26. Februar 2023   Aktuell

Grundrecht "Künstlerische Freiheit" / Rechtsstaalichkeit?

Beitrag: Roswitha Engelke

Angeklagt und verurteilt mit Hilfe der Wechselwirkungslehre auch "Schaukeltheorie" genannt, die aus einer "Stellen wir uns mal vor"-Geschichte eine Aufforderung zum Morden konstruiert.

Fiktion des literarischen Werkes

Da das Grundrecht der Kunstfreiheit für die persönliche Entfaltung des Menschen unerlässlich ist, kommt ihm sehr viel Gewicht zu. Deshalb wird dem betreffenden literarischen Werk grundsätzlich eine Fiktion unterstellt. Das heißt, die Rechtsprechung geht immer zuerst davon aus, dass die in der jeweiligen Literatur beschriebene Handlung und ihre Personen fiktiv sind und daher nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen berührt ist. Natürlich nur, wenn der Autor selbst nicht das Gegenteil behauptet.

Im Amtsgericht Helmstedt wurde letzte Woche ein Urteil gefällt, dass meines Erachtens dieses Grundrecht  nicht würdigte

Ein Bürger aus dem Landkreis Helmstedt veröffentlichte auf seinem Blog eine selbsterdachte Kurzgeschichte:

Kurze Inhaltsangabe: Es ist eine Ich-Erzählung. Die Story beginnt damit, dass sich jemand vorstellt Millionen Menschen wurden vergiftet, hunderttausende sind bereits verstorben. Die, die noch über ein Quantum Kraft verfügen raffen sich auf und rächen sich böse an den Verursachern. Ende.

Ein Leser dieser fiktiven Ich-Erzählung sah einen konkreten Bezug auf hiesige Umstände, es kam zu einer Anzeige und das Unheil nahm seinen Lauf.

Eine größere Anzahl von Polizisten riegelten den Wohnort des Verfasser ab, durchsuchten seinen Haushalt nach Waffen oder Material, welche den Verdacht auf beabsichtigte Morde bestätigen sollten. Das Resultat dieser Haussuchung: Nichts dergleichen.

Um dennoch eine Schuld vorzuweisen (und den Aufwand, der betrieben worden war zu rechtfertigen?) blieb nur die fiktive Handlung der Geschichte übrig, aus der mit Hilfe der Schaukeltheorie die Möglichkeit gebastelt wurde, der Verdacht läge nahe, es könnte jemand die Fiktion zum Anlass nehmen und auf einen Rachefeldzug gegen ortsnahe Politiker gehen. Bei der Verurteilung wurde der Lübcke-Mord als Beispiel herangezogen.

Weiterhin war auffällig, dass von der Richterin sowie vom Staatsanwalt strengsten vermieden wurde, den Text der Erzählung in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit im Gerichtssaal zugänglich zu machen.

Die Öffentlichkeit wurde mit richterlichen und staatsanwaltlichen Interpretationen bedient.

Nachgebessert am 27.02.2023, 13:19 Uhr (R. Engelke)

 

 

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