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29. März 2021
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Die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei waren unter Trump bereits angespannt, doch Bidens Druck auf Ankara wirft Fragen über die Beziehung zu einem langjährigen NATO-Verbündeten auf.
- Recep Tayyip Erdogan und US-Präsident Joe Biden kennen sich seit Jahren - das Telefon des türkischen Präsidenten blieb nach Bidens Amtsübernahme jedoch still.
- Das Verhältnis der USA und der Türkei gelten als angespannt. Der Tonfall hat sich unter Joe Biden verschärft.
- Erdogan selbst ist aktuell politisch verwundbar - die Türkei braucht gute Beziehungen zu den USA und der EU.
- Dieser Artikel liegt erstmals in deutscher Sprache vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn am 3. März 2021 das Magazin „Foreign Policy“.
Washington/Ankara: Joe Biden verbrachte den ersten Monat seiner Präsidentschaft mit Routineanrufen bei führenden Politikern der Welt. Beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ging allerdings nie ein Anruf ein. Die stille Telefonleitung wurde zu einer großen Meldung in Ankara, trotz – oder vielleicht gerade wegen– jahrelanger empfundener Kränkungen zwischen den NATO-Verbündeten, von Konflikten über Syrien bis hin zum Kauf eines russischen Luftabwehrsystems durch die Türkei. Aber Interviews mit mehr als einem Dutzend Beamten, Gesetzgebern und anderen Experten machen deutlich, dass die Funkstille des US-Präsidenten ein Zeichen ist, dass sich der amerikanische Ton gegenüber der Türkei verschärft hat: Ankara wird weiterhin die kalte Schulter gezeigt werden, sofern sich das Land nicht besser verhält – und zwar schnell.
„In dieser Beziehung bestehen große Herausforderungen, und wir sind nicht in einer Position, in der wir uns gleichermaßen auf die Türkei verlassen können, wie wir uns in der Vergangenheit auf andere NATO-Verbündete verlassen konnten oder wie wir bei anderen NATO-Verbündeten das Vertrauen hierfür haben”, erklärt die Abgeordnete Abigail Spanberger, eine Demokratin aus Virginia, die im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses sitzt. Dennoch sind sich die meisten einig, dass es nur wenige gute Lösungen gibt, um die Beziehungen noch vor einer weiteren Verschlechterung zu bewahren – auch wenn Bidens Außenminister und einige seiner Top-Berater mit ihren türkischen Amtskollegen in Kontakt stehen – und es auch nur begrenzte politische Optionen für Biden gibt, die über die Fortsetzung des Drucks auf Erdogan in Sachen Menschenrechte hinausgehen.
Bidens Verhältnis zur Türkei: US-Präsident rief nach Amtsübernahme nicht türkischen Präsidenten Erdogan an
„Dies ist der Tiefpunkt in den amerikanisch-türkischen Beziehungen”, sagt Aykan Erdemir, der früher Mitglied des türkischen Parlaments war und jetzt bei der Foundation for Defense of Democracies, einer in Washington ansässigen Denkfabrik, tätig ist. Biden und Erdogan sind sich nicht unbekannt. Als US-Vizepräsident leitete Biden die Beziehungen durch einen damaligen Tiefpunkt nach einem Putschversuch gegen Erdogan im Jahr 2016, den der türkische Präsident seit langem auf die eine oder andere Weise den Vereinigten Staaten anlastet. Aber wie Biden das diplomatische Minenfeld der Beziehungen zwischen den USA und der Türkei jetzt als „Oberbefehlshaber“ navigiert, wird seine übergreifende außenpolitische Agenda auf eine wichtige Probe stellen und zeigen, ob er sowohl die Beziehungen zu einem langjährigen NATO-Verbündeten wiederherstellen als auch Erdogans zunehmend autoritäre Neigungen mäßigen kann.
Der aggressive außenpolitische Ansatz der Türkei könnte für die Biden-Regierung in Zukunft eine weitere mögliche Krise darstellen. Erdogan steckt nach dem türkischen Kauf des 2,5 Milliarden Dollar teuren S-400-Luftabwehrsystems in den Fängen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und steht im Widerspruch zur US-Außenpolitik im Mittelmeerraum, im Nahen Osten und in Nordafrika. Die Türkei unterliegt weiterhin US-Sanktionen gegen Käufer russischer Rüstungsgüter, obwohl frühere US-Beamte und Experten erklärten, dass die Sanktionen nicht darauf ausgelegt seien, die türkische Wirtschaft zu schädigen.
Weiterlesen: Biden straft Erdogan ab - „Tiefpunkt“
27. März 2021
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Von Sophia Alvarez
Lima. In Peru hat eine Debatte zwischen fünf Favoriten für das Präsidentschaftsamt stattgefunden. Die Kandidaten präsentierten am vergangenen Sonntag ihre Vorschläge zu Themen wie Korruptionsbekämpfung, Pandemie, Sicherheit und anderen Feldern von Interesse. Laut Zuschauerbefragungen ging dabei die progressive Kandidatin Verónika Mendoza als Siegerin hervor. Die Wahlen finden am 11. April statt.
Neben Mendoza (Juntos por el Perú, Gemeinsam für Peru) nahmen die in den Umfragen vorne liegenden Yonhy Lescano (Acción Popular, Volksaktion), George Forsyth (Avanza País. Fortschritt für das Land), Keiko Fujimori (Fuerza Popular, Volkskraft) sowie Daniel Urresti (Podemos Perú, Wir können, Peru) teil. Der ebenfalls als Favorit gehandelte Rechts-Kandidat, Rafael López Aliaga (Renovación Popular, Volkserneuerung, RP), zog es vor, dieses Treffen trotz Einladung zu meiden.
Zu Beginn der Debatte kritisierten die Kandidaten die Regierungsprogramme ihrer Konkurrenten, ohne Details über ihre eigenen Plänen anzubieten. In diesem Sinne kritisierte die rechtsgerichtete Fujimori den Plan von Yonhy Lescano und bezeichnete ihn als "populistisch" und den Plan von Verónika Mendoza als "linksradikal".
Ex-General Urresti wiederholte seinerseits, dass andere Kandidaten seinen Regierungsplan kopierten, während Lescano die Bevölkerung aufforderte, nicht an Vorschläge zu glauben, die nicht erfüllt werden könnten. Der 38-jährige Forsyth wies darauf hin, dass die Menschen nicht für "die gleichen alten Kandidaten" stimmen sollten.
Nach dem Ende der Debatte wählten die Zuschauer den Gewinner über einen QR-Code, der auf den Bildschirmen des Senders erschien. Nach der Abstimmung war Verónika Mendoza die Gewinnerin der Debatte, sie erhielt 34,2 Prozent der Zuschauerstimmen. An zweiter Stelle lag George Forsyth mit 22 Prozent der Stimmen und an dritter Stelle Yonhy Lescano mit 21,1.
Diese Statistiken sind unabhängig von den jüngsten Wahlumfragen: Die Umfragewerte der Meinungsforscher Datum, IEP, Ipsos Peru und CIP zeigen Yohny Lescano als den favorisierten Kandidaten. Seit Anfang März liegt er souverän auf dem ersten Platz. Laut der aktuellen Datum-Umfrage stieg seine Zustimmung in den letzten vierzehn Tagen von 13 auf 14 Prozent.
Weiterlesen: Präsidentschaftswahl in Peru: Linke Kandidatin punktet in TV-Debatte
02. März 2021
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+++ 14.09 Uhr: Der Luftangriff von US-Truppen in Syrien wird nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in den USA kritisiert. Bernie Sanders, Joe Bidens Konkurrent um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, hat sich gegen die Militäraktion ausgesprochen.
Die australische Aktien-Nachrichtenseite „The Market Herald“ berichtet, dass Sanders die Situation als besorgniserregend eingeschätzt hat: „Ich bin sehr besorgt, dass der gestrige Angriff der US-Streitkräfte in Syrien unser Land auf den Weg der Fortsetzung des ‚ewigen Kriegs‘ bringt, anstatt ihn zu beenden. Das ist derselbe Weg, auf dem wir uns seit fast zwei Jahrzehnten befinden“, sagte er.
Seine Kritik zielt auch direkt auf die Rolle von Präsident Joe Biden, der die Genehmigung des Angriffs gab. Bernie Sanders sagte: „Während der Präsident die Verantwortung hat, die Menschen in den Vereinigten Staaten zu verteidigen, sagt unsere Verfassung eindeutig, dass es der Kongress ist, nicht der Präsident, der die Autorität hat, den Krieg zu erklären.“
12. März 2021
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Zehn Jahre Krieg in Syrien – Politische Lösung und Diplomatie statt Bomben und Sanktionen!
Anlässlich der gestrigen Debatte im Europäischen Parlament zu zehn Jahren Syrienkrieg, erklärt die Europaabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments, Özlem Alev Demirel (DIE LINKE):
Wenn sich der Hohe Vertreter, Josep Borrell gestern vor dem Europäischen Parlament zu einer Fortführung der Sanktionen gegen Syrien bekennt, solange es keine politische Lösung gibt, ist das genau der falsche Weg und zynisch. Mit den Sanktionen wird die seit Jahren andauernde Regime-Change-Politik auf dem Rücken der leidenden syrischen Zivilbevölkerung ausgetragen – damit muss Schluss sein!
Seit zehn Jahren tobt in Syrien ein brutaler Stellvertreterkrieg um geopolitische Interessen und einen von USA und EU mit allen Mitteln betriebenen Regime-Change in Damaskus. Auch für die europäische Rüstungsindustrie hat er die Kassen klingeln lassen, den Syrerinnen und Syrern hat er dagegen nur Elend, Hunger und Tod gebracht. Laut der Welthungerhilfe haben aktuell 12 Millionen Menschen in Syrien nicht genug zu essen. Wirtschaftssanktionen der EU und der USA verschlimmern diese humanitäre Katastrophe.
Ja, die Assad Dynastie regiert das Land. Sie tut dies nicht demokratisch und ihre Politik dient den Interessen einer kleinen Macht-Clique und nicht der Mehrheit der Syrerinnen und Syrer. All dies kann aber keine Rechtfertigung für Krieg sein.
Syrien braucht jetzt dringend Frieden, alle Waffen müssen endlich schweigen. Alle ausländischen Truppen müssen Syrien sofort verlassen. Statt Sanktionen brauchen die Menschen in Syrien dringend materielle Unterstützung für einen Wiederaufbau ihres völlig verwüsteten Landes.
01. März 2021
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Provinzregierung vertagt Abstimmung zu einem Gesetzentwurf, der den Erzbergbau möglich macht
Buenos Aires et al. Erneut hat in Argentinien die Bevölkerung gegen die geplanten Bergbauprojekte in der südlichen Provinz Chubut protestiert. Einige tausend Menschen versammelten sich zunächst am 4. Februar in verschiedenen Städten und Provinzen, um sich lautstark unter dem Motto "Wasser ist mehr wert als Gold" gegen ressourcenintensive Bergbauvorhaben zu positionieren.
In der Stadt Trelew in Chubut blockierten Demonstrierende eine zentrale Zufahrtsstraße, auch in Buenos Aires, Entre Ríos, San Luis und Paraná kam es zu Protesten.
Anlass war die Ankündigung der Provinzregierung, in einer außerordentlichen Sitzung über den Gesetzentwurf Nr. 128/20 abzustimmen, der den Erzbergbau erst möglich machen würde.
Im Vorfeld galt als sicher, dass sich bei der Abstimmung die notwendige Mehrheit von 14 der 27 Abgeordneten ergeben würde. Im Januar hatte sich Argentiniens Präsident Alberto Fernández mit seinem Unterstützer und Gouverneur der Provinz Chubut, Mariano Arcioni, getroffen, um die Zulassung des Gebiets für den Erzbergbau voranzutreiben. Offenbar im Zuge der Proteste zogen nun einige Abgeordnete ihre Zustimmung zurück und die Sitzung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Zeitung Clarín berichtete am Freitag, Ex-Präsidentin Christina Kirchner habe die Abgeordneten ihrer Partei in Chubut gebeten, wegen der sozialen Unruhe die Abstimmung zu verschieben. In diesem Jahr findet in Chubut die Wahl der nationalen Senator:innen statt.
Der strittige Gesetzentwurf sieht vor, das bestehende Gesetz 5001 abzuändern. Dieses ist seit 2003 in Kraft und verbietet in der Provinz den Bergbau unter freiem Himmel sowie den Einsatz von Cyanid. Es betrifft damit in erster Linie den Erzbergbau. Im Jahr 2002 kam es zu ersten Versammlungen von Anwohner:innen der Kleinstadt Esquel, als in nur sechs Kilometern Entfernung zur Stadt ein Großprojekt für Bergbau geplant wurde.
Zur Goldgewinnung sollte Cyanid zum Einsatz kommen, eine äußerst giftige Lösung, die seit Jahrzehnten weltweit immer wieder für negative Schlagzeilen sorgt. Nach heftigen sozialen Protesten wurde damals das Gesetz 5001 auf den Weg gebracht. Seitdem übt die Bergbaulobby Druck aus, um durch eine Änderung des Gesetzes doch noch die Gold- und Silbergewinnung möglich zu machen.
Seit über 18 Jahren formiert sich regelmäßig Widerstand gegen ähnliche Vorhaben. Im Jahr 2003 sprachen sich in Chubut bei einer Volksabstimmung 82 Prozent der Bevölkerung gegen den Bergbau aus. Es existiert ein hohes Bewusstsein für die Auswirkungen des Erzbergbaus auf Umwelt und Wasserbestände. Zuletzt war der Streit um die Zulassung von Bergbauaktivitäten im Dezember 2020 entbrannt (amerika21 berichtete).
Der heutige Gouverneur Mariano Arcioni hatte sich in seinem Wahlkampf vor weniger als drei Jahren noch klar gegen derartige Großprojekte in seiner Provinz ausgesprochen.
Wenige Wochen nach seinem Wahlsieg im Oktober 2019 traf Präsident Fernández vom peronistischen Mitte-links-Bündnis Frente de Todos sich mit dem Argentinischen Unternehmerverband AEA und bezeichnete den Bergbau für die Wirtschaft des Landes als "vorrangiges Thema". In der Provinz Jujuy solle Lithium und in den Provinzen Mendoza und Chubut Metalle abgebaut werden. "Wir können in der Hochebene von Chubut nun Gold und Silber abbauen. Dort ist unser Reichtum, und wir sollten uns mit Intelligenz der Welt gegenüber öffnen", sagte er in einer Ansprache vor den Unternehmern.
Im gleichen Monat setzte das Regionalparlament in Mendoza das Wasserschutzgesetz 7722 in einem Schnellverfahren außer Kraft und löste damit heftige Proteste in der Bevölkerung aus. Einzelne Departamentos und Weinköniginnen der Region kündigten an, aus Protest die jährlichen Weinfeste abzusagen und damit auch für den Tourismus relevante Großevents zu gefährden. Schlussendlich nahm der Senat die Reform wieder zurück (amerika21 berichtete).
Nach der öffentlichen Zurückweisung in Mendoza richtete sich der Fokus der wirtschaftliche Erschließung der natürlichen Ressourcen weiter auf die Provinz Chubut. Neben Gold und Silber soll hier Blei und Uran vorkommen. Die lokale Politik sieht in den Reserven die Möglichkeit, millionenschwere Investitionen in die Region zu locken, Arbeitsplätze zu schaffen und die Infrastruktur zwischen kleinen Siedlungen und urbanen Zentren erheblich zu verbessern.
Das bisher am weitesten entwickelte Projekt läuft unter dem Namen "Navidad" und gehört der kanadischen Pan American Silver. Es gilt als das größte unerschlossene Silbervorkommen weltweit. "Unsere Aktivitäten für Navidad konzentrieren sich in diesem Moment auf einen Investitionsplan, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die nötigen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen", heißt es auf der Website des Unternehmens. Man wolle "zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung von Chubut beitragen für den Fall, dass ein positiver Gesetzesrahmen geschaffen wird".