Wirtschaft
Schäuble und Merkel sind sich einig: Man kann einen "Haufen Kommunisten" nicht unterstützen. Fraglich bei der Aussage ist, wen sie damit meinen, die Mehrheit des griechischen Volkes oder die griechische Regierung
Kommentar Roswitha Engelke: Die Euro-Länder hatten sich bereit erklärt, dass vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland mit einem neuen "Milliarden-Hilfsprogramm" zu unterstützen. Sie knüpften dies aber an unmenschliche und wirtschaftlich nicht akzeptabele Reformen:
a) Kürzung der Renten, noch knappere Löhne, noch weniger Krankenversicherung, noch weniger Geld für Bildung,
b) Verkauf von Staats- bzw. Volkseigentum (Privatisierung)
c) mehr Geld in die Rüstung
Mit seinen Forderungen verletzt das EU Parlament eiskalt die Souveränität Griechenlands und ruft zur Plünderung des Landes auf. Es ist widerlich mit anzusehen, wie eine Gruppe von Großkapitalisten, ähnlich einem Haufen raffgieriger Ferengis, seit langem ungeduldig im Startloch scharrt, um endlich die absolute Kontrolle über bewusst in die Pleite getriebene EU-Staaten zu bekommen.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten berichten
Der EU-Deal mit Griechenland ist eine teuflische Falle – und es ist erstaunlich, dass noch niemand bisher gemerkt hat, was da gespielt wird: Die Euro-Retter haben den Griechen ein Ultimatum gestellt: Bis Mittwoch müssen die ersten Gesetze beschlossen sein, danach bis 20 Juli der Rest. Dann erst sei der Weg frei für Verhandlungen mit dem ESM. Sollte das griechische Parlament am Mittwoch die ersten Gesetze verabschieden, dann könnte der Deutsche Bundestag der Aufnahme von Verhandlungen zustimmen. Doch das weiß man nicht. Im Grundgesetz steht, dass die Bundestagsabgeordneten in der Ausübung frei seien. Wir wollen hier nicht über das mangelnde Rückgrat der von den Parteien entsandten und abhängigen Abgeordneten sprechen.
Wir wollen bei der Theorie bleiben: Es wäre theoretisch denkbar – und das wäre dann verfassungskonform –, dass man das Ergebnis einer Bundestagsabstimmung nicht vorhersehen kann. Es wäre auch denkbar, zumindest theoretisch, dass eine Regierung ein bestimmtes Ergebnis nicht einmal erzwingen kann. Parteitaktische Erwägungen müssen hier unbeachtet bleiben: Denn es geht nicht darum, dass Merkel und Sigmar Gabriel sagen, wie haben schon genug Leute, die uns gehorchen. Es könnte ja sogar ein Ereignis eintreten, dass es für die Abgeordneten unmöglich macht, neuen ESM-Verhandlungen zuzustimmen: In den vergangenen Tagen sind die Summen für den Finanzbedarf Griechenlands so gut wie stündlich gestiegen. Wir halten heute bei offiziell 86 Milliarden Euro. Es könnte also sein, dass der Deutsche Bundestag am Freitag die Aufnahme von Verhandlungen ablehnt.
In diesem Fall würde folgendes passieren: Das griechische Parlament würde am Mittwoch Steuererhöhungen und Rentenkürzungen beschließen – und würde am Freitag erfahren, dass es keine ESM-Verhandlungen gibt. Deutschland kann – im Unterschied zu den kleineren Ländern, in denen die Parlamente auch zustimmen müssen – den ESM-Prozess per Veto stoppen. Die Bundesregierung müsste das sogar – zumindest dann bei der Unterzeichnung. Deshalb hat Angela Merkel ja auch ganz raffiniert formuliert, sie werde den Bundestag „bitten“, abzustimmen.
Dann stehen die Griechen nämlich über Nacht mit gänzlich leeren Händen da: Sie haben ihre Zusage erfüllt, bekommen aber keinen Kredit.
Deutschland ist immer noch ein besetztes Land
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die Bundesregierung war vor einem Jahr sehr erstaunt, als aufflog, dass das Kanzlerinnen-Handy überwacht wird. War die Überraschung echt – es ist doch naheliegend, dass sich die Dienste für den Bundeskanzler interessieren…
Gert R. Polli: Die Überraschung war echt, und die Reaktion des politischen Umfeldes war von einer geradezu gefährlichen Naivität geprägt. Deutschland, die deutsche Politik und die deutsche Wirtschaft zählen zu den primären Aufklärungszielen amerikanischer Dienste – und dies nicht erst seit gestern. Das von der Kanzlerin daraufhin geforderte „No-Spy-Abkommen“ mit den USA wurde zu keinem Zeitpunkt von den Amerikanern ernstgenommen. Das eigentliche Problem besteht weiter: Die deutschen Behörden sind technisch nicht in der Lage, Regierung, Wirtschaft und Bevölkerung nachhaltig vor Spionage-Angriffen zu schützen. So fehlen bis heute fehlen gerichtsverwertbare Beweise für das Abhören des Kanzlertelefons, sodass die Bundesstaatsanwaltschaft das Verfahren gegen Unbekannt eingestellt hat.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die Aufregung bezog sich damals ausdrücklich auf die Überwachung der Politiker. Nimmt die Bundesregierung die Überwachung der Bürger in Kauf?
Gert R. Polli: Im Zuge der Affäre rund den Datendiebstahl durch Edward Snowden kam es in Deutschland weder zu einer breiten politischen noch zu einer öffentlich geführten Diskussion zum Thema Überwachung.
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Madsack-Medien Hannover schließt
Am Montag informierte die Geschäftsführung von Madsack die Mitarbeiter über die geplante Schließung der eigenen Druckerei in Hannover. Die notwendigen Neuinvestitionen hätten sich "als wirtschaftlich nicht darstellbar gezeigt", teilte das Unternehmen am Montagabend mit und schickt Ende 2016 rund 180 Mitarbeiter in Hannover, wo bislang die Hildesheimer Allgemeine, die HAZ und die NP gedruckt wurden, in die Arbeitslosigkeit.
Dieser Vorgang ist der vorläufige Höhepunkt des drastischen Sparprogramms "Madsack 2018" mit dem sich der Konzern fit für die digitale Medienwelt machen will. "Print" ist für die Geschäftsführung out - betriebswirtschaftlich nur noch ein Kostenfaktor, der die Rendite auffrisst. Eine Rendite von wenigstens 10 % wollen die Gesellschafter mindestens sehen, allen voran der größte Anteilseigner die Beteiligungsgesellschaft der SPD, die DDVG. Offensichtlich werden sozialdemokratische Prinzipen gern mal geopfert, wenn es um Gewinne für die Parteikasse geht. Deshalb sollen die Madsack Zeitungen ab 2017 im Fremddruck hergestellt werden und zwar von dem befreundeten Unternehmen Oppermann in Rodenberg bei Bad Nenndorf. Dort rechnet sich auch die Produktion, weil die tariflose Firma Oppermann - anders als bisher Madsack - Löhne unter dem Tarif der Druckindustrie zahlt.
Die Tarifflucht der Madsack-Chefs mit dem Segen der DDVG geht denn doch dem Ministerpräsidenten und SPD Landesvorsitzenden zu weit. Öffentlich hat Stephan Weil den Vorgang als nicht hinnehmbar gerügt. Deutliche Wort an den parteieigenen Anteilseigner und die Geschäftsführung des Konzerns.
Madsack ist kein Einzelfall, die Tarifflucht als Geschäftsmodell von Unternehmen reißt immer mehr ein auch im Madsack-Konzern selbst. Wir bitten, den Kampf der Mitarbeiter für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu unterstützen. Solidaritätsbekundungen tun gut, Unterstützung noch mehr.
Quelle: Der Betriebsrat
Na prima, wenn wir jetzt einen Betrieb im Werte von 26.000.000 Euro erben müssen wir keine Erbschaftssteuer zahlen, das ist doch mal sozial
Michael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion DIE LINKE – 8. Juli 2015
GroKo ist Schutzmacht der Reichen
Auf einen Schlag superreich, wer wünschte sich das nicht. Für die Sprösslinge von verstorbenen Unternehmern macht die Bundesregierung dies jetzt wahr: Wer einen Betrieb im Wert von höchstens 26 Millionen Euro erbt, braucht überhaupt keine Erbschaftsteuer zu bezahlen. Teile des Erbschaftsteuergesetzes hat das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft. Die Große Koalition hat jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, der einen skandalösen Kniefall vor den Superreichen darstellt.
Siehe hierzu auch mein heutiges Interview im Deutschlandfunk.
Im vergangenen Dezember urteilte das Verfassungsgericht einstimmig: Die unverhältnismäßigen Vorteile für Betriebserben müssen bis zum 30. Juni 2016 beseitigt werden. Die Richter verlangen, dass ab einer bestimmten Unternehmensgröße die Erben nachweisen müssen, ob sie eine Verschonung von der Erbschaftsteuer wirklich benötigen.
Hetze gegen griechische Rentner
Foto: Besuch der griechischen Delegation bei der Linksfraktion im Bundestag
Griechenland-Hatz: Die Rentner
Beitrag: Michael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion DIE LINKE – 20. Juni 2015
Die Sparpakete von EU und Internationalem Währungsfonds haben in Griechenland ein beispielloses Desaster angerichtet. Dennoch beharren die Gläubiger – allen voran die Bundesregierung – auf weiteren Kürzungen. Um die zu rechtfertigen, wird kräftig Stimmung gegen Athen gemacht. „Wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen“, tönte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Tenor: Wir zahlen, die machen sich ein schönes Leben. Als Beispiel für diesen Quatsch werden derzeit die griechischen Renten herangezogen.
Die Griechen, so heißt es, haben ein extrem teures Rentensystem. Kein Wunder – schließlich gingen viele Griechen schon mit 56 Jahren in Rente. Damit ist das Bild rund: Faule Griechen leben auf unsere Kosten. Daran ist so viel falsch, das man es kaum aufzählen kann. Hier die wichtigsten Fakten:
Ja, das griechische Rentensystem ist teuer, seine Kosten betragen 16 Prozent der Wirtschaftsleistung. Aber das ist auch kein Wunder, schließlich ist diese Wirtschaftsleistung dank Spardiktat um ein Viertel gesunken. Ein Viertel!
„Gezahlt“ haben „wir“ den Griechen noch gar nichts. Athen erhielt Kredite, die muss es bedienen, inklusive Zinsen. Allein diesen Monat sind 1,6 Milliarden Euro fällig, die das verarmte Land zahlen muss.
Leben Griechenlands Rentner im Luxus? Kaum. Nach acht Kürzungsrunden in vier Jahren beträgt die Durchschnittsrente 713 Euro im Monat. Drei Viertel der Rentner haben weniger als 1000 Euro. Die ärmsten von ihnen erhalten zwar einen Zuschuss von 169 Euro. Dennoch leben fast 50 Prozent der Rentner unterhalb der von der EU definierten Armutsgrenze von 665 Euro. Nichtsdestotrotz verlangen die Gläubiger hier weitere Kürzungen der Altersbezüge von fast zwei Milliarden Euro dieses und nächstes Jahr.
Gehen die Griechen früh in Rente? Eher nicht. Nur 15 Prozent aller Rentner sind jünger als 60 Jahre alt. Die griechische Regierung hat vorgeschlagen, das Rentenalter schrittweise zu erhöhen.
Wer die griechischen Renten immer noch für üppig hält, der sollte bedenken: In Griechenland gibt es weder private noch Betriebsrenten.
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