der
Gotteshäuser für die Kinder begreifbar. Toleranz und Anerkennung werden an dieser Schule gelebt.
Auch hier werden Strukturen zerschlagen, die nicht unmittelbar übertragbar sind, da die betreffenden Schulkinder islamischen Glaubens nicht in einem Quartier wohnhaft sind und somit auch hier die Mindestgröße einer Religionsgruppe nicht erreicht wird. Damit ist hier das Grundrecht auf freie Religionsausübung in Gefahr!
Klassengröße und Inklusion
Alle Grundschulen in Niedersachsen sind inklusiv. Dieses ist per Gesetz festgeschrieben und hat
immense Auswirkungen auf die pädagogische Gestaltung des schulischen Lebens. Bei der
Individualisierung des Unterrichts werden die Lehrkräfte zwar unterstützt, aber dieses ist in
Klassengrößen über 20 Kinder äußerst problembehaftet. Die Zunahme an notwendigen
Schulbegleitungen ist dafür ein Indiz.
Bei einer Grundschulschließung in Helmstedt käme es zum Auffüllen der bestehenden Klassen und
somit zur Erhöhung der Klassengrößen an allen aufnehmenden Schulen. Der Eingriff in die
pädagogische Arbeit durch den Schulträger wird inklusives Lernen an den Schulen erheblich
erschweren.
Hortanbindung und Zusammenarbeit mit der Kindertagesstätte
Der Hort der KiTa St.Stephani ist für die Schulkinder fußläufig erreichbar. Dies ist eine Eigenschaft,
die nur mit der GS St.Ludgeri geteilt wird. Zukünftige Hortkinder müssten durch Fahrdienste von der
aufnehmenden Schule geholt werden. Hier ist die Kostenübernahme nicht geregelt. Das heißt die Eltern
müssten für diese Kosten selbst aufkommen. Damit ist zu befürchten, dass dem Hort die
Existenzgrundlage entzogen wird, da mehr als 80% der Hortkinder von der Ostendorf Grundschule
kommen.
Im Projekt Brückenjahr wurde die Zusammenarbeit mit der KiTa St.Stephani intensiviert. Mittlerweile
finden in den Räumen der KiTa Sprachförderkurse und Lesestunden statt. Die KiTa-Kinder nehmen
regelmäßig am Sportunterricht der 1.Klasse der Grundschule Ostendorf teil. Nach Schließung der
Schule fehlt der KiTa eine Partnerschule.
Nachmittagsangebote
An der Grundschule Ostendorf gibt es selbstverständlich solche: Sportkooperationen mit dem HSV und TSV-Germania. Hier sind sowohl Kooperationsverträge, als auch Integrationskurse eingerichtet. Sie finden an drei Nachmittagen zu unterschiedlichen Zeiten statt.
Weitere Angebote werden in Kooperation mit der Grundschule St.Ludgeri vorgehalten.
In Zusammenarbeit mit der AWO finden an drei Nachmittagen in den Räumen der Schule kostenlose Hausaufgabenunterstützungen statt, die intensiv von Schülerinnen und Schülern genutzt werden.
Begabtenförderung
Im Rahmen dieses Konzeptes hat die Grundschule Ostendorf mehrere Angebote eingerichtet:
Für Kindergartenkinder findet einmal in der Woche ein Experimentierkurs statt. Für die 1.-3. Klasse
werden Knobelkurs, Schreibwerkstatt und Technik mit Computern angeboten. Für ausgesuchte
Schülerinnen und Schüler gibt es hier ein ausgefeiltes Aufbauprogramm.
Ehrenamtliche Arbeit an der Grundschule Ostendorf
Gesundes Frühstück wird wöchentlich durch freiwillige Eltern angeboten. Unterstützt durch den
Förderverein wird gegen ein kleines Geldbetrag den Kindern belegte Brötchen, Gemüsestücke,
Obstspieße, Joghurt und Fruchtquark angeboten.
In Zusammenarbeit mit der Freiwilligenagentur unterstützen 8 (!) Lesepaten vormittags sowie
nachmittags die Kinder beim Leselernprozess.
Eine starke Inanspruchnahme der Sprachförderung durch die Diakonie ist vonnöten, da immer häufiger Kinder ohne Deutschkenntnisse an der Schule aufgenommen werden müssen. Derzeit wird die Schule mit 6 Unterrichtsstunden unterstützt.
All dieses Engagement ist nur möglich, weil unter dem Leitsatz „Offen für alle!“ ein Schulklima
entstehen konnte, dass in dieser Form nicht übertragbar ist.
Überleitung und Auflösung der Grundschule Ostendorf
Es gibt kein schlüssiges Konzept, wie die Auflösung der Grundschule ablaufen soll. Das Auslaufen bis
auf 2 Jahrgangsstufen ist ein vorgedachter Weg, der nur dann Sinn macht, wenn alle Kinder im
Klassenverband zusammenbleiben und geschlossen an eine aufnehmende Schule gehen. Das wird nach V138a/12 ausgeschlossen.