Beitrag: Roswitha Engelke
Fritz Fischer
Fritz Fischer wurde am 20.4.1891 in Linden geboren. Nach dem Besuch der Volksschule lernte er Maurer. Den 1. Weltkrieg verbrachte er in einer Fliegereinheit. Er erhielt eine Ausbildung zum Funker, erwarb Kenntnisse im Lesen militärischer Karten und war Flugzeugbeobachter. 1918 kehrte er, mit dem EK II ausgezeichnet, nach Wolfenbüttel zurück. Er schloß sich der USPD an und gründete nach einer politischen Wende der Partei mit Genossen 1919 die Wolfenbütteler KPD. Schon bald erhielt er führende Ämter und wurde auch zum Stadtverordneten gewählt. Hier vertrat er mit großer Entschiedenheit soziale Belange, die durchaus auch zum Erfolg führten. Er unterstützte den weiteren Ausbau der Weltlichen Schule in der Kanzleistraße. Durch seine ideologische Agitation geriet er schon bald ins Visier der anderen Parteien, besonders der Nationalsozialisten. Die revolutionäre Ausrichtung der KPD führte zu einer engen Überwachung der Partei und ihrer Mitglieder durch die von Militärs geleiteten Sicherheitsorgane. So wurden Perkampus und Fischer verdächtigt, ihre militärisch/fliegerischen Kenntnisse bei einem befürchteten Umsturz anwenden zu wollen. Bei Fischer fand daher am 5. Oktober 1924 eine Hausdurchsuchung statt. In dem polizeilichen Bericht wird er zitiert: “Ich bin kein militärischer Leiter für meinen Wohnort, sondern ich habe nur die politische Leitung des Kreises Wolfenbüttel der KPD.“
Fischers Tätigkeit im Roten Frontkämpferbund und seine kompromißlose Haltung gegen die NSDAP und ihre in Wolfenbüttel agierenden Kämpfer speicherten deren gewalttätigen Haß für die Zeit nach dem Sieg, den sie erringen wollten. Während einer Stadtverordnetenversammlung wollte der Versammlungsvorsitzende Isensee (NSDAP) Fischer am weiteren Reden hindern. Da der überforderte Vorsitzende aber nicht die entsprechenden Paragraphen der Geschäftsordnung kannte und hilflos reagierte, überreichte Fischer ihm eine Schiefertafel zum Notieren der Paragraphen. Hohn und Spott gegenüber dem politischen Gegner, oft auch persönlich ausgerichtet, bildete zu dieser Zeit nicht nur die Vorgehensweise der KPD gegenüber den Nationalsozialisten. Auch die Hauptgegner der NSDAP, SPD und KPD bekämpften sich verbal so sehr, dass eine gemeinsame Haltung gegenüber den Nationalsozialisten unmöglich wurde. Beide Parteien schreckten nicht davor zurück, die jeweils andere zeitweilig in die Nähe der Nazis zu rücken. Mittendrin kämpfte Fritz Fischer, der auch für das KPD-Blatt "Rotes Sprachrohr, Ortszeitung der Arbeiter Wolfenbüttels" schrieb, uneigennützig und engagiert für seine Ideale. Fritz Fischer vertrat die KPD auch im Kreistag. Als er im Januar 1933 als Listennachfolger des KPD-Landtagsabgeordneten Ernst Winter dessen Nachfolge antreten sollte, schrieb er dem Landtagspräsidenten: “Da ich nicht mehr Mitglied der kommunistischen Partei bin, muß ich auf die Übernahme eines Mandats als Landtagsabgeordneter verzichten.“ Der Volksfreund, Braunschweiger SPD-Zeitung, hatte im Juni 1932 über Probleme in der Wolfenbütteler KPD berichtet, nachdem Fritz Fischer von Erich Müller im Amt des 1. Vorsitzenden abgelöst worden war. Im Zusammenhang mit anderen parteiinternen Vorgängen sei Fischer sogar aus der Partei ausgetreten.
Fritz Fischer war 1933 aufgrund beruflicher Auswirkungen bereits sehr krank. Nachdem Hitler durch Hindenburg zum Reichskanzler ernannt worden war, begannen die Wolfenbütteler Nazis damit, die daraus resultierende Macht zunächst gegen Kommunisten und Sozialdemokraten zu mißbrauchen. Der jahrelang aufgestaute Haß wurde umgesetzt in gewalttätige Rachemaßnahmen gegen Einzelpersonen, in Einschüchterung der Bevölkerung und "Säuberung" des öffentlichen Lebens von politisch Andersdenkenden.
Am 6. Juli trafen sich der SS-Hauptsturmführer und Führer der Wolfenbütteler SS-Hilfspolizei, Josef Keppels, NSDAP-Kreisleiter Hermann Lehmann und weitere Nazi-Chargen im Café Lambrecht in der Langen Herzogstraße und planten die gewalttätige Racheaktion gegen stadtbekannte Kommunisten.
Fritz Fischer und die anderen erlitten in der folgenden Nacht in der ersten Etage der NSDAP-Kreisleitung durch die furchtbaren Schläge mit Gummiknüppeln und Ochsenziemern lebensgefährliche Verletzungen.
Fischer wurde beim Betreten des Raumes, in dem die Folterungen stattfanden, die Hose heruntergerissen und auf den Tisch geworfen und fürchterlich geschlagen. Nach der Tortur war er nicht mehr in der Lage, selbständig zu gehen: Er war voller Blut, und der Darm trat ihm aus dem After heraus. Man fasste ihn am Kragen und schleppte ihn zu dem bereits zu Tode geprügelten Alfred Perkampus. Am nächsten Morgen wurden die Männer in das „Keller-KZ“ in der Braunschweiger AOK gebracht.
Alfred Perkampus
Alfred Perkampus wurde am 3.9.1896 in Wolfenbüttel geboren. Nach dem Schulbesuch lernte er Maurer. Während des 1. Weltkrieges "diente" er in der Gaskolonne der 8. Armee als Luftschiffer an der Ostfront. Das Foto in Paradeuniform schickte er seiner Mutter im September 1915 aus Berlin, das zweite Foto erhielt sie im August 1917 aus dem "Felde".
Nach dem Krieg arbeitete er wieder als Maurer. Mehrere Jahre lang arbeitete er bei der Baugenossenschaft "Eigenhilfe". Er war aktives Mitglied des Arbeiter-Turn-Vereins Vorwärts. 1924 heiratete er in Warle Elise Jasper. Im Juni 1925 kam ihr Sohn Alfred zur Welt. Perkampus war Mitglied im Deutschen Baugewerksbund, trat der KPD bei und wurde mit dem Amt des Hauptkassierers beauftragt. Als Angehöriger des Roten Frontkämpferbundes beteiligte er sich am Schutz von Veranstaltungen der KPD gegen Übergriffe der Nazis. Bereits Anfang Februar 1933 wurde er das erste Mal verhaftet und blieb im Gefängnis Wolfenbüttel bis zum 7. Mai. Möglicherweise steht diese Haft im Zusammenhang mit einem Aufruf der KPD zum Generalstreik. In Wolfenbüttel verteilten die Kommunisten am Tag nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein Flugblatt mit diesem Wortlaut:
Frau Perkampus beschrieb den spätabendlichen Überfall der SS-Männer am 6. Juli 1933: “Gegen 24 Uhr erschienen mehrere SS-Leute, darunter Karl Salmanski, traten die Küchentür ein und stürmten unter Schimpfen und Drohungen gleich ins Schlafzimmer. Salmanski prügelte sofort auf meinen Mann ein, fasste ihn ins Genick und warf ihn die Treppe hinunter. Auf meine Einwendung, daß sich mein Mann erst die Hose anziehen müsse, antwortete er: Die Hose behalten sie man gleich hier, denn die reißen wir ihm doch wieder runter.“
Gemeinsam mit anderen Männern wurden sie in die NSDAP-Kreisstelle in der Mühlenstraße gebracht. Frau Perkampus folgte dem Trupp bis zum Stadtmarkt. Salmanski beschimpfte sie: “Du Kommunistensau, geh man nach Hause, dein Mann geht jetzt schwimmen.“
In der NS-Kreisleitung wurde Alfred Perkampus, wie die anderen Gefangenen, viehisch geprügelt und gefoltert. Er starb noch vor dem Transport in die AOK.
Frau Perkampus erhielt über das weitere Schicksal ihres Mannes keine Informationen. Es wurde verbreitet, ihr Mann und seine beiden Kameraden seien aus der Haft geflüchtet und hielten sich wahrscheinlich in der Sowjetunion auf.
Für ihren Sohn erstritt Elise Perkampus 1936 eine Waisenrente. Mit der Begründung des Gerichtsurteils gegen die Landesversicherungsanstalt erhielt sie quasi die Bestätigung für den Tod ihres Mannes: “Perkampus ist damals aus politischen Gründen verhaftet und, wie der Vertreter der politischen Polizei am 2.1.1936 vor der Beklagten erklärt hat, politischer Flüchtling, muss also nach seiner Verhaftung entflohen sein. Es ist aber nicht anzunehmen, dass ihm die Flucht geglückt ist; denn auch die politische Polizei hat seit dem Sommer 1933 keine Nachrichten mehr von ihm erhalten. Wäre P. in Deutschland am Leben geblieben, so hätte er sich unmöglich 3 Jahre lang verborgen halten können. Wäre es ihm aber geglückt, ins Ausland zu entfliehen, so hätte mindestens seine Frau irgend ein Lebenszeichen von ihm erhalten. Denn dann lagen keine Gründe für ihn mehr vor, seinen Angehörigen Leben und Aufenthalt zu verschweigen. Die Umstände sprechen entschieden dafür, dass Perkampus nicht mehr lebt.“
Alfred Müller
Eine Bergmannskapelle spielte den Trauermarsch von Beethoven. In Braunschweig gedachte man der Nazi-Opfer vor dem Gebäude der AOK, das 1933 in ein KZ umgewandelt worden war.
^Im Juli 2003 fand vor der AOK eine Gedenkfeier statt, in dessen Rahmen ein vor dem Eingang im Fußweg eingesetzter Erinnerungsstein enthüllt wurde.
Am 20. Juni fand unter großer Beteiligung der Bevölkerung die Überführung der Särge nach Wolfenbüttel statt. Die Lokalzeitung berichtete: „Die Einwohnerschaft der Heimatstadt der Ermordeten empfing ihre toten Söhne an der Stadtgrenze und gab ihnen bis zum Hauptfriedhof, auf dem die sterblichen Hüllen beigesetzt wurden, das Ehrengeleit.“
In seiner Trauerrede erinnerte Stadtdirektor Willi Mull an die verdienstvolle Arbeit, die sich Fritz Fischer als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung erworben hatte: „Offen und charakterfest, voller Menschlichkeit, das seien seine Wesenzüge gewesen.“ Übers Grab hinaus „gelobten die Vertreter der Gewerkschaften und Parteien den Toten ein ehrendes Gedenken und ihren Geist als Vorbild zu bewahren.“
Madrid Eine Gesellschaft in Trümmern, ein Volk im Trauma und eine havarierte Demokratie. Ministerpräsident Rajoy ist der Albtraum der Spanier, der nicht weichen will
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class="c-article-image--lead"> class="c-article-image__caption">Die Volkspartei Partido Popular (PP) mit Ministerpräsident Mariano Rajoy an ihrer Spitze ist der Dreh- und Angelpunkt einer notwendigen Wende in der Politikum.
Noch heute ist die Rede vom „Trauma Stuttgart21“: Das war die Wut über die Arroganz der Politik, die Milliarden Steuergelder, gegen den Willen der Bürger, in ein sinnloses Prestigeprojekt pumpte. Und der Schock, als die Bürger, am 30. September 2010, den Schlossgarten besetzten und von der Staatsgewalt brutal niedergeknüppelt wurden.
Stellen Sie sich vor: Stuttgart21 in Spanien. Sie sind mittendrin, schießen ein Foto prügelnder Polizisten und veröffentlichen es auf Facebook. Am nächsten Tag flattert Ihnen ein saftiger Bußgeldbescheid ins Haus, wegen „unautorisierter Veröffentlichung eines Bildes mit Polizeibeamten“(Bußgeld laut "Knebelgesetz" 600 bis 30.000 Euro). Weil Sie das Foto außerdem mit einem entsprechenden Kommentar versehen haben, kommen noch bis zu 600 Euro wegen „Beleidigung“ hinzu.
Durch Demo ruiniert
Da es am Vortag auch zu Ausschreitungen gekommen war, müssen Sie mit einem weiteren Bußgeld bis zu 30.000 Euro rechnen, obwohl Sie nur unbeteiligter Zeuge waren. So schnell ist man ruiniert. Und Sie können auch nicht gerichtlich dagegen vorgehen, weil es sich um eine verwaltungsrechtliche Sanktion handelt. Da hilft nur noch bitten und betteln, und die Hoffnung auf Gnade der Staatsgewalt.
Und dabei hatten Sie noch Glück. Denn hätte Sie die Polizei erwischt, als Sie sich vor der Demo, zwei Straßen weiter, mit Ihren Freunden trafen, wären Sie noch wegen „Veranstaltung einer unerlaubten Versammlung“ dran gewesen.
Sie köpfen also Ihr letztes Bier, denn einen neuen Kasten können Sie sich nicht mehr leisten, und schalten die Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ein. Sie rechnen mit der Meldung „Bürgerkriegsähnliche Zustände in der Landeshauptstadt. Brutaler Polizeieinsatz. Weit über 300 Verletzte“. Stattdessen: Nur eine kleine Notiz, „Polizei räumt Schlossgarten“. Sie kaufen die einschlägigen Zeitungen, und finden nichts weiter als ein paar knappe Artikel, ohne Fotos, das war's. Kritische Berichterstattung, juristisches Verfahren, politische Aufarbeitung? Fehlanzeige. Das Vermächtnis Rajoys – Spanien im Würgegriff seiner Regierung.
Die Spanier müssen, nicht erst seit Rajoy, so einiges von ihren Politikern erdulden.
Wenn jede Kritik an israelischer Besatzungspolitik antisemitisch ist, hört Antisemitismus auf, etwas Verwerfliches zu sein. Das freut die echten Rassisten und Antisemiten.
Keine Verhinderung von antifaschistischem Protest durch die Polizei!
Am Donnerstag, dem 10. Mai, fand in Quelle die größte Bielefelder Nazidemo seit Jahren statt. Die Polizei hat den friedlichen antifaschistischen Gegenprotest massiv behindert.
Im Vorfeld hatte das Bündnis "Bielefeld stellt sich quer" mit der Polizei abgesprochen, dass die Teilnehmer*innen der Gegendemo gemeinsam mit dem Zug um 13:03 nach Quelle fahren, um nicht auf dem Weg Neonazis in die Arme zu laufen. Doch am Tag der Demo wurde Gegendemonstrant*innen der Einstieg in diesen Zug gewaltsam von der Polizei verwehrt. Zur Begründung hieß es absurderweise, sie sollten zu ihrer Sicherheit nicht mit den Rechten im selben Zug fahren, der doch genau aus diesem Grund für die Anreise der Gegendemonstrant*innen vereinbart war! Hat die Polizei etwa Neonazis in diesen Zug einsteigen lassen?
In jedem Fall wurde die Anreise der Antifaschist*innen massiv erschwert, und ihre Demonstrationsfreiheit so deutlich eingeschränkt.
Auch vor Ort ging es mit den Einschränkungen weiter. Eine Gruppe von 100 bis 200 Personen wurde vom Bahnhof Brackwede nicht nach Quelle gelassen, sondern unter Pauschalverdacht gestellt, stundenlang festgehalten und durchsucht, und somit komplett an der Ausübung ihres Demonstrationsrechtes gehindert. Auch musste die antifaschistische Demonstration größtenteils außer Hörweite des rechten Aufmarsches stattfinden. Dies hat wirksamen Gegenprotest schwer gemacht.
Dazu erklärt Friedrich Straetmanns, Bielefelder Bundestagsabgeordneter der LINKEN: „Umso schöner ist es, dass sich trotz dieser Widrigkeiten 650 Menschen den Rechten entgegenstellten.
Beitrag: Roswitha Engelke
Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist gegen einen juristischen „Schlussstrich“ unter den Holocaust. Auch gegen hochbetagte Verdächtige im Alter von über 90 Jahren soll strafrechtlich ermittelt werden.
„Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der deutschen Geschichte und lehrreich auch für heutige Generationen“, sagte Präsident Josef Schuster dem „Mannheimer Morgen“ (Dienstagausgabe).
Wie am Montag bekannt wurde, hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen einen inzwischen 94-jährigen ehemaligen Wachmann des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau erhoben.
Weiterlesen: Gnade gegenüber gnadenlosen Mördern und ihren hilfreichen Mitläufern?