Innen-/Außenpolitik

26. August 2020   Themen - Innen-/Außenpolitik

Politische Willkür: Attacke auf ATTAC - Bundesregierung (Schäuble CDU) hat mitgemischt

Aus: Ausgabe vom 24.08.2020, Seite 1 / Titel

Ohne die Einmischung der Bundesregierung hätten Globalisierungskritiker den Status der Gemeinnützigkeit behalten

Von Ralf Wurzbacher

Der Fall war schon fast erledigt – dann funkte Wolfgang Schäuble (CDU) noch dazwischen. Im Mai 2017 erreichte den Leiter der Steuerabteilung in Hessens Finanzministerium eine Ansage von ganz weit oben.

Wenige Tage später wäre die Einspruchsfrist zu einem Urteil des Hessischen Finanzgerichts (HF) vom 10. November 2016 abgelaufen. Darin hatten die Kasseler Richter dem globalisierungskritischen Netzwerk ATTAC den Status der Gemeinnützigkeit bestätigt. Der Bundesregierung passte das nicht, und sie intervenierte auf den letzten Drücker: Das Frankfurter Finanzamt sei »anzuweisen«, gegen den HF-Entscheid der Nichtzulassung einer Revision »Beschwerde« beim Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen.

So steht es in einem Brief aus dem damals von Schäuble geführten Bundesfinanzministerium (BMF), den am Donnerstag die Initiative »Frag Den Staat« auf ihrer Webseite publik gemacht hat.

Gegen die Herausgabe des Dokuments auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes hatte sich das Ministerium lange gewehrt.

Einer umfassenden Akteneinsicht, wie sie auch ATTAC beantragt hat, verweigert es sich bis heute.

Das erhärtet nur den Verdacht, dass in der Angelegenheit nicht streng juristisch, sondern mit politischer Willkür verfahren wurde.

Der Durchgriff Berlins jedenfalls hatte gravierende Konsequenzen: Anfang 2019 hob der Bundesfinanzhof den HF-Beschluss auf, ein Jahr später bejahten im zweiten Rechtsgang auch die Kasseler Finanzrichter die Aberkennung der Gemeinnützigkeit von ATTAC – nicht aus Überzeugung, sondern wegen der engen Vorgaben des BFH.

Wie ATTAC-Sprecherin Frauke Distelrath am Freitag gegenüber junge Welt erklärte, »wussten wir schon länger, dass es eine Weisung aus Berlin gab«. Mit ihrer Veröffentlichung sei jetzt aber klargeworden, dass sowohl die hessische Landesregierung als auch das Finanzamt Frankfurt den Streit beilegen wollten. Letzteres hatte dem Trägerverein im Frühjahr 2014 die Gemeinnützigkeit mit der Begründung entzogen, ATTAC agiere zu politisch, etwa mit dem Einsatz für eine Finanztransaktions- oder eine Vermögenssteuer. »Ohne die Einmischung hätten wir wieder als gemeinnützig gegolten und heute weniger Schwierigkeiten, Spenden zu sammeln, Kampagnen zu finanzieren und Kongresse auf die Beine zu stellen«, beklagte Distelrath. »Außerdem wären dann auch die ganzen anderen Angriffe gegen zivilgesellschaftliches Engagement ausgeblieben.«

Tatsächlich war der BFH-Spruch eine Art Einfallstor für die Mächtigen im Bestreben, politisch missliebige Projekte und Bewegungen in ihrer Arbeit zu behindern und finanziell in Bedrängnis zu bringen. Ohne das Label Gemeinnützigkeit können keine Spendenbescheinigungen ausgestellt werden, wodurch die Beträge steuerlich absetzbar werden. Vor zehn Monaten erkannte das Finanzamt Berlin der Bürgerbewegung Campact den Status aufgrund »überwiegend allgemeinpolitischer Tätigkeit« ab und stützte sich dabei auf die BFH-Argumentation. Wie es heißt, sollen die beiden Plattformen Change.org und Open Petition ebenfalls auf dem Index stehen.

Für Empörung sorgt derzeit auch der Verlust des Status der Gemeinnützigkeit für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), wobei dies mit einer unterstellten »extremistischen« Gesinnung gerechtfertigt wird. Völlig selbstverständlich tragen das Etikett dagegen die neoliberale Bertelsmann-Stiftung, die sich auf die Schleifung des Sozialstaats kapriziert, oder der deutsche Jagdverband (DJV), der kommerziell mit Wildtierpelzen handelt. Immerhin ist im Fall ATTAC das letzte Wort noch nicht gesprochen. Distelrath kündigte an: »Wir gehen damit bis vors Bundesverfassungsgericht.«


16. Juli 2020   Themen - Innen-/Außenpolitik

DIE LINKE: Verfassungsschutzbericht 2019 hinkt der Entwicklung hinterher

Quelle: Deutschlandfunk

Der in Berlin vorgestellte Verfassungsschutzbericht kommt nach Angaben von Linken-Politikerin Martina Renner zu spät. So habe sich der rechtsextreme Anschlag in Hanau erst nach der Erstellung ereignet. Für die Politik sei der Bericht keine geeignete Arbeitsgrundlage mehr, sagte Renner im Dlf.

Martina Renner im Gespräch mit Jasper Barenberg  

Das Interview in voller Länge: 

Jasper Barenberg: Jetzt haben wir dieses Zahlenwerk präsentiert bekommen, wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Martina Renner: Zuerst einmal: Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sowohl der Verfassungsschutz wie der Innenminister jetzt noch mal deutlich hervorgehoben haben, dass vom Rechtsterror derzeit die größte Gefahr ausgeht. Zuletzt, Sie haben es verfolgt die Woche, der Generalbundesanwalt, der noch mal klargestellt hat, dass das Oktoberfest-Attentat auch aus rechter Motivation heraus erfolgt ist.

Das sind alles Dinge, die hart erkämpft wurden in den letzten Jahren, durch investigative journalistische Arbeit, durch Druck in den Parlamenten, endlich klar zu sagen, wo die größte Gefahr für Demokratie und Menschenwürde in diesem Land derzeit herkommt.

Und zum zweiten, was man, glaube ich, auch zu diesem Bericht sagen muss: So wichtig er ist, auch für die politische Auseinandersetzung, er kommt zu spät, wenn wir im Juli über die Ereignisse des Vorjahres reden und seitdem zum Beispiel der Anschlag in Hanau passiert ist, oder die ganze Debatte um rechte Umtriebe im Kommando Spezialkräfte, und Ähnliches mehr. Er ist immer hinter der Lage. Er ist eigentlich auch für die Politik nicht wirklich eine geeignete Arbeitsgrundlage, weil er im Kern oftmals überhaupt nicht mehr die aktuelle Situation reflektiert.

Barenberg: Da müssen Sie mir noch mal weiterhelfen, bei dieser letzten Bemerkung. Was meinen Sie damit? Da wird ja kontinuierlich geprüft und irgendwann gibt es einen Termin für einen Bericht, einmal im Jahr. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?

Renner: Ich kann noch mal auf den Bericht 2018 abstellen. Da fehlte zum Beispiel Combat 18, mittlerweile verboten, dieses militante bewaffnete Rechtsterror-Netzwerk. Da fehlte diese Struktur in Mecklenburg-Vorpommern, Nordkreuz, die sich aufmacht, den politischen Gegner umzubringen und dazu Waffendepots angelegt hat und Schießtrainings durchgeführt hat. Und so ist es jetzt wieder! Jetzt sind bestimmte Sachen aufgenommen inzwischen, aber seitdem gibt es ja weitere Entwicklungen.

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12. Juli 2020   Themen - Innen-/Außenpolitik

Mobbing gegen linke Parteigrößen – beim Umgang mit Corbyn fallen einem zwangsläufig deutsche Parallelen ein

Ein Artikel von Diether Dehm |21. April 2020 um 11:30

Diether Dehm, MdB der Linkspartei, hat sich bei der Konfrontation mit den üblen Machenschaften der Labour-Rechten gegen den ehemaligen Vorsitzenden Corbyn an ähnliche Vorgänge in Deutschland erinnert.

Mit Recht. In Ergänzung des Beitrages von Jens Berger zum Vorgang in Großbritannien folgt hier nun der Text von Diether Dehm. (Albrecht Müller.)

Mobbing gegen linke Parteigrößen – Theorie ohne Verschwörung?
Zu Corbyn, Wagenknecht, Lafontaine, Brandt und Nachfolgenden. Von Diether Dehm.

Anderthalb Jahre nach seinem sensationellen Wahlerfolg bei der „Willy-Wahl“ (SPD: 45,8 % bei 91 % Wahlbeteiligung) trat Willy Brandt 1974 bei der Guillaume-Affäre zurück. Spekulationen über Nutznießer und Betreiber innerhalb der SPD wurden damals noch als Spinnerei von Jusos & Co beiseite gewischt. Nebst verstörender Nachfragen: War der aufgedeckte MfS-Spion im Kanzlerumfeld für den Brandt-Sturz tatsächlich der einzige Grund? Seit wie lange zuvor war Guillaume eigentlich bereits aufgedeckt gewesen? Und konnte weitermachen? Wie ausschlaggebend war das ständige Medienfeuer auf den Springer- wie BND-seits verhassten Regierungschef? Und wer transportierte Abfälligkeiten gegen Brandt aus dem inneren Kanal des SPD-Apparats, etwa von Wehner, an BILD, Burda und Co?

Und: war da nicht noch im kleinsten SPD-Führungskreis zeitnah ein Treffen mit Brandt in einem Kloster bei Bonn gewesen? (Worüber dessen Vertrauter Horst Ehmke später oft berichtete.)

Wo Helmut Schmidt saß und wo Wehner mittels heimlich in einem Zugabteil geknipster Intimfotos (Brandts mit einer bekannten, linken Journalistin) den Druck auf Willy Brandt erhöht haben soll? Woher stammten die delikaten Fotos, die in Bonn kursierten? Gab es gar ein Zusammenspiel von Geheimdiensten und rechten SPD-Flügellisten in der „Baracke“ – gegen ihren eigenen Parteivorsitzenden? Oder sind das alles nur Fakenews?

Wo der Historiker Erich Schmidt-Eenboom, einer der bedeutendsten Kenner der Geheimdienstszene, den Einfluss der CIA und des BND von Hitlers Ex-Spionagechef Reinhard Gehlen auf Medien in einem Buch publizierte, ging es um 230 QualitätsjournalistInnen (vorzugsweise um linksliberale!). Und es hagelte Abmahnungen. Sogar dem Flaggschiff des Qualitätsjournalismus, der ZEIT-Chefin Marion Gräfin Dönhoff, hatte Schmidt-Eenboom schnöde BND-IM-Dienste unterstellt.

Und am Ende durfte er seine Vorwürfe in den Buchauflagen ungeschwärzt erhalten. Was sein Buch („Undercover – wie der BND die deutschen Medien steuert“) seit 1998 zu lernen aufgibt, bleibt genauso aktuell: Geheimdienste und rechte Journaille brauchen in linken Zusammenhängen immer „linke“ Zulieferer und „linke“ Infostellen zum andocken.

Hätte Oskar Lafontaine vor 1998 Kandidat und Kanzler werden wollen, kein Kohl allein und schon gar kein Schröder hätten ihn wohl aufhalten können.

Die Basis liebte „den Oskar“. Und zudem: Als Parteivorsitzender hatte er Zugriffsrecht. Aber dieselben medialen Kräfte, deren heimliches Zusammenspiel mit SPD-Finanzmarktfreunden bereits dem glücklosen Rudolf Scharping zum Parteivorsitz verholfen und 1990 das Attentatsopfer Lafontaine zusätzlich demontiert hatten, trieben vor der Kanzler-Nominierung mit einem beispiellosen „Pro-Schröder-Mix“ aus Demoskopie und Demagogie den eigentlichen Liebling Lafontaine in die Resignation. Bis dieser dann staatsmännisch Schröder den Vortritt ließ.

Im vermeintlichen Gegenzug überließ ihm Kanzler Schröder – in scheinfreundschaftlicher Verbundenheit – das gewünschte Finanzministerium. Ermunterte aber gleichzeitig interne Demontierer, wie seinen neuen Kanzleramtschef Bodo Hombach, Medien dauerhaft mit Unappetitlichkeiten gegen den Finanzminister zu befüttern.

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16. Juli 2020   Themen - Innen-/Außenpolitik

Bundeskanzlerin besucht bayrischen Machthaber

Quelle: dpo

Obwohl die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Bayern als nicht immer einfach gelten, schienen sich Merkel und Söder blendend zu verstehen. Das Bild zeigt die beiden mit ihren jeweiligen Dolmetschern in einer angeregten Unterhaltung.
Der bayerische Machthaber versuchte, die Bundeskanzlerin mit einem Besuch im prunkvollen Schloss Herrenchiemsee zu beeindrucken. Der Plan schien aufzugehen: Merkel zeigte sich angetan von der exotischen Kultur des katholischen Bauernstaats.

Bei den Gesprächen ging es unter anderem um die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern sowie wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit in Zeiten der Coronakrise.
Kritiker monieren allerdings, dass die Merkel die Chance versäumt hat, Demokratiedefizite im Land ihres Gastgebers anzusprechen, dessen Partei bereits seit 63 Jahren ohne Unterbrechung regiert. Auch die Unterdrückung der preußischen Minderheit in Bayern kam nicht zur Sprache.
Schon heute Abend endet der Staatsbesuch. Dann wird die Bundeskanzlerin wieder die Heimreise nach Deutschland antreten.
ssi, dan; Foto oben: picture alliance / AP Photo

06. Juli 2020   Themen - Innen-/Außenpolitik

DIE LINKE. im Europaparlament: Plenarfokus Juli 2020

Delegation DIE LINKE. im Europaparlament

Beitrag: Daniel Josten, Lokalassistent von Martin Schirdewan, MdEP (DIE LINKE)
Ko-Fraktionsvorsitzender Linksfraktion GUE/NGL,
Europabüro Martin Schirdewan, MdEP

 

Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments
8. - 10. Juli 2020, Brüssel

 Zur online Version hier

Pressekonferenz
der Ko-Vorsitzenden der Linksfraktion GUE/NGL:
Martin Schirdewan (DIE LINKE.) und  Manon Aubry (La France Insoumise)
Mittwoch, 8. Juli 2020, 11:00 Uhr
Livestream


- MdEP Martin Schirdewan, Ko-Vorsitzender der EP-Linksfraktion GUE/NGL:
‚Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des deutschen Ratsvorsitzes‘
Aussprache am Mittwochnachmittag, 8. Juli 2020, ab 14:15 Uhr

„Die Herausforderungen vor denen die Europäische Union steht, wurden nicht durch die Corona-Pandemie ausgelöst, sondern nur verschärft. Die deutsche Ratspräsidentschaft muss die Probleme angehen, nicht im Interesse der Multis und Mega-Reichen sondern zum Wohl aller Europäerinnen und Europäer: Es braucht eine Beendigung der Spar- und Kürzungspolitik, ein in Kraft setzen des allgemeingültigen Menschenrechts an den Außengrenzen der EU und die Verhinderung eines Dumping-Wettstreits mit Großbritannien.“


- MdEP Martina Michels, Sprecherin der Delegation:
‚Die Bedeutung der Kohäsionspolitik im Rahmen der Bekämpfung der sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie - Anfrage des REGI-Ausschusses zur mündlichen Beantwortung durch die EU-Kommission‘
Aussprache am Freitagvormittag, 10. Juli 2020, ab ca. 11:00 Uhr

„Parlamentarier*innen fordern einen Fahrplan für Kohäsionspolitik nach Corona: Zu Beginn der Corona-Krise hat die EU-Kohäsionspolitik Hilfsgelder mobilisiert. Regeln wurden gelockert, um schnell in öffentliche Gesundheitssysteme, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und soziale Maßnahmen zu investieren. Inzwischen wird über einen Wiederaufbauplan debattiert, mit dem die Krise überwunden werden soll. Deshalb sollten sich die Strukturfonds nun wieder und verstärkt ihrem Kernziel widmen: Die Lebensverhältnisse in der EU anzugleichen. Dazu müssen im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) genug Fördermittel eingestellt und die Förderregeln für die Zeit ab 2021 endlich beschlossen werden. Dafür fordern die Regionalpolitiker*innen im EP einen konkreten Fahrplan von der Kommission. Sie schlagen außerdem eine Kohäsionsnotreserve vor; und eine längerfristige Ausnahme vom Stabilitäts- und Wachstumspakt, damit öffentliche Investitionen in die regionale Entwicklung nicht auf die Staatsverschuldung angerechnet werden.“


- MdEP Özlem Alev Demirel, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Delegation:
‚Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des deutschen Ratsvorsitzes‘
Aussprache am Mittwochnachmittag, 8. Juli 2020, ab 14:15 Uhr

„Diese Präsidentschaft muss soziale Sicherheit und Gerechtigkeit als Prioritäten haben. Wir begrüßen daher die Initiative der Kommission für faire Mindestlöhne und fordern die Bundesregierung auf, einen verbindlichen europäischen Rechtsrahmen für armutsfeste Mindestlöhne, sowie höhere und bessere Tarifbindungen voranzubringen. Denn für einen höheren Mindestlohn wird aktuell nicht nur in Deutschland, sondern fast überall in Europa gestritten. Das Ergebnis dieser Kämpfe führte dazu, dass nun auf EU-Ebene über den Mindestlohn diskutiert wird. Als verbindliches Kriterium für eine EU-Initiative fordern wir eine Mindestgrenze oberhalb der relativen Armutsschwelle von 60 Prozent des nationalen Brutto-Median-Lohns. Auf dieser Bemessungsgrundlage liegt der deutsche Mindestlohn im EU-Vergleich, mit lediglich 46 Prozent des Medianlohns im unteren Drittel. Auch mit der in der letzten Woche angekündigten gestaffelten Erhöhung bleibt der Mindestlohn in Deutschland unterhalb der Armutsschwelle. Darüber hinaus muss die soziale Frage in den Fokus der Präsidentschaft gerückt werden. Spardiktate und Sozialkürzungen dürfen nicht die Folge der milliardenschweren Rettungspakete sein. Unternehmen, die EU-Gelder und öffentliche Gelder oder Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen, sollten verpflichtet werden, Arbeitsplätze zu erhalten. Leider sind Airbus oder Lufthansa negative Beispiele, die den Handlungsbedarf hier deutlich zeigen.“


- MdEP Özlem Alev Demirel, friedenspolitische Sprecherin der Delegation:
‚Stabilität und Sicherheit im Mittelmeer und die negative Rolle der Türkei‘
Debatte am Donnerstagvormittag, 9. Juli 2020,, ab ca. 10:30 Uhr

„Die Entwicklungen im Ostmittelmeer, explizit in Libyen, sind besorgniserregend. Die militarisierte Außenpolitik der Türkei verschärft zudem die Gemengelage und hat vielschichtige Gründe: Die Türkei leidet unter der Regierung Erdoğan derzeit nicht nur unter hoher Inflation, einer massiven Wirtschaftskrise und der Pandemie, sondern schlittert auch politisch von Krise zu Krise. Daher ist es heute sehr wichtig, dass Waffenexporte in die Region effektiv verhindert und die Bestrebungen zur politischen Lösung seriös umgesetzt werden.“


- MdEP Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin der Delegation:
‚Überarbeitung der Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur‘
Abstimmung am Freitagvormittag, 10. Juli 2020, ab ca. 10:30 Uhr

„Der Ausbau erneuerbarer Energien ist vielerorts ins Stocken geraten, nicht zuletzt aufgrund fehlender Kapazitäten zur Energiespeicherung. Statt sich dieser Herausforderung zu stellen, setzen viele Staaten als Übergangslösung auf Erdgas, das ebenfalls ein klimaschädlicher fossiler Brennstoff ist und deshalb keine Lösung sein kann. Der vermehrte Erdgasabbau ist daher nicht mit der klima- und ressourcenpolitischen Ausrichtung der EU vereinbar und sollte deshalb kritisch betrachtet werden. Wenn wir das Problem progressiv angehen wollen, müssen alle Interessensgruppen und die Zivilgesellschaft berücksichtigt und aktiv mit einbezogen werden. Dabei geht es nicht nur um eine deutliche Erhöhung der Kapazitäten zur Energiespeicherung, sondern auch um eine Öffnung der Stromnetze um Eigenenergieproduzenten wirtschaftlich zu unterstützen. Der Ausbau grüner Energien ist entscheidend um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen und sollte daher europaweit verfolgt werden.“


- MdEP Cornelia Ernst, innenpolitische Sprecherin der Delegation:
‚Verstärkung des Prozesses zur Integration der Roma in Europa in den nächsten zehn Jahren‘
Aussprache am Donnerstagnachmittag, 9. Juli 2020, ab ca. 15:30 Uhr

„Viele Sinti und Roma in der Europäischen Union müssen noch immer unter prekärsten Umständen leben und Rassismus ihnen gegenüber ist noch immer regelmäßig anzutreffen. Mit dem Corona-Ausbruch hat sich die Situation für viele drastisch verschlechtert. Fehlender Zugang zu Trinkwasser und Diskriminierung im Gesundheitswesen hatten und haben fatale Folgen. Aufgrund von rassistischen Vorurteilen wurden Roma sogar mancherorts für lokale Infektionen verantwortlich gemacht. Es ist höchste Zeit, dass die EU verbindliche Schritte ergreift, um die vollständige Gleichstellung der Sinti und Roma in allen Staaten der EU zu erreichen."


- MdEP Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Delegation:
‚Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des deutschen Ratsvorsitzes‘
Aussprache am Mittwochnachmittag, 8. Juli 2020, ab 14:15 Uhr

„Diese Ratspräsidentschaft muss die EU-Handelspolitik grundlegend neu ausrichten. EU-Handelskommissar Phil Hogan hat gerade eine öffentliche Konsultation gestartet, wie die EU-Handelspolitik überarbeitet werden sollte. Bis Mitte September sind Bürger*innen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Parlamente und andere Interessensträger*innen aufgefordert, sich schriftlich einzubringen. Im Dezember will Phil Hogan dann seine neue Handelspolitik präsentieren. Die deutsche Ratspräsidentschaft muss dafür sorgen, diese Gelegenheit für eine grundlegende Reform zu nutzen. Wir können nicht mit einer Politik weitermachen, die lediglich auf Profit und Wachstum für europäische Unternehmen ausgerichtet ist und nicht auf den Schaden achtet, der dadurch an Umwelt, Klima und Lebensbedingungen verursacht wird. COVID-19 geht auf den Verlust an Artenvielfalt zurück. Gerade erst hat eine Studie des Handelsausschusses nachgewiesen, dass die EU-Handelspolitik maßgeblich zu diesem Verlust beigetragen hat. Der Amazonaswald brennt, weil schon die Aussicht auf das EU-Mercosur Handelsabkommen zu massiver Brandrodung führt. Analog trifft das auch für Handelsabkommen Brasiliens mit anderen Handelspartnern zu. Diese Abkommens-Logik muss beendet werden. Es ist höchste Zeit, die Aufgabenstellung von Handelspolitik zu ändern. Wir brauchen eine Unterstützung für die Umsetzung der UNO-Nachhaltigkeitsziele, eine Förderung des sozial-ökologischen Umbaus in der EU und in anderen Regionen der Welt, wir brauchen Handelspartnerschaften, die aufbauen statt ausbeuten.“


- MdEP Helmut Scholz, nachbarschaftspolitischer Sprecher der Delegation:
‚Situation in Belarus‘
Debatte am Donnerstagvormittag, ab ca. 10:30 Uhr

„Seit Mai 2020 verschlechtert sich die Menschenrechtssituation in Belarus weiter und die Zahl der Fälle von Repressionen nimmt vor dem Hintergrund der anstehenden Präsidentschaftswahl am 9. August besorgniserregend zu. Laut Menschenrechtsaktivist*innen wurden 238 Personen inhaftiert, darunter auch Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen, und physische Gewalt und Folter gegen Inhaftierte verübt. Bedenklich ist auch, dass die belarussischen Behörden Empfehlungen der WHO und der UNO zur Bekämpfung des Corona-Virus seit Ausbruch der Pandemie ignorieren und auch deshalb offensichtlich die Zahl der Infizierten exponentiell angestiegen ist. DIE LINKE im EP fordert die Freilassung aller inhaftierten Oppositionellen, Chancengleichheit für alle Teilnehmer*innen des Präsidentschaftswahlkampfes zu schaffen, unabhängige Wahlbeobachter*innen zuzulassen und eine transparente und faire Auszählung der abgegebenen Stimmen zu gewährleisten. Dringlich notwendig erscheint in der jetzigen Situation eine breite und offene, demokratische Aussprache über die Neuausrichtung der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes mit allen Bürger*innen und gesellschaftlichen Strukturen."

 

 

30159 Hannover

 

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