Innen-/Außenpolitik
Schreiben Sahra Wagenknechts an die Kanzlerin Angela Merkel zur Griechenland-Politik der Bundesregierung
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Europa ist in schlechter Verfassung. Überall zahlen die fleißigen Normalverdiener die meisten Steuern und die wirklich Reichen drücken sich. Viele Arbeitnehmer können von ihrem Job nicht mehr gut leben. Auch in Deutschland. Nach einem harten Arbeitsleben droht oft eine dürftige Rente. Aber die Vermögen der Millionäre sind hoch wie nie. In ganz Europa haben die Staaten hohe Schulden, weil sie verantwortungslosen Bankern und Spekulanten die Verluste abgenommen haben.
Besonders hoch sind die Schulden des griechischen Staates.Eine korrupte politische Klasse hat sich hier gemeinsam mit griechischen Oligarchen und den internationalen Banken über viele Jahre schamlos bereichert. Besonders seit Einführung des Euro wurde Party gefeiert. Viele kleinere und mittlere Unternehmen dagegen hat die neue Währung, die für Griechenland viel zu hart war, vom Markt gefegt.
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Skepsis bei Wirtschaftsexperten: Reformvorschläge aus Athen reichen nicht aus 10.07.15 – 01:31 min Mediathek Skepsis bei Wirtschaftsexperten Reformvorschläge aus Athen reichen nicht aus
2010 war Griechenland pleite. Es war schon damals klar, dass es seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Trotzdem haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, 2010 die Weichen dafür gestellt, dass Deutschland und die anderen Euroländer die Haftung für die griechischen Schulden übernommen haben. Sie haben damit Banken und Hedge Fonds vor Milliardenverlusten bewahrt. Für die europäischen Steuerzahler dagegen, die nie gefragt wurden, war diese Entscheidung ein fataler Fehler. Es war von vornherein klar, dass ein großer Teil unseres Geldes verloren sein wird. Zusammen mit anderen Abgeordneten der Linken habe ich Sie damals im Bundestag darauf hingewiesen. Sie wollten das nicht hören.
Mittlerweile hat Deutschland in Griechenland über 60 Milliarden Euro im Feuer. Weil Sie, Frau Bundeskanzlerin, Ihren Fehler nicht eingestehen wollten, wurden immer neue Kredite vergeben, um Griechenland zu ermöglichen, damit alte Schulden zu bezahlen. So wurde der Schein der Zahlungsfähigkeit aufrechterhalten. Bei einem Unternehmen würde man so etwas Konkursverschleppung nennen. Verbunden wurden die Kredite mit Auflagen, die Griechenland noch tiefer in die Krise geführt haben. Die kleinen Leute haben gelitten, die griechischen Oligarchen wurden noch reicher.
Heute wird in Griechenland 25 Prozent weniger produziert als im Jahr 2010. Es wird nicht mehr investiert, die junge Generation hat keine Perspektive. Obwohl der griechische Staat seine Ausgaben um fast ein Viertel gekürzt hat, mehr als jedes andere europäische Land, sind die Schulden nicht gesunken. Sie sind höher denn je.
Trotzdem wollten Sie, Frau Bundeskanzlerin, vor dem griechischen Referendum noch einmal 15 Milliarden Euro europäischer Steuergelder dafür einsetzen, dass Athen alte Schulden bezahlen kann. Mit neuen Schulden. Ihre einzige Auflage war, dass die griechische Regierung sich verpflichtet, die Politik der letzten Jahre fortzusetzen.
Auch die Steuerzahler in Deutschland können den Griechen dankbar sein, dass sie diesen Vorschlag mit ihrem souveränen "Nein" vom Tisch gefegt haben. Es ist an der Zeit, dass Sie den Menschen reinen Wein einschenken. Hören Sie auf, immer neues Steuergeld zu verbrennen, um zu verschleiern, dass ein Großteil unseres bereits ausgegebenen Geldes weg ist. Irgendwann kommt die Wahrheit doch auf den Tisch. Je später, desto teurer wird es für uns alle.
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Griechenland braucht kein neues "Hilfspaket", um wieder nur alte Schulden mit neuen Schulden zu bezahlen. Griechenland braucht einen Schuldenschnitt. Es muss zumindest für die nächsten drei bis fünf Jahre von dem Druck befreit werden, Zinsen und Tilgungen zu bezahlen, die es aus eigener Kraft ohnehin nicht zahlen kann. Griechenland braucht auch nicht noch mehr soziale Einschnitte, sondern Investitionen und eine kräftige Vermögensabgabe zulasten seiner Oligarchen. Notwendig ist eine Entflechtung der griechischen Wirtschaft, in der heute etwa 800 steinreiche Familienclans über handfeste Monopole verfügen und die Preise diktieren. Das wären Reformen, die das Land voranbringen würden, aber nicht weitere Rentenkürzungen, Mehrwertsteuererhöhungen und Privatisierungen.
Sie sollten sich erinnern: auch der deutsche Wiederaufbau wurde durch einen großzügigen Schuldenschnitt ermöglicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Deutschland zwei Drittel seiner alten Schulden erlassen. Erst dadurch konnte das Wirtschaftswunder durchstarten. Auch bei den Griechen hatten wir damals Schulden, die nie zurückgezahlt wurden.
Frau Bundeskanzlerin, ändern Sie Ihre Politik. Bevor es zu spät ist.
Wer oder Was ist - X-KEY-SCORE -
XKeyscore (XKS) ist eine Spionagesoftware des US-Amerikanischen Nachrichtendienstes NSA. Die brasilianische Zeitung "O Globo" und die australische Tageszeitung "The Sidney-Morning-Herald" veröffentlichten bereits am 8. Juli 2013 erstmals Informationen und Details zur Existenz und Funktionsweise des Systems. Den Berichten liegen Dokumente von Edward Snowdon zugrunde. (Wikipedia)
Dazu ein Artikel aus Spiegel.online.Netzwelt vom 02.07.2015 von Christian Stöcker
Die Zeit des Leugnens und Herausredens ist endgültig vorbei. Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hat am Mittwoch Dokumente veröffentlicht, die klar belegen, dass der US-Geheimdienst NSA und seine Verbündeten vom britischen GCHQ deutsche Spitzenpolitiker und Beamte abgehört haben, und zwar zum Teil seit Jahrzehnten. In den vergangenen Jahren ist immer wieder versucht worden, Zweifel zu säen am Bericht des SPIEGEL, dass die NSA Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hat. Merkel kann jetzt selbst überprüfen, ob es stimmt, dass Spione ihre Gespräche belauschten - denn an die Unterhaltung mit ihrer persönlichen Assistentin vom 11. Oktober 2011, deren Zusammenfassung man nun bei WikiLeaks nachlesen kann, erinnert sie sich vermutlich.
Das sollte auch den Generalbundesanwalt freuen, der das Verfahren wegen der abgehörten Kanzlerin kürzlich eingestellt hatte. Schließlich muss er Merkel nur fragen, ob das Gespräch so stattgefunden hat, um endlich einen klaren Beweis für die Abhöraktion zu haben.
Spätestens jetzt ist klar, dass Briten und Amerikaner europäische Politiker und Unternehmen gründlich ausforschen, und es bleibt weiterhin zu hoffen, dass das endlich politische Konsequenzen haben wird.
Doch ungleich skandalöser ist und bleibt etwas anderes.
Die Enthüllungsseite "The Intercept" hat, hierzulande überlagert von den neuen WikiLeaks-Veröffentlichungen, gestern einen gewaltigen Fundus aus neuen Dokumenten über das wohl wichtigste Werkzeug der Überwacher aus dem Westen veröffentlicht, ein System, dessen Existenz dank Edward Snowden schon seit knapp zwei Jahren bekannt ist. XKeyscore ist gewissermaßen die komfortable Benutzeroberfläche der Überwachungsmaschinerie der NSA.
Spione mit Zugriff auf dieses System sind in der Lage, etwa auf Basis einer E-Mail-Adresse nahezu beliebige Informationen über beliebige Internetnutzer herauszufinden: Welche Fotos haben sie irgendwo in der Cloud abgelegt? Mit wem chatten sie und worüber? Welche Pornovorlieben haben sie? Ganz egal, ob es arabische Terroristen, deutsche Politiker oder irgendwelche unbescholtenen Bürger sind, für die sich der jeweilige Analyst zufällig interessiert.
XKeyscore ist das Super-Google der Five-Eyes-Geheimdienste, das allsehende Internet-Auge, das vermutlich mächtigste Überwachungswerkzeug der Menschheitsgeschichte.
Dass die NSA und ihre Verbündeten ein solches Werkzeug überhaupt nutzen können, liegt daran, dass sie das Netz weltweit unterwandert haben. Glasfaserkabel sind angezapft, schwarze, versteckte Server und Router zweigen Traffic ab und leiten ihn um, speichern Metadaten, aber auch Fotos, Videos, E-Mails und so weiter. Flächendeckend. Nur für den Fall, dass sich in Fort Meade oder einem anderen Stützpunkt mal jemand dafür interessieren sollte.
Den neuen Dokumenten zufolge müssen Analysten keinerlei Hürden nehmen, wenn sie das System zum Ausforschen beliebiger Menschen nutzen wollen. Es gibt zwar nachgelagerte "Überprüfungen", aber die werden Edward Snowden zufolge meist von "Freunden der Analysten" durchgeführt. "Die arbeiten im gleichen Büro, das sind keine Vollzeitkontrolleure, sondern Leute, die auch andere Aufgaben haben."
Mit anderen Worten: Es gibt in Fort Meade und andernorts Menschen, die jederzeit und ohne ernstzunehmende - geschweige denn gerichtliche - Aufsicht einen Blick in privateste Informationen über nahezu jeden Internetnutzer abrufen können, auf Knopfdruck. Nicht nur über Angela Merkel.
Da liegt das Problem, und daran hat sich zwei Jahre nach Snowdens erstem Auftritt rein gar nichts geändert.
Christian Stöcker
Üble Töne aus Regierungskreisen gegen griechische Politiker
Kommentar: Roswitha Engelke
Im Falle Griechenland geht es nicht nur um Geld sondern auch um Prinzipien. Sollte Syriza auch nur etwas Erfolg haben, könnten in Ländern wie Spanien, Portugal und anderswo Wähler auf die Idee kommen ebenfalls eine Linke Regierung zu wählen. Seit dem Amtsantritt von Tsipras fühlt sich die geldgebende neoliberale Orthodoxie gefordert und schlägt zu, koste es was es wolle
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Bundesinnenministerium bestätigt rechtswidrige Speicherung linker AktivistInnen
... „datenschutzrechtlicher Hinweis„
am 27. April 2015, 12:39 in Datenschutz
Das Kürzel „PMK-links-Z„ steht für „Politisch motivierte Kriminalität", gespeichert werden linke AktivistInnen.
Das Dokument (PDF) wurde erst jetzt durch eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz öffentlich und birgt einige Brisanz. Denn daraus geht hervor, dass alle fünf Betroffenenkategorien der beim BKA-Staatsschutz geführten Zentraldatei „PMK-links-Z„ datenschutzrechtliche Mängel aufwiesen. Die nach ähnlichem Muster geführten Dateien „PMK-rechts-Z„ und „PM-Ausländerkriminalität„ dürfte davon ebenfalls betroffen gewesen sein.
Kritik an „gravierendem Verstoß„ heißt jetzt „datenschutzrechtlicher Hinweis„
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Tröglitz: Flüchtlinge nicht erwünscht
Deutschlandfunk
Der Erste Bürger von Tröglitz kann nicht mehr, gibt auf. Weil er sich von Rechtsradikalen bedroht, von Politik und Behörden im Stich gelassen gefühlt. Ein Skandal sondergleichen, der Tröglitz mit einem Schlag ins Rampenlicht zerrt. Doch der Reihe nach.
Ende letzten Jahres erhielt Bürgermeister Nierth die Nachricht, dass seine Gemeinde 50 Flüchtlinge aufnehmen soll. Dem 46-Jährigen war nach eigenem Bekunden von Anfang an nicht wohl bei diesem Gedanken, herrscht in Tröglitz doch ein vergleichsweise hoher Anteil an Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern. Wie soll man die Flüchtlinge integrieren, fragte er sich wieder und wieder, ohne eine Antwort zu finden.
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