Soziales
Tagesmütter - Urlaub und Krankheitsfall
Wenn Sie als Tagesmutter tätig sind, gelten Sie als selbstständige Freiberuflerin. Für diese ist geregelter Urlaub nicht vorgegeben, sie müssen ihn vielmehr selbst aushandeln. Wenn Sie bislang in angestellter Position tätig waren, wird es Ihnen möglicherweise nicht leicht fallen, so auf Augenhöhe mit Ihren Auftraggebern zu verhandeln.
Begehen Sie keinesfalls den Fehler, das Gefühl der weisungsgebundenen Angestellten mit hinüber in Ihre neue Tätigkeit zu nehmen. Denn vergleichbare Schutzgesetze, wie sie für Arbeitnehmer selbstverständlich sind, existieren für Freiberufler kaum. Deshalb sollten sie die Urlaubs- und Krankheitszeitregelung mit in den Tagesmutter Vertrag aufnehmen. Ihr Vorteil: Sie sind eine von zwei gleichberechtigten Vertragsparteien und müssen sich nicht scheuen, Ihre Bedingungen deutlich zu formulieren.
Einen Betreuungsvertrag aushandeln
Für ein längerfristig angelegtes Betreuungsverhältnis ist es üblich, einen Betreuungsvertrag abzuschließen, der die Rechte und Pflichten beider Vertragspartner festlegt. Im günstigsten Fall machen Sie als Tagesmutter sich schon vor Beginn Ihrer Tätigkeit über Ihre Bedingungen Gedanken und entwerfen ein entsprechendes Vertragswerk. (Alternativ können sie sich hier über Vorlagen informieren).
Überlegen Sie vorher: Wie viel Urlaub werden Sie für Ihre eigene Erholung im Jahr benötigen? Halten Sie die Dauer vertraglich fest, denn nachzuverhandeln kann unter Umständen schwierig werden. Fragen Sie sich auch: Wie halten Sie es mit der Abrechnung? Als Angestellte waren Sie möglicherweise den regelmäßigen Gehaltseingang sowie Urlaubsgeld gewöhnt. Sorgen Sie dafür, dass Sie auch als Freiberuflerin nicht zu kurz kommen.
Vorbild für die Formulierung Ihrer Bedingungen könnte die Vorgehensweise von Kindergärten, Sportvereinen oder Nachhilfestudios sein: Auch hier sind meistens die Ferien durchzubezahlen abzüglich der Getränkekosten und Bastelmaterialien. Mit dieser Argumentation haben Sie gute Karten, auch von den Eltern Ihrer Tagespflegekinder eine Bezahlung Ihrer Urlaubszeit zu erlangen.
Und wenn ich als Tagesmutter mal krank werde?
Eine Fortzahlung des Pflegesatzes im Fall einer Erkrankung Ihrerseits ist erfahrungsgemäß schwerer durchzusetzen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse, inwieweit Ihr Verdienstausfallrisiko durch Krankentagegeld gedeckt ist.
Was Sie nach Möglichkeit organisieren sollten, ist eine Vertretung, die im Krankheitsfall für sie einspringt. Dies sollte im besten Fall eine befreundete Tagesmutter in Ihrer Nähe sein, für die Sie umgekehrt ebenso einspringen, wenn es nötig ist. Sprechen Sie diesen Punkt unbedingt mit den Eltern vor Vertragsabschluss ab, denn die müssen mit einer solchen Regelung natürlich einverstanden sein. Außerdem empfiehlt es sich, die Vetretungs-Tagesmutter hin und wieder mit den Tagespflegekindern zu besuchen, damit diese sich bereits kennen, wenn der „Ernstfall“ eintritt.
Ausbeutung - Arbeitsmigranten in der Fleischindustrie
"Menschen werden verschlissen und entsorgt"
Ein Text von Prälat Peter Kossen
Mein Bruder Florian ist hausärztlich tätiger Internist in Goldenstedt im Landkreis Vechta. Arbeitsmigranten, Frauen und Männer aus Rumänien, Bulgarien und Polen behandelt er täglich in seiner allgemeinmedizinischen Praxis. Sie arbeiten in Großschlachthöfen in Wildeshausen, Ahlhorn und Lohne. Was er sieht und hört, macht ihn fassungslos und zornig. Die Totalerschöpfung der Patientinnen und Patienten ist fast schon alltäglich. Er berichtet: „Viele arbeiten sechs Tage in der Woche und zwölf Stunden am Tag. Sie haben keine Möglichkeit der Regeneration, weil sie durch ihre Arbeits- und Lebensbedingungen ständig physisch und psychisch unter Druck stehen. Daraus resultieren eine ganze Reihe von Krankheitssymptomen: Von Überlastungsschäden im Bereich der Extremitäten und Wirbelsäule über psychovegetative Dekompensationen bis hin zu wiederholten bzw. hartnäckigen Infekten durch mangelhafte hygienische Zustände in den Unterkünften und gesundheitswidrige Bedingungen an den Arbeitsplätzen. Aber auch eine totale körperliche Erschöpfung, wie ich sie in meinen 20 Jahren ärztlicher Tätigkeit vorher selten gesehen habe.“ Mein Bruder berichtet: „Arbeitsunfälle wie Schnittverletzungen sind an der Tagesordnung. Häufig lassen sich die Verletzten aber nicht krankschreiben, weil ihnen vom Arbeitgeber ganz deutlich gesagt worden ist: Wer mit dem gelben Schein kommt, kann gehen. So geschehen bei einer Arbeiterin mit einer ca. 10 cm langen, mit Naht versorgten, Schnittwunde, die sie sich bei der Arbeit zugezogen hatte. Trotz mehrmaligen dringenden Anratens lehnte sie eine Krankschreibung ab.“ Verätzungen am ganzen Körper sieht Florian bei Patienten, die für Reinigungsarbeiten in den Schlachthöfen keine ausreichende Schutzkleidung zur Verfügung haben und zudem unter hohem Zeitdruck arbeiten. Ein Mitarbeiter einer Reinigungskolonne auf einem Großschlachthof in Lohne stellte sich in der Praxis vor, übersät mit ausgeprägtesten Verätzungen am ganzen Körper. Sämtliche Arbeiter der Reinigungskolonne, so berichtete er, hätten ähnliche Verätzungen, da es zwar Schutzanzüge gäbe, diese jedoch defekt und völlig unzureichend wären.
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Niedersachsens Pflegenotstand ist hausgemacht!
Pflegekräfte in Niedersachsen verdienen im Vergleich zu anderen westdeutschen Bundesländern am wenigsten.
"Kein Wunder, dass sie lieber woanders arbeiten", sagt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion die LINKE im Bundestag, zu den Plänen der Koalition in Hannover, eine Enquete-Kommission zur Gesundheitsversorgung in Niedersachsen einzurichten.
Zimmermann weiter: "In Niedersachsen gibt es nicht nur die niedrigsten Gehälter für die Pflege, sondern auch die meisten Privatisierungen von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Der Zusammenhang ist offensichtlich. Kaum eine privatisierte Pflegeeinrichtung bezahlt Tariflöhne. Die gemeinnützigen Einrichtungen werden durch die Dumpingpreise vom Markt verdrängt. So lange die Profite der Investoren und Betreiber auf Kosten der Pflegekräfte erwirtschaftet werden, kann sich am Pflegenotstand nichts ändern.
Die Gesundheitsversorgung in Niedersachsen braucht einen Systemwechsel. Wir brauchen keine weiteren Kommissionen, sondern endlich Taten. Die Probleme sind bekannt, die Lösungen auch. Aber für eine echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften und eine menschenwürdige Pflege braucht es einen starken politischen Willen. Den kann man derzeit nicht erkennen."
Miteinander kämpfen für mehr Menschlichkeit in unserer Gesellschaft
Birgits Assistentin Laura startete daher für sie eine Kampagne auf Change.org, der sich bis heute 57.000 Menschen angeschlossen haben. Diese Woche sind fast 100 von ihnen in einem lautstarken Protest mit Birgit vor die Kreisverwaltung Düren gezogen.
Mit der Unterstützung von 57.000 Menschen im Rücken forderten sie ein würdevolles Leben für Birgit – und gewannen! Unter dem Druck dieser engagierten Bürgerbeteiligung entschuldigte sich der Landrat bei Birgit und sicherte ihr die 18 lebensnotwendigen Assistenzstunden zu ...
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15.01.219 - Bundesverfassungsgericht entscheidet über Sanktionen
1. Bundesverfassungsgericht will am 15. Januar 2019 über Sanktionen entscheiden
Das BVerfG will voraussichtlich am 15. ggf. auch am 16. Januar 2019 über die Verfassungskonformität der SGB II – Sanktionen entscheiden.
Tacheles ist in dem Verfahren, neben weiteren Institutionen, sachverständiger Dritter und hat in der Funktion eine Vorankündigung durch das BVerfG erhalten.
Nachdem über Monate und Jahre beim BVerfG andere Entscheidungen vorrangig bearbeitet wurden, kommen nun die SGB II-Sanktionen dran. Das ist erstmal zu begrüßen.
In Vorbereitung des Verfahrens hat das BVerfG eine Reihe von Dritten um Stellungnahme gebeten, darunter die Wohlfahrts-, Sozialverbände und Gewerkschaften und Tacheles als betroffenenvertretende Organisation, genauso Juristenvereinigungen und juristische Fachbände und die Bundesregierung und ihre Vertreter.
Die dahingehenden Stellungnahmen gibt es hier zum Nachlesen: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/2207/
Die Stellungnahme von Tacheles, in der wir darlegen, warum wir die Sanktionen im SGB II für einen Verstoß gegen Völkerrecht, UN-Sozialpakt, Behindertenkonvention und gegen deutsches Verfassungsrecht halten und unserer Auffassung nach komplett unzulässig sind, gibt es hier: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/2153/
Jetzt heißt es abwarten, was das BVerfG zu den Sanktionen entscheidet. Es ist nicht zu erwarten, dass das BVerfG diese komplett kippt. Es ist aber zu erwarten, dass es Teile davon für unzulässig erklärt. Der erste spannende Punkt ist, ob das BVerfG anordnen wird, dass bestimmte Sanktionspraktiken, wie Ungleichbehandlung von Unter- und Über 25-Jährigen, Sanktionen in die KdU und Lebensmittelgutscheine nur auf Antrag sofort für unzulässig erklärt oder ob es dem Gesetzgeber Zeit lässt, dies nach zu bestimmenden Kriterien neu festzusetzen.
Das anstehende Verfahren eröffnet weiterhin Raum für die damals politisch verantwortlichen Parteien, sich klar von Hartz IV-System und der damit untrennbar verbundenen Sanktionspraxis zu verabschieden.
Hier nun die Einladung des BVerfG zum Nachlesen: https://harald-thome.de/fa/redakteur/Harald_2018/BVerfG_24.10.2018.pdf