Weltweit
Mariano Rajoy, ein schlechter Verlierer? Katalonien hat gewählt!
Quelle: Prof. Dr. Axel Schönberger, Deutschland
23. Dez. 2017 — Mariano Rajoy hat diese Runde der Auseinandersetzung eindeutig verloren. Das Madrider Regime, das bei den letzten Wahlen von lediglich rund 21 % aller wahlberechtigten Spanierinnen und Spanier gewählt worden war, hatte bei dem Staatsstreich vom Oktober 2017 hoch gepokert und nicht nur massiv gegen Menschenrechte, sondern auch gegen spanisches Recht verstoßen. Nun hat es dafür die Quittung bekommen. Die katalanischen Wählerinnen und Wähler haben ihm die rote Karte gezeigt und den Befürwortern des Aufbaus der bereits proklamierten Republik Katalonien eine absolute Mehrheit im katalanischen Parlament gegeben.
Weiterlesen: Mariano Rajoy, ein schlechter Verlierer? Katalonien hat gewählt!
Katalonien wählt heute ein neues Regionalparlament.
Beitrag: Roswitha Engelke
... damit startet eine neue Runde im Kampf um die Unabhängigkeit Kataloniens von Madrid.
Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet. Seit Oktober herrscht in Katalonien politisches Chaos. Nach dem von der Justiz verbotenen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober soll nun heute eine Neuwahl die Richtung für die Zukunft der Region vorgeben.
Laut Umfragen wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen separatistischen Parteien und dem Lager der Unabhängigkeitsgegner geben. Die Seperatisten sind leicht im Vorteil, könnten demnach wieder an die Macht kommen. Ob sie allerdings am Ende die absolute Mehrheit von 68 Sitzen auf sich vereinen können, ist höchst fraglich. Möglicherweise droht sogar eine Patt-Situation mit langen und schwierigen Koalitionsverhandlungen.
Die konservative Zentralregierung in Madrid hofft auf eine pro-spanische Regionalregierung und ein Ende des Konflikts. Andere sehen in der Wahl ein zweites Referendum für die Unabhängigkeit. Der Ausgang der Abstimmung ist offen. -
Mit Verweis auf Artikel 155 der spanischen Verfassung und die Einheit des Landes setzte Madrid den katalanischen Ministerpräsident Carles Puigdemont und sein Kabinett ab. Zugleich rief sie Neuwahlen für den 21. Dezember aus und erwirkte einen Haftbefehl gegen Puigdemont und seine Mitstreiter wegen Rebellion.
Der abgesetzte Ministerpräsident wich daraufhin nach Belgien aus.
Interessant dabei ist: Belgien hatte als Teil der Spanischen Niederlande im 17. Jahrhundert für seine Unabhängigkeit von Madrid gekämpft. -
Deutschland muss sich weiterhin gedulden: Nach der Vorsondierung wird sondiert und dann – sofern die Parteien das wollen – über eine Koalition SPD/CDU/CSU verhandelt. Dass der Wähler keinen weiteren GROKO-Aufguss schlucken wollte, scheint im Laufe der diversen Verhandlungen unter den Tisch gefallen zu sein. Eine endgültige Entscheidung wird nicht vor März 2018 erwartet.
Der Wille zur Freiheit ist kein Verbrechen und darf niemals als Verbrechen ausgelegt werden
Kommentar Roswitha Engelke: Die Katalanen haben ein Recht darauf, wie mündige Bürger über eine Unabhängigkeit von Spanien in die Diskussion mit der Zentralregierung in Madrid zu treten. Die Reaktion Madrids, alle Gesprächsangebote aus Barcelona auszuschlagen und sofort zu drohen zeigt noch viel von Francos Geist.
Deutschland, 2017, Prof. Dr. Axel Schönberger:
Am 27. Oktober 2017 hat der ungesetzliche und verfassungswidrige Staatsstreich des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und des Partido Popular begonnen. Nicht mit qualifizierter, sondern mit einfacher Mehrheit legt der Partido Popular und der spanische Senat Artikel 155 der spanischen Verfassung gegen dessen Wortlaut zu einem Ermächtigungsartikel aus und erweitert ihn ohne Rechtsgrundlage zu einem Instrument für einen Staatsstreich von oben, um massiv gegen bestehendes spanisches Recht zu verstoßen.
Katalonienkonflikt: Deutschlandfunk im Gespräch mit Matthias Birkwald, DIE LINKE.
"Rajoy hat alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte"
Matthias Birkwald von der deutsch-spanischen Parlamentariergruppe im Bundestag schätzt die Lage in Katalonien als äußerst gefährlich ein. Er befürchtet sogar gewalttätige Auseinandersetzungen. "Deswegen muss das Gebot der Stunde sein: die Rückkehr der Vernunft", sagte der Linke-Politiker im Dlf.
Zum Interview: Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.) im Gespräch mit Jörg Münchenberg
Barcelona
Zur Situation in Katalonien erklären die Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch in einer Pressemitteilung vom 27.10.2017:
„Wir sind tief besorgt über die weitere Eskalation im Konflikt zwischen der Regionalregierung Kataloniens und der spanischen Regierung. Durch die Aktivierung des Paragraphen 155 durch die spanische Regierung und den nun heute erfolgten Unabhängigkeitsbeschluss des katalanischen Parlaments droht der Konflikt vollständig außer Kontrolle zu geraten.
Im Sinne der Friedenssicherung in Spanien ist eine unabhängige internationale Vermittlung zwischen den beiden Konfliktparteien von größter Dringlichkeit. Die Eskalationsschraube muss zurückgedreht und jegliche Gewaltanwendung verhindert werden. Es muss eine politische Lösung gefunden werden. Dies geht nur auf dem Verhandlungsweg.“
Die Bundesregierung stellt sich auf die Seite Spaniens und verurteilt scharf den "Verfassungsbruch" der Katalanen.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister, geht nicht davon aus, dass die EU im Katalonien-Konflikt vermitteln wird. "Nur wenn beide Seiten darum bitten, könnte eine EU-Vermittlung denkbar sein. Die spanische Regierung hat das aber kategorisch ausgeschlossen", sagte McAllister (CDU) der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag).
Würde die EU sich einmischen, würde das einen Präzedenzfall schaffen für mögliche künftige Fälle, etwa in Norditalien, Korsika oder Flandern?
Heißt das, dass die EU aufgrund ihres Mitmischens in der US-Amerikanischenkriegspolitik und an ihrer eigenen desolaten Sparpolitik bröckelt?
In der Woche nach den Attentaten von Barcelona und Cambrils zeichnete sich ab, dass die spanischen Sicherheitsbehörden keineswegs so ahnungslos gewesen sein können, wie sie zunächst behaupteten. Insbesondere bei dem Imam Abdelbaki Es Satty, der die Jugendlichen aus Ripoll zu den Selbstmordanschlägen motivierte, handelt es sich um einen alten Bekannten der spanischen Innenbehörden.
Zwischen Madrid und Barcelona spielte sich ein regelrechter Informationskrieg ab und in den spanischen Medien platzte eine kleine Bombe:
Angeblich haben die Geheimdienste der USA die Spanier bereits Monate zuvor vor einem geplanten Anschlag auf die Rambla gewarnt. Bereits am 25. Mai soll das National Counterterrorism Center, zu dem CIA, NSA und FBI gehören, Kontakt zu Behörden in Spanien aufgenommen haben, um sie vor einem bevorstehenden Anschlag der Terrormiliz Islamischer Staat zu warnen. Seitdem versuchen die spanischen Sicherheitsbehörden, der katalanischen Polizei mit allen Mitteln die Verantwortung in die Schuhe zu schieben.
Referenden in Norditalien und Venetien
Die beiden wirtschaftsstarken Regionen in Norditalien wollen mehr Kompetenzen von Rom haben. Sie verlangen vor allem, dass sie mehr von ihren Steuern selbst behalten dürfen.
In der Lombardei hätten nach Hochrechnungen 95 Prozent der Menschen mit "Ja" gestimmt, sagte Regionalpräsident Roberto Maroni. Die Wahlbeteiligung habe bei etwa 40 Prozent gelegen. In Venetien hätten sich gar 98 Prozent der Menschen für mehr Autonomie ausgesprochen, so die Region. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 59 Prozent.
Flandern
Ohne die Wallonen sind die Flamen besser dran. Seit Jahren fließe ein Teil des flämischen Wohlstands in den französischsprachigen Landesteil Belgiens. Allein die sechste Staatsreform vom vergangenen Jahr habe für einen neuen „traurigen Höhepunkt“ der Umverteilung gesorgt.
Wo die Flämische Volksbewegung in dieser Auseinandersetzung Katalonien/Spanien steht, daran lässt ihr Internetauftritt keinen Zweifel aufkommen. Es lebe Katalonien, es lebe die Republik Flandern! So endet der Aufruf des Vorsitzenden Bart de Valck an die Mitglieder, die Katalanen in ihrem Streben nach Unabhängigkeit zu unterstützen.
"Das würde der flämischen Volksbewegung natürlich Auftrieb geben. Sie würde sich bestätigt sehen in ihrem Streben nach flämischer Unabhängigkeit."