Bundestag
DIE LINKE. im Bundestag: Für eine radikale Entprivatisierung des Gesundheitssystems
Jan Korte, 31. März 2020
Bereits vor der Corona-Krise war unser Gesundheitssystem auf Kante genäht. Der Irrweg der Privatisierung und Ökonomisierung in den neunziger Jahren, der Krankenhäuser auf Effizienz und Gewinn getrimmt hat, hatte insbesondere den Effekt, dass Personal als größter Kostenfaktor reduziert wurde, um Gewinnmargen zu erhöhen. Gesundheitsminister Jens Spahn räumte im Tagesspiegel am 11. Januar 2020 massiven Personalmangel in der Pflege ein, es gäbe „regional und phasenweise ernsthafte Probleme“. Die Sperrung von Intensivbetten wegen Unterschreitungen der Mindestbesetzung geschehe „zum Schutz der Patienten“, Studien hätten eine erhöhte Sterblichkeit von PatientInnen bei Unterbesetzung aufgezeigt. Das alles wohlgemerkt zu einer Zeit, in die Corona-Pandemie noch weit weg war.
Es bringt heute nichts, auf den Fehlern der Vergangenheit herumzureiten. Gleichwohl muss man sie benennen, um sie grundlegend zu korrigieren. Zentral dabei ist die Erkenntnis aus den letzten Jahren und der aktuellen Situation, dass sich die Gesundheit der Bevölkerung nicht für Geschäftemacherei eignet. Das Gesundheitssystem ist ein elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge, dessen reale Kosten – Gehälter, Abschreibungen, Material, Forschung, etc. – von den Kassen erstattet werden müssen. Aber zukünftig muss ausgeschlossen werden, dass Klinikkonzerne mit der Gesundheit der Bevölkerung auch nur einen Cent Profit erwirtschaften können.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung am System der Kostenpauschalen festhält – selbst dann noch, wenn sie mit 4 Milliarden Euro Finanzspritzen und der zentralen Beschaffung von Geräten und Material eine Katastrophe zu verhindern sucht. Auf keinen Fall darf es nach Bewältigung der Krise so weiter gehen wir bisher.
Deshalb fordere ich eine Selbstverpflichtung der Bundesregierung und der im Bundestag vertretenden Parteien zum gemeinwohlorientierten Wiederaufbau des Gesundheitssystems und der Durchführung bzw. Unterstützung folgender Maßnahmen:
- Parallel zur Bekämpfung der Corona-Pandemie mit den Ländern eine Entprivatisierungsstrategie zu erarbeiten und das Gesundheitssystem nach dem Prinzip „Staat vor Markt“ kostendeckend und gemeinwohlorientiert aufzustellen,
- sicherzustellen, dass für die Dauer der Krise kein Cent der Krisenhilfen, Bettenprämien oder anderer Zahlungen an Krankenhausbetreiber auf den Konten von Anteilseignern landet,
- die Krisenfestigkeit des Gesundheitssystems als weitgehend öffentliche Infrastruktur zu erhöhen und dafür: a) durch deutliche Lohnsteigerungen Berufe und Ausbildung in der Pflege attraktiver machen, die MedizinerInnenausbildung an den Universitäten massiv auszubauen und den Zugang zu erleichtern, b) die Material- und Medikamentenversorgung durch mehr regionale Produktion weitgehend unabhängig von globalen Lieferketten aufzustellen.
Amira Mohamed Ali: Probleme wie der Pflegenotstand können durch Corona nicht mehr länger ignoriert werden, es ist Zeit für höhere Löhne
taz: Frau Mohamed Ali, ist eine Debatte über die Rückkehr ins normale Leben verfrüht oder ist es sinnvoll schon mal darüber nachzudenken, wie es in den Alltag zurückgehen könnte?
Amira Mohamed Ali: Sinn der Maßnahmen ist, die Infektionszahlen zu drücken, damit die Krankenhäuser in der Lage sind, die schwer Erkrankten zu behandeln und das Gesundheitswesen nicht kollabiert. Darüber nachzudenken, nach welchen Parametern man nach Ostern die Einschränkungen zurückfahren kann, halte ich nicht für verfrüht. Aber entscheidend ist jetzt, dass die Maßnahmen ihre Wirkung entfalten. Niemandem ist gedient, wenn sie zu früh gelockert werden. Wir müssen jetzt erst mal abwarten und nach Ostern schauen, was es was gebracht hat und die Lage neu bewerten.
Und wenn Schulschließungen und Kontaktverbote zu wenig gebracht haben?
Es ist doch völlig klar, dass man das öffentliche Leben nicht dauerhaft so stark einschränken kann. Darum denke ich auch, dass es wichtig ist, jetzt schon darüber nachzudenken, wie das öffentliche Leben nach dem 20. April wieder aufgenommen werden kann. Dazu muss man vor allem jetzt klären, wie ausreichend Schutzkleidung und mehr Testmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden können.
Sollte die Lage nach Ostern dann ausschließlich nach medizinischen oder auch nach sozialen oder wirtschaftlichen Aspekten bewertet werden?
Aktuell geht es darum, dass die Infektionsraten gesenkt werden.
DIE LINKE. im Bundestag: Infektionsschutzverordnungen - Verfassungsmäßigkeit kritisch hinterfragen
Im Wortlaut von André Hahn, stellvtr. Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
neues deutschland, 01. April 2020
Denn die Verfügungen, mit denen die körpernahen sozialen Kontakte minimiert werden sollen, schränken Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit, die Religionsfreiheit, die Berufsausübungsfreiheit und nicht zuletzt die Freiheitsrechte aus Artikel 2 des Grundgesetzes in einem Umfang ein, wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Es ist deshalb auch und gerade die Aufgabe der Linken, diese Maßnahmen kritisch zu hinterfragen.
Im Kampf gegen das Coronavirus greifen Landesregierungen und Landratsämter zu einschneidenden Maßnahmen, die das öffentliche Leben weitgehend stilllegen. Für viele Menschen geht der Shutdown mit sozialen Nöten und der Angst um die wirtschaftliche Existenz einher. Zugleich werfen die auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes erlassenen Verordnungen - so berechtigt das mit ihnen verfolgte Anliegen auch sein mag - teils erhebliche Bedenken im Hinblick auf ihre Verfassungsmäßigkeit auf.
DIE LINKE. im Bundestag: Grundrechte gelten auch in Krisenzeiten
Nachricht von Anke Domscheit-Berg, 02. April 202
Die Bundesregierung hat sich bisher nicht konkret geäußert, ob und welche Tracking-App sie im Kampf gegen die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (Corona) einsetzen möchte. Momentan begrüßt die Bundesregierung die europäische Initiative PEPP-PT, an der auch das Robert-Koch-Institut (RKI) und Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) beteiligt sind, prüft aber noch deren Einsatz und Tauglichkei.
Die einzige konkrete Idee der Bundesregierung – von Bundesgesundheitsminister Spahn beschrieben – bezog sich auf Standortdaten der Telekommunikationsunternehmen. Sie war aus zwei Gründen problematisch:
- Eine solche Maßnahme stellt einen krassen Verstoß gegen Grundrechte dar und lässt Verhältnismäßigkeit und Rechtsgrundlage vermissen;
- Für das erklärte Ziel ist die Maßnahme komplett unnütz: Denn in einer Funkzelle können auch 200-300.000 Menschen gleichzeitig sein, ohne Angabe der Nähe zu einer bestimmten Person. Personen können durchaus auch 400 Meter entfernt sein – also ohne Infektionsgefahr. Eine Kontaktverfolgung ist so nicht möglich.
Diese Maßnahme wurde deshalb zu Recht aus dem Gesetzesentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetz wieder entfernt.
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Caren Lay: Mieterschutz in der Corona-Krise verbessern
Pressemitteilung von Caren Lay, 25. März 2020
„Die Maßnahmen der Bundesregierung zum Mieterschutz sind ein erster Schritt, reichen aber bei Weitem nicht aus. Kündigungen müssen in der Coronakrise komplett ausgeschlossen werden. Niemand darf in der Krise seine Wohnung verlieren“, erklärt Caren Lay, stellvertretende Vorsitzende und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum Mieterschutz im Corona-Gesetzespaket. Lay weiter:
„Kündigungen wegen Eigenbedarfes und auch Zwangsräumungen bleiben weiterhin möglich. Das ist enttäuschend. Es ist niemandem zuzumuten, in den nächsten Monaten auf Wohnungssuche zu gehen. Kein Mensch darf in der Krise seine Wohnung verlieren.
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