08. März 2021
Aktuell
Jeder Tag ist Frauenkampftag ...
Im Jahr 1910 forderte Clara Zetkin auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz die Einführung eines Internationalen Frauentages.
111 Jahre später geht es immer noch um gleiche Chancen und grundlegende Rechte für alle – unabhängig vom Geschlecht. Im Mittelpunkt des Internationalen Frauen-tags steht vor allem die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, die selbst bei gleicher Anstellung noch immer 6 Prozent beträgt. Insgesamt beträgt das ge-schlechtsspezifische Lohngefälle, der sogenannte Gender Pay Gap, etwa 20 Pro-zent. Gleichzeitig Ursache und Folge ist auch die sehr ungleiche Verteilung von Sorgearbeit.
Auch Pflege ist neben Kindererziehung und –betreuung Sorgearbeit. 3,3 Millio-nen Menschen mit Pflegebedarf leben zu Hause. Rund fünf Millionen Angehörige pflegen und betreuen durchschnittlich 55 Stunden pro Woche. Mehr als 70 Pro-zent der pflegenden Angehörigen sind Lebenspartnerinnen, Töchter, Freundin-nen und Nachbarinnen.
Die zwischen Frauen und Männern bestehende Lohnlücke setzt Frauen beim Ein-tritt eines Pflegefalls in der Familie unter Druck. Weil gute und bedarfsgerechte Pflege noch immer eine Frage des Geldbeutels ist und überall professionelle wohnortnahe Entlastungsangebote fehlen, müssen die Familien selbst finan-zierbare Lösungen finden. Für Frauen bedeutet das oft Berufsaufgabe oder Ar-beitszeitreduzierung, da ihr Einkommensverlust für das Haushaltseinkommen weniger dramatisch scheint. Die Folgen sind es allerdings:
Die Pflege eines geliebten Menschen kostet viel Energie und führt oft zu eigenen Erkrankungen und sozialer Isolation. Viele pflegende Angehörige rutschen we-gen der Pflege in Hartz IV. Ein eigenes Leben neben der Pflege ist für viele mehr Wunsch als Realität. Die Corona-Pandemie hat diese Effekte noch verstärkt und die Ausbeutung von Familien und Frauen in neue Höhen getrieben.
Das ist kein Zufall. Denn ein Kernprinzip der Pflegeversicherung lautet, dass zu-allererst die Familien Pflege leisten sollen. Tatsächlich leisten Familien 90 Pro-zent der Pflegearbeit. Professionelle Dienste nur 10 Prozent. Das muss sich schnell ändern.
Ob und in welchem Umfang pflegerische Sorgearbeit von Angehörigen über-nommen wird, muss eine im höchsten Maße freie Entscheidung sein. Doch dafür muss das Pflegesystem vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Mit einer Solida-rischen Pflegevollversicherung kann es mehr und bessere Angebote für Men-schen mit Pflegebedarf geben. Aber auch mehr Unterstützungsangebote und Wahlmöglichkeiten für Angehörige.
Werden die Pflegekosten nicht nur teilweise, sondern komplett von der Pflegeversicherung übernommen, sinkt auch beim Eintritt eines Pflegefalls der finanzielle Druck auf die Familien.
Fatal ist, dass sich die Bundesregierung seit Jahren nicht um die Großbaustelle der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf kümmert. Statt einer echten Lohnersatz-leistung wie für junge Eltern, gibt es für pflegende Angehörige nur ein zinsloses Darlehen. Das ist für Millionen Menschen eine Ohrfeige.
Deshalb setzt sich DIE LINKE aktuell im Bundestag für ein Recht auf Teilzeit mit Lohnausgleich für pflegende Angehörige ein. Nicht nur während der Pandemie sollen professionelle Dienste ergänzt oder bei Ausfall ersetzt werden können, ohne selbst in soziale Schieflage zu geraten. Zudem fordern wir eine deutliche Anhebung der Rentenbeiträge für Pflegepersonen, Rentenansprüche für alle Pflegepersonen, auch wenn sie schon Altersrentner*in sind und eine Solidari-sche Mindestrente von 1.200 Euro. Denn Sorgearbeit ist Arbeit und muss als solche endlich erkannt und anerkannt werden!
Pflegende Angehörige dürfen in der häuslichen Pflege nicht alleingelassen wer-den. Dafür braucht es Taten statt Worte. Denn wie schon Clara Zetkin sagte: „Nicht das Lippenbekenntnis, nur das Leben und Handeln adelt und erhebt.“ In diesem Sinne: Allen Frauen und auch den pflegenden Männern einen kämpferi-schen Internationalen Frauentag!
Sozialistische Grüße
Pia Zimmermann