Weltweit

12. Juli 2015   Aktuell - Weltweit

Solidarität mit Griechenland: Europas LINKE feiern ihren Helden

Viele Vertreter linker Parteien in ganz Europa begrüßen den Ausgang des Referendums, in dem das griechische Volk mehrheitlich die Sparpläne der Gläubiger abgelehnt hatte. Doch wie soll es aus Sicht der europäischen Linken nun weitergehen? Der Überblick:

Spanien: Pablo Iglesias (Podemos)
Für Pablo Iglesias ist der Ausgang des Referendums ein Sieg der Demokratie: "In Griechenland hat heute die Demokratie gewonnen", twitterte der Chef der spanischen Protestpartei Podemos ("Wir können"). Der 36-jährige Politikdozent, der sich auf seinem Twitter-Profilbild Arm in Arm mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras zeigt, bezeichnet die Gläubiger als Tyrannen, die den Menschen in Griechenland und auch in Spanien "mit Drohungen Angst einzujagen versuchen". Bei den Regionalwahlen im Mai hatte Podemos bereits überraschende Erfolge unter anderem in den Metropolen Madrid und Barcelona errungen. Ende des Jahres findet in Spanien die Parlamentswahl statt, bei der sich Podemos Hoffnungen auf ähnliche Erfolge macht wie Syriza in Griechenland.

Portugal: António Costa (PS)
Vor wenigen Jahren war Portugal selbst noch Eurokrisenland, nun stellt sich der linke Oppositionsführer António Costa demonstrativ an die Seite der Syriza-Regierung in Athen: "Man muss die souveräne Entscheidung des griechischen Volkes respektieren", forderte der Chef der Sozialistischen Partei (PS). Es sei "absolut inakzeptabel", die Ablehnung der Sparvorschläge als Wunsch der Griechen zu interpretieren, der Eurozone nicht mehr angehören zu wollen.

Frankreich: Jean-Luc Mélenchon (Parti de Gauche)
Jean-Luc Mélenchon hat bereits Hunderte Anhänger zu einer Kundgebung auf der Pariser Place de la République versammelt. Der Führer der französischen Linkspartei lobt Tsipras dafür, "auf den Versuch eines Würgegriffs reagiert zu haben". Der wortgewaltige Populist im Interview mit dem Sender RTL: "Das ist der Sieg einer Methode und die Niederlage eines arglistigen und unheilvollen Projekts. Die Krise ist mit Absicht durch die Euro-Gruppe provoziert." Es habe einen Putschversuch gegeben, einen "finanziellen Staatsstreich" gegen Tsipras. Nun könne man anfangen "ernsthaft zu diskutieren", so Mélenchon. "Und das beginnt damit, dass man aufhört, die Leute für dumm zu verkaufen, dass man aufhört, eine Regierung zu zwingen etwas zu tun, für das sie nicht gewählt worden ist." Als Folge aus dem Referendum müsse Europa jetzt Athen einen Zahlungsaufschub gewähren - "oder aber die Regierungen der Euro-Gruppe müssen die gesamten griechischen Schulden bezahlen"

Italien: Beppe Grillo (Movimento 5 Stelle)
Der frühere Komiker und heutige Oppositionspolitiker Beppe Grillo freut sich über das Abstimmungsergebnis in Griechenland: "Das ist ein fantastisches Ergebnis für alle", sagt der Anführer der linkspopulistischen "5-Sterne-Bewegung" (Movimento 5 Stelle). Es gehe nicht um Finanzfragen oder die Wirtschaft, sondern um Geopolitik, so Grillo laut der Zeitung "La Repubblica": "Das ist Demokratie." Schon am Tag des Referendums hatte Grillo in seinem Blog geschrieben, dass das bisherige System der Krisenpolitik am Ende sei. Dessen Prinzip sei perfide: "Ich geb dir Geld, aber ich will es nicht zurück", so Grillo, "und ich nehme dir alles, was du hast." Das Fazit des Politikers: "Schauen wir mal, was nun passieren wird."

Deutschland: Gregor Gysi (Die Linke)
Die Linke in Deutschland fordert von Angela Merkel konkrete Schritte zur Beendigung der Krise in Griechenland: "Jetzt steht die Bundeskanzlerin in der Verantwortung, so schnell wie möglich einen Kompromiss zu finden", sagt der scheidende Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. "Einen Grexit können wir uns nicht leisten." Die Strategie der Bundesregierung, die linke Regierung in Griechenland zu stürzen, sei nicht aufgegangen. Ein Kompromiss könne eine Zinssenkung für Kredite und eine befristete Stundung von Schulden sein. Deutschland habe seine Schulden nach dem Ersten Weltkrieg auch erst nach 92 Jahren zurückgezahlt - reduziert durch Schuldenschnitte. Gysi forderte zudem eine internationale Schuldenkonferenz, damit auch Länder wie Irland, Spanien und Portugal stärker berücksichtigt würden.

Quelle: Spiegel online

07. Juli 2015   Aktuell - Weltweit

NSA - alles Show, Merkels Entschluss nicht auf Griechenland einzugehen steht seit 2012 fest.

Spiegel.online, 24.06.2015

Frankreichs Staatsspitze ist wütend. Präsident François Hollande hat ein Krisentreffen des Verteidigungsrates einberufen. Zentrales Thema: Die jahrelange Spionage der NSA gegen hochrangige französische Spitzenpolitiker. Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hatte am Dienstag Dokumente veröffentlicht, die belegen sollen, dass der US-Geheimdienst die letzten drei Präsidenten im Élysée abhörte.

Die abgefangene Kommunikation ist auch für Hollande selbst unangenehm. Denn die NSA-Papiere geben einen seltenen Einblick hinter die Kulissen seiner Regierung. Ein Teil der streng geheimen US-Berichte stammt aus den ersten Tagen von Hollandes Amtszeit. Dabei wurde offenbar auch ein Gespräch abgehört, in dem der französische Präsident über ein Treffen mit Angela Merkel am Tag seines Amtsantritts am 15. Mai 2012 berichtet.

Die Kanzlerin kommt dabei nicht sonderlich gut weg. Thema des Gesprächs, so schildern es die US-Geheimdienstler in einer Depesche, sei die Eurokrise gewesen. Hollande, so heißt es im NSA-Papier, habe sich intern darüber beschwert, das Treffen habe "keine Substanz" gehabt: "Es war reine Show."

Planungen für Geheimtreffen mit Gabriel

Der Franzose war offenbar genervt davon, dass Merkel das Gespräch allein auf den europäischen Sparvertrag und die Situation in Griechenland konzentrierte. Merkel habe Athen "aufgegeben" und sei nicht bereit, sich auch nur ein Stück weit zu bewegen. Hollande, so beschreiben es die amerikanischen Spione, sei "sehr beunruhigt" und befürchte, die Griechen könnten sich Extremisten zuwenden.

In jener Zeit versuchte Hollande ein Band zu Merkels Rivalen von der SPD zu knüpfen. Nach dem Treffen mit Merkel rief der französische Präsident den Dokumenten zufolge bei Sigmar Gabriel an und lud ihn zu einem Treffen nach Paris ein. Die Zusammenkunft mit dem deutschen Kollegen sollte geheim gehalten werden, heißt es in dem NSA-Papier vom 22. Mai 2012.

Mit der konkreten Planung beauftragte Hollande seinen Premierminister Jean-Marc Ayrault. Dass der Präsident den SPD-Chef und andere Top-Sozialdemokraten im Élysée-Palast quasi unter den Augen der Öffentlichkeit treffen wollte, schien Ayrault offenbar keine wirklich gute Idee zu sein. Er riet Hollande dem NSA-Dokument zufolge, das Gespräch unbedingt geheim zu halten, um diplomatische Verwicklungen mit der Kanzlerin zu vermeiden.

Zahlreiche Telefonnummern in den Dokumenten

Mitte Juni 2012 reiste die SPD-Spitze um Gabriel und den damaligen Kanzlerkandidat Peer Steinbrück tatsächlich nach Paris. Von Geheimhaltung allerdings keine Spur - das Treffen war lange vorher bekannt geworden.

Den NSA-Papieren zufolge dauerte der US-Lauschangriff mindestens von 2006 bis 2012. Die Dokumente enthalten zahlreiche Telefonnummern, darunter die von mehreren Präsidenten, ihren engsten Beratern und verschiedenen Ministern.

Bei den als streng geheim eingestuften Dokumenten handelt es sich unter anderem um fünf NSA-Berichte, die auf abgefangener Kommunikation basierten. Aus ihnen geht auch hervor, dass sich der damalige französische Staatschef Nicolas Sarkozy 2012 um eine Art kleines No-Spy-Abkommen bemüht hatte. Paris wollte nicht mehr von US-Nachrichtendiensten ausgespäht werden. Dieses Abkommen kam aber nie zustande.

In einem Dokument über Hollandes konservativen Amtsvorgänger Sarkozy heißt es, dieser habe sich 2008 als "einziger fähiger Mann" im Kampf gegen die damalige Finanzkrise betrachtet. Aus dem Umfeld Sarkozys, dem Ambitionen auf eine Rückkehr in den Élysée-Palast nachgesagt werden, hieß es, derartige Spionagepraktiken seien "grundsätzlich inakzeptabel und noch mehr zwischen Verbündeten".

vme/AFP/Reuters

30. Juni 2015   Aktuell - Weltweit

JA zu Demokratie und Volksabstimmung – NEIN zur Erpressung Griechenlands durch IWF, EU und Berliner Regierung

Übersetzung der Rede, die Ministerpräsident Tsipras in der Nacht vom 26. zum 27. Juni im griechischen Fernsehen an die Bevölkerung hielt:

Liebe Griechinnen und Griechen,
seit sechs Monaten kämpft die griechische Regierung darum, unter den Bedingungen eines beispiellosen wirtschaftlichen Würgegriffs, das Mandat umzusetzen, das ihr uns gegeben habt.

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07. Juli 2015   Aktuell - Weltweit

NSA-Affäre - auch Österreich erstattet Anzeige

Quelle: News ORF.at

Anzeige „gegen unbekannt“

Österreich hat nach Berichten über eine Bespitzelung österreichischer Behörden durch den US-Geheimdienst NSA mit Hilfe des deutschen Bundesnachrichtendiensts Anzeige erstattet. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bestätigte entsprechende Berichte am Dienstag.

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15. Juni 2015   Aktuell - Weltweit

Den Nerv getroffen

Quelle: Frankfurter Rundschau, 12.06.2015

Mit ihrem Widerstand gegen die bisher praktizierte „Eurorettung“ trifft die griechische Regierung tatsächlich einen Nerv: Sie stellt die Politik des marktkonformen Syndikats infrage

Leitartikel von Stephan Hebel


Haben Sie gestern Radio gehört? Dann ist Ihnen vielleicht der Korrespondentenbericht aus Brüssel begegnet, in dem es hieß: Umstritten zwischen Griechenland und seinen Gläubigern seien unter anderem „Vereinfachungen“ bei der Mehrwertsteuer und die Forderung der Geldgeber nach einer „Rentenreform“.

Das war noch die mildere Färbung des vollkommen schiefen Bildes, das uns seit Monaten Tag für Tag um die Ohren gehauen wird. Was die EU, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds da verlangen, das sind vielleicht auch Vereinfachungen, vor allem aber Erhöhungen bei der Mehrwertsteuer. Und es sind nicht „Reformen“, sondern weitere Abstriche bei den längst massiv gekürzten Renten.

Das griechische Drama in Bildern
Armut und der Zusammenbruch der Sozialsysteme bestimmten die Stimmung in Griechenland 2014. Wie es für das Sorgenkind Europas weiterging, erzählen die folgenden Bilder.


Die Menschen demonstrieren gegen den europäischen Sparzwang und die Regierung im Frühjahr 2014.
Der griechische Premierminister Antonis Samaras (vorne) kann auch beim dritten Durchgang seinen Präsidentschaftskandidaten nicht durchsetzen. Jetzt heißt es Neuwahlen.
Bildergalerie (15 Bilder)

Es wäre einiges geholfen, wenn die öffentliche Debatte den Sprachregelungen und Interessen der mit Athen streitenden „Institutionen“ nicht ganz so unkritisch folgte. Dann würde vielleicht auch klar, warum dieser Konflikt so nervtötend lange dauert, dass wohl jeder dem Stoßseufzer von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zustimmt: „Die Kuh muss vom Eis, aber sie rutscht immer wieder aus.“

Wer noch den Nerv hat zuzuhören, bekommt als deutscher Mediennutzer in etwa diesen Eindruck: Die Kuh, das sind die Griechen. Gefüttert mit „unserem“ Geld, sind störrisch aus der europäischen Herde ausgebrochen und in einer viel zu scharfen Linkskurve aufs Glatteis gestolpert, nur um zu verlangen, „wir“ sollten sie jetzt wieder retten, und zwar nach ihren eigenen Bedingungen. Das nervt natürlich gewaltig, und deshalb war es logisch, dass der nette Martin Schulz von der SPD, seines Zeichens Präsident des Europäischen Parlaments, erst vor ein paar Tagen wieder verlauten ließ, „die Griechen“ gingen ihm „gewaltig auf die Nerven“.

Weisungen aus dem neoliberalen Lehrbuch

Verschwiegen wird bei dieser Legende allerdings einiges. Zum Beispiel die Frage, wohin die Euroherde gerade marschierte, als die neue Athener Linksregierung beschloss, nicht mehr einfach mitzulaufen. Wer sich das fragt, kann eine ganz andere als die gängige Geschichte erzählen, die der Wahrheit wesentlich näher kommt:

Seit der Krise von 2008 folgt Euroland unter deutscher Hegemonie den Richtungsanweisungen aus dem neoliberalen Lehrbuch. Die Milliarden, die angeblich „den Griechen“ gegeben wurden, flossen überwiegend in die Stabilisierung des Bankensystems, man kann zugespitzt auch sagen: Sie gingen auf ein paar Umwegen an die Leute, die eigentlich wertlose Staatsanleihen besaßen, ob Griechen oder nicht.

Als Notmaßnahme mag das sogar unausweichlich gewesen sein, denn ein Zusammenbruch des bestehenden Finanzsystems hätte keineswegs nur die Reichen getroffen. Als nächster Schritt aber dachten Europas Vormächte keineswegs daran, das Eurosystem aus den Fängen der Finanzmärkte zu lösen und einen wirtschaftlich haltbaren Neuaufbau zu beginnen.

In Griechenland hätte das nicht nur bedeutet, eine funktionierende Steuerverwaltung aufzubauen und die notorische Verschonung der Reichsten zu beenden. Es hätte auch bedeutet, in einem Akt der Solidarität – und im eigenen Interesse auch Deutschlands! – ein Aufbauprogramm zu finanzieren, das dem Land auf die eigenen Füße geholfen hätte. Unter diesen Bedingungen, nur unter diesen, wäre sehr wohl auch zu diskutieren gewesen, was etwa an einem offenbar unüberschaubaren System der Frühverrentung zu ändern wäre.

Skandalöse Sparprogramme

Das Gegenteil dieser Alternative ist eingetreten: Durch sozial skandalöse und ökonomisch widersinnige Sparprogramme wurde Griechenlands Wirtschaft weiter in die Rezession getrieben. Als Gegenleistung für diese „Reformen“ gab es „Hilfen“, die den Staatsapparat irgendwie am Laufen hielten, ohne irgendetwas zu bewirken außer zunehmender Verarmung. Und die neoliberalen „Helfer“ verkündeten immer wieder, diese Schrumpfkur mache den griechischen Staat wieder fit – so oft die Zahlen auch das Gegenteil bewiesen.

Es ist dieses Modell, gegen das die griechische Linksregierung angetreten ist, und dafür war es höchste Zeit. Natürlich macht die Regierung Tsipras nicht alles richtig. Aber wenn deutsche Unionspolitiker fordern, Athen solle mal lieber die Reeder besteuern, dann ist das gleich doppelt zynisch: erstens im Angesicht der Steuerpolitik, die diese Politiker zu Hause vertreten; und zweitens angesichts der Tatsache, dass die Athener Vorgängerregierungen hier gar nichts taten, im Gegensatz zu Tsipras.

Bei allen Fehlern steht die Regierung der linken Syriza für ein Gegenmodell zur moralisch und ökonomisch verfehlten Politik des Heruntersparens. Das macht Syriza so gefährlich für die Gefolgsleute des Systems Merkel (leider einschließlich vieler Sozialdemokraten), weit über Griechenland hinaus.

Das ist es, was sie so nervt: Es trifft sie am Nerv. Gerade deshalb muss man hoffen, Tsipras möge dem marktkonformen Syndikat wenigstens so viel soziale Ausgewogenheit abhandeln, dass ihm zu Hause die Luft zum Weitermachen bleibt. Und Martin Schulz sollte sich um seine Nerven selber kümmern.

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