Energie-/Umweltpolitik

18. September 2021   Themen - Energie-/Umweltpolitik

Einleitung von Düngemittel und Abwässer - das Marmarameer ist tot - Meerschleim

Quelle: ORF-AT

Eine Umweltkatastrophe, das
Marmarameer laut Experte „jetzt tot“

Die Meeresschleimkatastrophe im türkischen Marmarameer hat deutliche Auswirkungen auf das Ökosystem des Binnenmeeres. „Insgesamt sind bereits 60 Prozent der Spezies verschwunden“, sagte der Hydrobiologe Levent Artuz der dpa jetzt. „Nach drei Jahrzehnten intensiver Verschmutzung ist das Marmarameer jetzt ein totes Meer.“

Gemeinsam mit 20 Experten überwacht Artuz bereits seit Anfang des Jahres an 450 Stellen die Ausbreitung der Plage. Der Meeresschleim habe das Ökosystem des Marmarameeres „irreversibel“ beschädigt. Er hoffe, den umliegenden Gewässern drohe nicht eine ähnliche Zukunft.

Im Mai dieses Jahres war die Schleimkatastrophe deutlich sichtbar im Marmarameer ausgebrochen. Der Schleim trieb an vielen Stellen an der Oberfläche, wurde an Küsten gespült und machte etwa Fischern zeitweise das Fischen unmöglich. Die schleimige Masse ist das Ausscheidungsprodukt bestimmter Algen. Sie setzt sich über kurz oder lang auf dem Meeresboden ab. Die Algen vermehren sich laut Experten etwa durch höhere Temperaturen, unbehandeltes Abwasser, das direkt ins Meer abgelassen wird, und geringe Fließgeschwindigkeit.

Ein Boot im Marmarameer vor Istanbul Reuters/Umit Bektas Anfang des Sommers wurde versucht, den Schleim von der Oberfläche abzusaugen – mit wenig Erfolg

Folgen für Organismen auf Meeresboden

Besonders für Organismen, die auf dem Meeresboden leben, hat das negative Folgen. Das Wachstum von Muscheln werde verlangsamt, weiche Korallen könnten von Schleim bedeckt nicht ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen, nämlich das Wasser zu filtern, sagte Ekin Akoglu, Meeresbiologe an der türkischen Odtü-Universität. Auf lange Sicht nehme durch den fehlenden Sauerstoff auch das Zooplankton im Wasser ab, von dem sich viele Fische ernähren.

Auch wenn der Schleim seit August nicht mehr sichtbar an der Oberfläche treibe, sei die Katastrophe keineswegs vorüber, sagte Mustafa Sari, Professor für Wasserressourcenmanagement an der türkischen Universität Bandirma Onyedi Eylül. Die Schichten seien abgesunken und begännen, sich zu zersetzen. Bei der Zersetzung des Meeresschleims werde unter anderem Sauerstoff im Wasser verbraucht, was wiederum die Bildung von neuem Meeresschleim befördere.

Neue Ausbreitung im Herbst befürchtet

Im Oktober seien die Bedingungen für eine neue Ausbreitung besonders günstig, sagte Sari. Er rechnet darum damit, dass im November erneut Schleim an der Oberfläche sichtbar sein werde. Artuz etwa fürchtet, der Schleim könne sich auch auf das Schwarze Meer und die Ägäis ausweiten, und warnt vor einer regionalen ökologischen Krise.

Schleimschlieren an einem Strand bei Istanbul Reuters/Umit Bektas Einige Strände mussten im Juni aufgrund des Schleims gesperrt werden

Die Regierung hatte auf den Ausbruch im Mai reagiert und Teile des Schleims abschöpfen lassen. Die große Aufräumaktion brachte offenbar nur oberflächlich etwas. Zwar verkündete der türkische Umweltminister Murat Kurum Mitte Juli, dass das Marmarameer von dem Schleim befreit worden sei und Schwimmen und der Konsum von Meeresfrüchten aus dem Meer vor Istanbul bedenkenlos möglich seien. Doch Ende Juli waren wieder Schlieren des Schleims zu sehen. Im Herbst wird nun wieder eine größere Ausbreitung befürchtet.

Abwässer und Düngemittel werden eingeleitet

Experten sind sich einig, dass mehr Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die Einleitung unbehandelten Abwassers müsse sofort gestoppt werden, sagte Artuz. Das Wachstum der Algen wurde in den vergangenen Jahren vor allem durch Düngemittel und Abwässer aus den Städten und der umliegenden Industrie beschleunigt.

Offiziellen Statistiken zufolge verdoppelte sich die Abwassermenge aus der Industrie in den letzten Jahren, berichtete die „Financial Times“. Fast zwei Drittel der türkischen Industrie sind in dieser Region konzentriert. Problematisch seien auch die jährlich rund 50.000 Tanker, die durch das Marmarameer fahren und illegal Abfälle und Treibstoff ablassen.

„Wir benutzen es als unsere Kloake“

Abwässer würden nur behandelt, um Feststoffe zu entfernen, so Artuz Ende Juli, und dann auf den Meeresgrund gepumpt: „Wir benutzen es als unsere Kloake.“ Eine große zusätzliche Belastung entstand durch die Umleitung des Ergene-Flusses in das Marmarameer. Der Fluss gilt als schmutziger Abwasserkanal der Region. Eine Rolle spielt auch die Klimakrise. Seit Beginn dieses Jahrhunderts stiegen die Temperaturen im Marmarameer um durchschnittlich zwei Grad Celsius. Das liegt auch daran, dass die Verschmutzung die Wärme zurückhält.

Istanbul war für Makrelen, Thunfisch und Schwertfisch bekannt. Die diesjährige Fangmenge ist allein gegenüber dem vergangenen Jahr um 90 Prozent zurückgegangen, wie es Ende Juli hieß. Auch das Interesse der Bevölkerung, wie von Umweltminister Kurum beworben, in dem Meer zu schwimmen und Fisch daraus zu konsumieren, ist gering.

10. September 2021   Themen - Energie-/Umweltpolitik

Wie Neophyten unsere Flora verändern

Pflanzen aus anderen Regionen

Von Annegret Faber

Sie heißen Drüsiges Springkraut oder Riesen-Bärenklau und breiten sich gerne in hiesiger Natur aus. Sie gehören zu den sogenannten Neophyten, also Pflanzen, die ihren Ursprung woanders haben. Über ihre Gefahren und Nutzen gehen die Meinungen auseinander.

Ein kühler Morgen im Mai. Ich warte an einem abgelegenen Feldweg. Dann endlich. Ein Auto kommt angefahren.

Im Kofferraum des dunklen Kombis steht eine Hundebox, und darin sitzt ein schwarz-weiß gescheckter Border Collie – Zammy. Er winselt, wedelt mit dem Schwanz und windet sich in der Box hin und her, als übe er Slalomlaufen. Seine Hundeführerin fährt den Wagen: Populationsökologin Annegret Grimm-Seyfarth.

Zammy gehört zu den wenigen Hunden, die einen Job haben, sagt sie. Er ist Artenspürhund.

„Der weiß schon, sobald ich mit Leine und Weste und Spielzeug ankomme, dass er arbeiten darf. Arbeiten heißt für ihn, das ist das tollste Spiel in meinem Leben. Deswegen ist er auch so aufgeregt. Und was wir jetzt machen, wir schicken ihn einfach los und schauen einfach mal, ob er was findet. Er sucht selbstständig das Gebiet ab. Wir können ihn ein kleines bisschen dirigieren. Und wenn er was findet, würde er sich davorsetzen.“

Das Stichwort für Zammy ist Check. Wenn er das hört, läuft er wie ferngesteuert los und sucht das Gelände ab. Heute sucht er Kammmolche. Die leben bis zu einem Meter tief in der Erde. Pflanzen suchen, sei für Zammy aber viel leichter, weil die nicht weglaufen und meist intensiv riechen.

„Das ist unser nächstes Projekt, was ansteht. Da soll es darum gehen, dass man mit Hunden invasive Pflanzen aufspüren kann und das möglichst, bevor sie blühen. Dann könnten wir die meisten Pflanzen auch selber finden, aber dann ist es häufig zu spät, und sie können sich ausbreiten. Und wir wollen sie finden in einem Stadium, wo man die Pflanze auch noch entfernen kann, oder Maßnahmen einleiten kann.“

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15. August 2021   Themen - Energie-/Umweltpolitik

Die Heuschrecke Mensch ...

Quelle: INFOsperber

Hanspeter Guggenbühl: Das BIP-Wachstum schlägt die Effizienzgewinne und die Natur hat das Nachsehen. © ard/is

Wachstum frisst selbst im «Musterland» Schweiz Naturkapital

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! / 15.08.2021  Wachstumskritiker vertröstet man seit eh damit, dass das Wachstum bald ohne Verschleiss der Natur auskomme. Ein Ablenkungsmanöver.

upg. Als Teil unserer Serie im Gedenken an Hanspeter Guggenbühl übernehmen wir seinen Artikel aus dem Jahr 2005 über das unsinnige Starren auf das Wirtschaftswachstum. Mit aktuellen Zahlen von heute könnte er die falschen Weichenstellungen noch schärfer darstellen. Trotzdem ist das BIP-Wachstum noch immer das oberste Ziel der Wirtschaftspolitik. Alle Beiträge werden als Serie «in memoriam hpg» zusammengefasst und im hier verlinkten Dossier vereint.


Das BIP-Wachstum ist weder «qualitativ» noch «nachhaltig»

Wir brauchen mehr Wirtschaftswachstum, um den Umweltschutz zu finanzieren, predigen die Regierungen der meisten Industriestaaten. Dabei übersehen sie einen einfachen Zusammenhang. Je mehr die Wirtschaft wächst, desto stärker schrumpft tendenziell das Kapital der Natur in Form von nicht erneuerbaren Ressourcen, und desto stärker wird die Umwelt mit Abfällen, Klimagasen und Landversiegelung belastet. 

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10. September 2021   Themen - Energie-/Umweltpolitik

Befürchtungen von Auswirkungen der Douglasie auf die Waldbiodiversität: Eine Literaturübersicht

Quelle: Forschungsanstalt für Wald Schnee und Landschaft (WSL), Schweiz

Die Douglasie ist eine häufig diskutierte Baumart im Zusammenhang mit den zu erwartenden waldbaulichen Anpassungen an den Klimawandel. Der Naturschutz befürchtet durch das Einbringen einer florenfremden Baumart negative ökologische Auswirkungen, wie zum Beispiel die unkontrollierte Ausbreitung der Douglasie, Konkurrenz mit und Gefährdung von einheimischen Arten oder das Auftreten von neuen Schädlingen und Pathogenen.

Die Grundlagen für eine naturschutzfachliche Bewertung der Douglasie sind zurzeit aber begrenzt. Die vorliegende Literaturstudie hat deshalb das Ziel, das aktuelle Wissen über die Auswirkungen der Douglasie auf die Biodiversität und die Lebensräume im Wald zusammenzufassen und Wissenslücken und Forschungsbedarf aufzuzeigen.

Zum WSL-Bericht der Eigenössischen Forschungsanstalt 
Tobias Tschopp
Rolf Holderegger
Kurt Bollmann

08. August 2021   Themen - Energie-/Umweltpolitik

Der Klimawandel und die Zerstörung der Regenwälder

Kommentar: Ulrich Engelke, Dipl.-Ing. Umwelttechnik

am 7.08.2021 um 13:07 Uhr

Die Entwaldung ist m. E. der zweitgrößte Treiber beim Klimawandel, ein Fakt, der von der Klimawissenschaft massiv unterschätzt wird. Es geht dabei nicht nur um die (bekannte) Freisetzung von Kohlendioxid bei der Entwaldung, sondern um eine physikalische Wirkung, die den etwas sperrigen Namen «Evapo-Transpiration» trägt.

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages (und diverse andere Quellen ähnlich) geben die Kühlung der Erdatmosphäre durch Wasserverdampfung (Evapo-Transpiration) mit 23% an, vergl. Bild Seite 6:
https://www.bundestag.de/resource/blob/805260/53df18dcfba9e0b515f8c56d495fb4a1/WD-8-014-20-pdf-data.pdf

Abzüglich der Direktreflexionen (der Sonneneinstrahlung) beträgt die Wasserdampfkühlung der Erde/Erdatmosphäre sogar 33% (23%/0,7), macht also einen enormen Anteil aus. Und ich befürchte, dass Entwaldung dazu führt, dass der Wasserkreislauf von Regen, Versickerung und (Wieder-) Verdampfung durch Bäume reduziert wird. Das würde die Kühlung der Erdatmosphäre verringern.

Erstaunlicherweise wird seitens renommierter Stellen behauptet, mehr Wasserdampf in der Atmosphäre würde den Treibhauseffekt verstärken. Das trifft zwar marginal zu, m. E. ist die Kühlwirkung jedoch erheblich größer. Eine quantitative Betrachtung habe ich dazu durchgeführt. Normales Ingenieurwissen (mit ein wenig Interesse an numerischer Mathematik) reicht dafür völlig aus.


 Quelle: InfoSperber

Appetit der reichen Länder führt zu Abholzung

von Luigi Jorio / Swissinfo.ch / 7.08.2021  Die Zerstörung der Regenwälder schreitet ungebremst voran. Treiber ist auch die hohe Nachfrage nach Kakao, Kaffee oder Rindfleisch.

«Es ist einfach, mit dem Finger auf Bauern, Förster und Länder zu zeigen, in denen die Abholzung stattfindet, und zu hoffen, dass sie damit aufhören», sagt Daniel Moran, Forscher an der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie, im Gespräch mit der Website «Carbon Brief». «Aber sie reagieren nur auf die Impulse des globalen Markts. Wir kaufen ihr Soja als Futtermittel für unsere Hamburger und Lachse und ihr Palmöl als Zutat in unseren Lippenstiften.»

Während die bewaldeten Flächen in den Industrieländern – einschliesslich der Schweiz – generell zunehmen, schreitet die Abholzung in den Ländern des Südens ungebremst voran. Paradoxerweise hat sich die Zerstörung der Tropenwälder seit 2014 verstärkt. Damals hatten sich Dutzende von Regierungen, Unternehmen und Organisationen dazu verpflichtet, die Waldzerstörung zu reduzieren.

Die kommerzielle Landwirtschaft verursacht mehr als die Hälfte des Waldverlusts. Und die meisten landwirtschaftlichen Umwandlungen in Nutzfläche erfolgen unter Verletzung nationaler Gesetze und Vorschriften.

Millionen Hektar jedes Jahr verloren

Allein im Jahr 2020 haben die tropischen Gebiete 12,2 Millionen Hektar Wald verloren. Das zeigen die neuesten Daten, die von der University of Maryland in Zusammenarbeit mit Global Forest Watch veröffentlicht wurden. Davon betreffen 4,2 Millionen Hektar Primärwälder – das entspricht der Fläche der Schweiz. Dies ist ein Anstieg von 12 Prozent im Vergleich zu 2019. Primärwälder sind Ökosysteme, die für die CO2-Bindung und die Artenvielfalt besonders wichtig sind.

Quelle: World Resources Institute © Grafik: swissinfo.ch

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