18. Januar 2019   Aktuell

Schärfere HARTZ IV-Sanktionen für Jugendliche erfüllen aus juristischer Sicht den Diskriminierungstatbestand

Beitrag: Roswitha Engelke

Hartz-IV-Sanktionen  oder das Märchen von den Menschenrechten in Deutschland

Jüngeren Hartz-IV-Beziehern schärfere Sanktionen aufzuerlegen, als älteren, sei juristisch problematisch, sagte Arbeitsmarktexperte Hilmar Schneider im Dlf. Käme es zu einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, würde die Regierung eine Niederlage erleben.

Zwischenmenschlich gesehen ist eine Sanktionierung einfach nur schäbig und läßt erkennen:

Schreibtischtäter sterben in Deutschland nicht aus.

Per Gesetz Menschen in die Armut zu verbannen oder auf die Straße zu treiben ist nicht unbedingt eine Handlungsweise, auf die unsere Gesellschaft stolz sein kann.

Sanktionsgründe

nicht termingerecht die Arbeitslosigkeit gemeldet

vergessen, einen Melde-Termin abzusagen, was als Verstoß gegen die Melde- und Mitwirkungspflicht geahndet wird

bestimmte Unterlagen nicht rechtzeitig vorzulegen

Weigerung die Pflichten einer Eingliederungsvereinbarung zu erfüllen. Die Auskunft, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht unterzeichnet werden muss, gibt ein Arbeitsvermittler meist nicht freiwillig.

Weigerung, eine Arbeit, Ausbildung oder Maßnahme anzutreten oder fortzuführen (*)

einen schlecht bezahlten MiniJob, von dem man weder eine Familie noch sich selbst ernähren kann, ablehnen

Das Gesetz hält in § 31 SGB II einen ganzen Katalog von infrage kommenden Sanktionsgründen und -mitteln bereit.

Viele "Vergehen", die eine Sanktion nachsichziehen, wären wahrscheinlich rein rechtlich gesehen umgehend "heilbar". Wenn man denn will.

Hinzu kommt die oft recht befehlsbetonte und herausfordernde Haltung der Bediensteten eines Job-Centers. Als Beistand zum Meldetermin habe ich es oft genug erlebt, dass  ArbeitsvermitterInnen einen unhöflichen Tonfall haben. In nicht seltenen Fällen werden gerade Jugendliche schikanös behandelt, wohlwissend, dass ein junger Mensch mit dem SGB und der Jobcenterbürokratie nicht vertraut ist ...

Hartz-IV-Beziehern, die unter 25 Jahre alt sind, drohen recht früh schärfere Sanktionen. Oft genug sind es Jugendliche, die auf "0" reduziert werden und ganz schnell, ohne jegliche finanzielle Mittel buchstäblich auf der Straße landen.

Jungen Menschen das Leben zu ruinieren, ist  nicht eine Großtat, mit der sich prahlen läßt. Arbeitslose und gerade jugendliche Arbeitslose, müssen unterstützt und nicht bestraft werden. Ein mit Gewalt vorgehendes Sozialsystem funktioniert nicht. Es sei denn, man will ein Heer von Sklaven heranziehen. Was allerdings nicht zwingend zu einer guten Wirtschaftssituation im Land führen muss.

 

 (*)

Das Sozialgericht Leipzig hat ein wegweisendes Urteil zu Gunsten von Arbeitslosen erlassen.

Verhandelt wurde, ob Arbeitslose jede von der Arbeitsagentur angeordnete Maßnahme hinnehmen oder mit Sanktionen rechnen müssen. 

Im vorliegenden Fall klagte eine 61-jährige Frau aus Schkeuditz, die von der Agentur für Arbeit Oschatz betreut wird. In den Jahren 2005 bis 2014 war Monika M, die Diplom-Wirtschaftsingenieurin ist, ununterbrochen als Buchhalterin angestellt, bis sie betriebsbedingt ihren Job verlor. Anspruch auf das Arbeitslosengeld I hat die Frau noch bis zum Frühjahr 2017.

Von der Arbeitsagentur Oschatz wurde die Arbeitslose zu einer Kompakt-Maßnahme verdonnert, in der sie Einblicke in verschiedene Jobs erhalten sollte.  So sollte sie in Holztechnik, Pflegehilfe, Metall, Farbe, Lager sowie Garten- und Landschaftsbau hineinschnuppern. Wie die diplomierte Ingenierin selbst sagt, empfand sie die Maßnahmen zu einer „künftigen Vogelhäuschen-Erbauerin“ oder Pflegehilfskraft als „reine Schikane“. Daher nahm sie an den besagten Kursen nicht teil, obwohl sie von der Arbeitsagentur verpflichtet wurde. Auch wies man seitens der Behörde ihre Widersprüche gegen diese Maßnahmen zurück. Schlussendlich wurde der Fall dann vor dem Sozialgericht verhandelt.

 

 

 

 

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