Innen-/Außenpolitik
Versuch der Einflussnahme ausländischer Staaten auf Journalisten in Deutschland – Was sagt die Bundesregierung?
NachDenkSeiten, ein Artikel von Florian Warweg
Der Bericht von Reporter ohne Grenzen
Unter dem Titel „Nahaufnahme Deutschland 2025: Pressefreiheit im Überblick“ berichtet die Nichtregierungsorganisation, die sich nach eigener Darstellung „für Pressefreiheit und gegen Zensur“ einsetzt, dass sich zahlreiche Journalisten in Deutschland an ROG gewandt haben und von „häufigen und massiven Interventionen“ durch die israelische Botschaft und andere israelische Lobbyorganisationen auf die journalistische Arbeit berichteten:
„Nicht wenige sehen sich auch durch häufige und massive Interventionen der israelischen Botschaft oder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft bei Chefredaktionen unter Druck. Vor allem Journalisten bekannter Medienhäuser berichteten, dass sich die israelische Botschaft seit Jahren immer wieder in Mails und Briefen über ihre Berichterstattung beschwere.“
In dem Zusammenhang werden auch die Schwierigkeiten thematisiert, denen sich Auslandskorrespondenten ausgesetzt sehen:
„Auslandskorrespondenten sprechen von äußerst langwierigen Kontroll- und Aushandlungsprozessen zu Begriffen, mit denen die israelische Kriegsführung kritisiert wird. Aussagen palästinensischer Quellen und unabhängiger Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch oder den Vereinten Nationen würden immer wieder grundsätzlich in Frage gestellt – anders als solche des israelischen Militärs. Das beschränke auch die Möglichkeit von Fernsehinterviews mit arabischen Protagonisten, da diese nicht auf restriktive Sprachregelungen verpflichtet werden könnten.“
Beispiele für Diffamierungsversuche von deutschen Journalisten durch israelische Armee-Pressesprecher
Arye Sharuz Shalicar gilt bis heute als deutsches Gesicht der israelischen Armee (IDF). In Berlin aufgewachsen fungiert dieser seit über zehn Jahren als offizieller IDF-Sprecher im Range eines Majors (der Reserve). Am 20. Februar 2025 brandmarkte Shalicar zahlreiche deutsche Journalisten in Form einer Art „Feindesliste“ als „Top-10 Verbreiter von Judenhass“. Weiterlesen
„Selbst-adaptive, KI-gestützte Lernsysteme“ – So geht schwarz-rote Bildung!
Beitrag: NachDenkSeiten
Für Union und SPD sind Forschung und Innovation der „Schlüssel für die Zukunft“. Groß raus kommt in ihrem Koalitionsvertrag vor allem „Hightech“, von KI, über Raumfahrt bis hin zum „Hyperloop“. Für den Griff nach den Sternen pimpt man eigens ein Ministerium auf und schiebt „Bildung“ ab – ins Familienressort. Ins Bild passt auch die kommende Hausherrin: Die visionäre „Doro“ aus Bayern, bereit zum Schuss auf den Mond, mit Flugtaxi der Marke Pleitegeier. Den maroden Schulen und Unis blühen Milliarden aus dem Schuldentopf und das altbekannte Herumdoktern an Symptomen. Natürlich kommt auch Big Brother auf seine Kosten. Von Ralf Wurzbacher.
Union und SPD „wollen Deutschland fit machen und Bildung, Forschung und Innovation einen größeren Stellenwert in unserem Land geben“. So steht es im Koalitionsvertrag der ziemlich sicher kommenden Regierungsparteien. Inhalts- bis wortgleiche Bekenntnisse hatten davor schon etliche Regierungsbündnisse abgegeben, mehrmals auch solche in schwarz-roter Zusammensetzung. Umgesetzt wurde von den hehren Vorsätzen stets eher wenig bis gar nichts. Aufbruch für und durch Bildung zu beschwören, ist seit Jahrzehnten ein Renner bei Sonntagsreden. Aber montags drauf ist der Eifer wie auf Knopfdruck erlahmt.
Geht es nach dem Muster weiter? Abwarten und den Protagonisten auch diesmal eine Chance geben. Das gebührt die Fairness. Knapp zehn Seiten umfasst das zugehörige Kapitel im Vertragsentwurf, der noch von den Parteigremien zu beschließen ist, bei der SPD per Mitgliederentscheid. Dass die Partei bei der Besetzung des Bildungs- und Forschungsministeriums absehbar nicht zum Zuge kommen wird, dürfte die Genossen schmerzen, aber gewiss nicht zur Ablehnung des „Gesamtkunstwerks“ verleiten.
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Solinger Anschlag vom 25. März 2024: Unterdrückung von Informationen zur rechtsextremen Täterschaft durch Polizei und Justiz
Im Prozess um den Brandanschlag am 25. März 2024 in Solingen mit vier Toten, bei dem die Familie Zhilovi ermordet wurde, wird im Gerichtsverfahren nun bekannt, dass die Wuppertaler Ermittlungsbehörden die rechtsextremen Motive des Täters vertuscht haben.
Korrektur beim Endergebnis in Brandenburg: BSW schiebt sich vor Linkspartei
Beitrag: jungeWelt
Potsdam. Nach der Korrektur von Fehlern bei der Auszählung der Bundestagswahl in Brandenburg hat sich das BSW im amtlichen Endergebnis in dem Bundesland knapp vor die Linkspartei geschoben. Das BSW erhielt nach Korrekturen mit 176.405 Zweitstimmen 218 Stimmen mehr als im vorläufigen Ergebnis der Wahl vom 23. Februar angegeben, wie Landeswahlleiter Josef Nußbaum am Freitag mitteilte. Die Linke kommt auf 176.224 Zweitstimmen – eine Stimme mehr als zunächst angeben. Damit steigt der Anteil des BSW von 10,70 auf 10,71 Prozent, die Linke bleibt bei 10,7 Prozent. Brandenburg ist damit nach Sachsen-Anhalt das zweite Bundesland, in dem das BSW bei der Bundestagswahl besser abschnitt als die Linkspartei.
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"Focus" verbreitet Verschwörungstheorien zu Sahra Wagenknecht
(...) „Mit dem Abschied des Bündnisses Sahra Wagenknecht aus dem Bundestag verliert Russland eine wichtige Fürsprecherin im Parlament. Wagenknecht ist Teil der Pläne des Kremls, eine Querfront von linken und rechten Kräften in Deutschland zu fördern.“ (...) Focus
Da sieht und liest man mal wieder wie "unabhängiger" Journalismus Pfeiler und Stütze einer "Bananen-Republik" sein kann.
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Beitrag: NachDenkSeiten, von Tobisas Riegel
Ein aktueller Artikel zu Sahra Wagenknecht zeigt beispielhaft: Die Interessen deutscher Bürger werden zu Interessen Russlands umgedichtet – wer dann noch für diese eigenen Interessen eintritt, ist plötzlich ein nützlicher Idiot Putins. Mit dieser Masche wird gegen Regierungskritiker vorgegangen. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
In einem aktuellen Gastbeitrag im Focus verbreitet Susanne Spahn Verschwörungstheorien über „Pläne des Kremls“ und Sahra Wagenknecht. Die Historikerin gehört zum „Expert-Circle“ des Focus. Der Artikel beginnt so:
„Mit dem Abschied des Bündnisses Sahra Wagenknecht aus dem Bundestag verliert Russland eine wichtige Fürsprecherin im Parlament. Wagenknecht ist Teil der Pläne des Kremls, eine Querfront von linken und rechten Kräften in Deutschland zu fördern.“
Kontaktschuld – auch ganz ohne Kontakt
Wagenknecht lehne schließlich die Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine ab, so der Artikel – damit vertrete sie „wichtige russische Interessen“. Indem Wagenknecht „außenpolitische Großmannssucht und beispiellose Hochrüstung“ der Befürworter des aktuellen, umstrittenen Finanzpakets kritisiere und den Grünen vorwerfe, „kriegsverrückt“ zu sein, äußere Wagenknecht Ansichten, „die der Propaganda der russischen Staatsmedien sehr nahekommen“ würden.
Der russische Staatssender RT sei so einflussreich, weil er in Deutschland „ein Netzwerk von Alternativmedien, Influencern und Politikern geschaffen hat“. Von der US-Zeitung Washington Post im April 2023 veröffentlichte Dokumente würden die Versuche Moskaus, direkt in die deutsche Politik einzugreifen, angeblich „belegen“, so Spahn. Und weiter:
„Wagenknecht spielt in dem Netzwerk eine wichtige Rolle, da sie russische Narrative und Interessen inhaltlich unterstützt und damit für die Staatsmedien sehr interessant ist.“
Im Text selber geht es allerdings weniger um Wagenknecht, sondern überwiegend um ausführlich geschilderte Aktivitäten von Rechtsextremen, mit denen Wagenknecht nichts zu tun hat, in deren Nähe sie aber immer wieder gerückt werden soll. So würden der Aktivist Jürgen Elsässer und seine Mitstreiter „aktiv an der Querfront“ arbeiten und würden somit „die Pläne Moskaus“ umsetzen, von denen die Washington Post berichtet habe. Aber selbst bezüglich der Rechten muss Spahn am Schluss einräumen:
„Es ist allerdings unklar, ob dies auf Anregung Moskaus oder aus eigenem Antrieb geschieht und welche Rolle Russland bei der Umsetzung spielt.“
Entscheidende Punkte – eine „Anregung Moskaus“ oder überhaupt irgendeine „Rolle Russlands“ – bleiben also „unklar“. Dennoch wird auf der wackeligen These eine massive Verleumdung aufgebaut, um Wagenknecht über (nicht vorhandene) Kontaktschuld als irgendwie rechts und irgendwie im Sinne Moskaus handelnd hinzustellen. Das ist ein neues Level der Kontaktschuld: Die Schuld entsteht demnach sogar durch Menschen, mit denen Wagenknecht gar keinen Kontakt pflegt.
Die Interessen deutscher Bürger sind jetzt die Interessen Russlands
Noch eine andere, weit verbreitete Masche wird im Text genutzt: Die Interessen deutscher Bürger werden zu Interessen Russlands umgedichtet – wer dann noch für seine eigenen Interessen eintritt, ist automatisch ein nützlicher Idiot Putins: Mit dieser Taktik wird momentan gegen legitime Forderungen von Regierungskritikern vorgegangen.
Außerdem ist es ein alles entscheidender Unterschied, ob man aktiv mit der russischen Seite oder mit Rechtsextremen zusammenarbeitet, oder ob diese beiden Gruppen Aktivitäten entfalten und einen ungefragt und unerlaubt zum Verbündeten erklären. Wenn bei der Wagenknecht-Demo auch 20 Rechte erscheinen, dann unterwerfen sich diese Personen den Aussagen der Demonstration, nicht umgekehrt. Wenn RT über Aktivitäten Wagenknechts berichtet, dann müssen Nachfragen zur Motivation der Berichte an die Adresse von RT gerichtet werden und nicht an Wagenknecht.
Wagenknecht vertritt nicht russische Interessen, sondern sie formuliert die Interessen zahlreicher deutscher Bürger: Die haben (unter anderem) kein Interesse an einem Krieg gegen Russland und auch nicht an einem sinnlosen Wirtschaftskrieg, der die eigene Energie verteuert.
Mit Verschwörungstheorien gegen Regierungskritiker
Der Focus-Artikel von Spahn ist nur als Luftnummer zu bezeichnen, er wird hier nur thematisiert, weil er beispielhaft für die Nutzung von Kontaktschuld und Verschwörungstheorien gegen Regierungskritiker stehen kann. Zu weiten Teilen beruht der Text auf Aussagen einer weiteren Luftnummer: Im April 2023 meldete die „Tagesschau“, der Washington Post würden vertrauliche Dokumente vorliegen, nach denen die russische Regierung gezielt Einfluss auf die Politik in Deutschland nehmen wolle – durch Unterstützung einer „Querfront für den Kreml” genannten Anti-Kriegs-Allianz von Rechten und Linken. Weiter heißt es:
„Dass so manches, was die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht zur russischen Invasion in der Ukraine zu sagen hatte – wie etwa bei der umstrittenen Wagenknecht-Schwarzer-Demo Ende Februar in Berlin – im Kreml auf Wohlgefallen stieß, ist immer wieder angemerkt worden. Doch dass Moskau gezielt versucht haben soll, Einfluss auf die Politik in Deutschland zu nehmen, indem Russland das Bilden eine Allianz aus Wagenknecht, der extremeren Linken und der AfD unterstützt: Das ließ sich bislang nicht nachweisen. Möglicherweise hat sich das geändert.“
Die Betonung liegt auf dem „möglicherweise“, denn mit dem folgenden Absatz werden doch erhebliche Zweifel gesät:
„Was die Dokumente nicht enthalten sind Hinweise auf direkte Kontakte zwischen den russischen Strategen und möglichen Partnern in Deutschland.“
Spahn nimmt auf die Behauptungen der Washington Post stark Bezug. Aber sogar die US-Zeitung räumt selber ein, dass es außer dem eigenen Geraune zu Kontakten „mindestens einer Person aus dem Umfeld von Sahra Wagenknecht“ nicht mal „Hinweise“, geschweige denn Beweise für eine aktive Zusammenarbeit von Wagenknecht-Seite gibt.
Übrig bleiben von einer Kreml-Verschwörung also nur Indizien für thematische Übereinstimmungen deutscher Regierungskritiker mit den Analysen der russischen Seite – als Beispiel wird aufgezählt, dass „Kreml-Strategen“ indirekt den Demo-Slogan „Runter mit den Strompreisen!“ inspiriert hätten. Mit dieser Masche werden absolut legitime Forderungen hiesiger Bürger zu in Russland hergestellter Propaganda erklärt. Was für eine Frechheit und was für ein inhaltlicher Unsinn. Nebenbei wird dadurch auch vermittelt, die Bürger seien zu doof, um selber auf solche naheliegenden Forderungen zu kommen.
„Whataboutism“ und Meinungsmache
Generell: Selbstverständlich versucht Russland, wie alle Staaten, seine Interessen auch mit Propaganda im Ausland zu stärken. Das Ausmaß der russischen Propaganda in Deutschland reicht jedoch nicht im Entferntesten an die massive Beeinflussung von US-Seite heran, der die Westdeutschen seit 1945 und die Gesamtdeutschen seit 1990 ausgesetzt sind. Momentan werden einige der Werkzeuge der US-Beeinflussung des Auslands durch die Trump-Regierung gestutzt – aber ich gehe mit Sicherheit davon aus, dass neue Werkzeuge der Beeinflussung an deren Stelle treten werden.
Auch das Anlegen von Dossiers über innenpolitische Gegebenheiten in anderen Ländern gehört international zum üblichen Geschäft. Darauf hinzuweisen, ist übrigens kein „Whataboutism“, sondern es zeigt das ganze Bild – im Gegensatz zu dem nach russenfeindlichen Kriterien ausgewählten Mini-Ausschnitt von Spahn.
Entscheidende Fragen bezüglich dieser international üblichen Praxis sind: Hat Russland – ausgehend von dem von der Washington Post behaupteten Dossier – die deutsche Innenpolitik nicht nur analysiert, sondern hat es sich aktiv darin eingemischt? Wenn es diese aktiven Versuche gab, waren sie erfolgreich? Und: Gab es von deutscher Seite Personen, die für diesen Plan mit der russischen Seite zusammengearbeitet haben? Und was hat das alles mit Wagenknecht zu tun? Alle diese Fragen werden nur extrem unbefriedigend beantwortet, damit fällt die ganze Geschichte des Focus in sich zusammen. Einer Politikerin indirekt anzukreiden, „Teil von Plänen“ zu sein, ohne dass sie davon weiß, ist schon ein starkes Stück Meinungsmache.
Vergiftete Verhältnisse
Man könnte Texte wie den von Spahn belächeln, würden solche Artikel nicht mutmaßlich aus den niederen Beweggründen geschrieben, das Verhältnis Deutschlands und Russlands weiter zu vergiften und zusätzlich eine wichtige Oppositionspolitikerin indirekt als „feindliche Agentin“ zu markieren.
Übrigens: Es ist angesichts eines historisch knappen Ergebnisses für das BSW und der noch zwingend ausstehenden Prüfungen mehrerer Aspekte der Bundestagswahl noch gar nicht ausgemacht, dass Sahra Wagenknecht – wie von Spahn prophezeit – den Bundestag verlässt.