Die Machtübernahme der NSDAP und die bundesweit eingeführten neuen Polizeigesetze - Übereinstimmungen sind frappant
Das Vorbild (?) der neuen Polizeigesetze die „Notverordnung zum Schutze von Volk und Staat“ sollte gleichsam zum „Grundgesetz“ des so genannten „Dritten Reiches“ werden. Sie war ein unbefristeter und uneingeschränkter Freibrief für den Ausbau der Diktatur.
Verdächtige und unerwünschte Personen konnten von nun an ohne Anklage, Beweise und einen Rechtsbeistand verhaftet werden. Keiner durfte mehr öffentlich frei seine Meinung äußern. Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit gehörten der Vergangenheit an.
Die Aufhebung der Grundrechte und die Beseitigung des Parlamentarismus
Am 4. Februar 1933 wurde die "Verordnung zum Schutz des deutschen Volkes" erlassen.
Bereits diese Verordnung ermöglichte es der Regierung unter dem Vorwand, Gefahr abzuwehren, sozialdemokratische und kommunistische Versammlungen und Zeitungen zu verbieten sowie öffentliche Kritik zu unterdrücken.
Die Brandstiftung im Reichstagsgebäude durch einen Einzeltäter am 27. Februar 1933 wussten die neuen Machthaber instinktsicher für ihre Zwecke auszunutzen.
Die NSDAP sprach von einem kommunistischen Komplott. Bereits am 28. Februar wird Deutschland mit der vom Reichspräsidenten Hindenburg erlassenen „Notverordnung zum Schutze von Volk und Staat“ in einen permanenten Ausnahmezustand versetzt. Elementare Grundrechte der Weimarer Verfassung wurden „bis auf weiteres außer Kraft gesetzt“, die Selbstständigkeit der Länder drastisch eingeschränkt. Die monarchistischen Regierungsmitglieder hatten dieser Verordnung zugestimmt.
Parallelen
Unter dem Deckmantel, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen, beschneiden die Neuen Polizeigesetze bundesweit die Freiheitsrechte der Bürger bis zur Unkenntlichkeit.
Dass das NPOG ausgerechnet am viel befeierten 70. „Geburtstag“ des Grundgesetzes amtlich verkündet wurde mag ein Zufall sein, hat aber angesichts der offensichtlichen verfassungswidrigen Anteile des Gesetzes einen bitteren Beigeschmack beüglich der deutschen Vergangenheit.
Beim Versuch, alles rechtlich Mögliche auszuschöpfen, erlaubten sich SPD und CDU "einen übermäßigen Schluck aus der Überwachungsflasche", rügt Thilo Weichert vom Netzwerk Datenschutzexpertise.
Die Regierung wolle "durch offene Formulierungen und ohne hinreichende Kontrollvorkehrungen der Polizei Eingriffsbefugnisse einräumen, von denen jeder auch noch so Rechtschaffene in Niedersachsen betroffen sein kann".
Der frühere schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Weichert und seine Kollegen wenden sich wie viele Kritiker vor allem gegen die skizzierten Kompetenzen der Ermittler für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung und heimliche Online-Durchsuchungen mithilfe von Staatstrojanern.
Diese stellen ihnen zufolge massive Eingriffe in die Grundrechte auf Datenschutz und auf Vertraulichkeit und Integrität von IT-Systemen sowie in das Fernmeldegeheimnis dar. Es fehle der Nachweis, dass solche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr angesichts der damit einhergehenden Risiken für die IT-Sicherheit gerechtfertigt seien.
Insgesamt hat das Netzwerk eine "Vielzahl von rechtlichen Defiziten" in dem Entwurf ausgemacht. Die Schwelle der "dringenden Gefahr" als Voraussetzung etwa für die präventive Telekommunikationsüberwachung sei ähnlich unbestimmt wie die der "drohenden Gefahr" im neuen bayerischen Polizeirecht.
Sie lade dazu ein, die damit verknüpfen Instrumente "extensiv" zu nutzen.
Auch Vorgaben zur Audio- und Videoüberwachung bei öffentlichen Veranstaltungen, zur verdeckten Personenbeschattung im öffentlichen Raum, zum Einsatz elektronischer Fußfesseln oder die Herausgabepflicht von Bild- und Tonträger "von potenziell Jedermann" seien teils "uferlos".
Der Chaos Computer Club (CCC) bezeichnet das ganze Vorhaben als "mehr als fragwürdig".
Beim Staatstrojaner folge Niedersachsen dem "fatalen Trend, immer mehr staatliches Hacken zuzulassen".
Der Einsatz von Spionagesoftware sei dabei ohne nennenswerte Schranken vorgesehen, was "verfassungsrechtliche Grenzen bis zur Unkenntlichkeit" aufweiche.
Der vom Bundesverfassungsgericht abgesteckte Kernbereich der privaten Lebensgestaltung werde nur soweit geschützt, "wie der Wunsch nach staatlichem Hacking es eben zulässt". Die Klausel müsse daher gestrichen werden. Besonders anstößig an der geplanten verdeckten akustischen und optischen Bespitzelung im öffentlichen Raum sei, dass Betroffene im Nachgang nicht darüber informiert werden müssten.
"Unverhältnismäßig hohe, massive Einschränkungen der Grundrechte" beklagt der Verein für freien Wissenszugang SUMA-EV. Der kommende Niedersachsentrojaner sei gleichzusetzen mit bösartiger krimineller Schadsoftware und hebele den Schutz von IT-Systemen aus, was zahlreiche Nutzer in Mitleidenschaft ziehe. Es würden in der Regel Sicherheitslücken ausgenutzt, die eigentlich den jeweiligen Herstellern gemeldet und daraufhin geschlossen werden müssten. Der Staat untergrabe so die Möglichkeiten der Bürger, ihre Privatsphäre und digitale Unversehrtheit durch Firewalls, regelmäßige Systemaktualisierungen oder Verschlüsselungssoftware zu schützen.
Kein gutes Haar an der Initiative lässt die Oposition. DIE LINKE, wertete das Gesetz als "Tiefschlag für die Bürgerrechte", da es an mehreren Punkten nachweislich verfassungswidrig sei.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist begeistert, dass die Landesregierung das Gesetz "relativ zügig" verabschiedet hat.
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Niedersachsentrojaner zur Verwanzung von Smartphones eingeführt