Weltweit
Bürger auf den Barrikaden
Streik in Griechenland / Proteste in Spanien
Das letzte Wort im Schuldenpoker um Griechenland ist offenbar noch nicht gesprochen.
Nicht nur müssen die nationalen Parlamente der Euro-Mitgliedsstaaten der Brüsseler Vereinbarung noch zustimmen, auch artikuliert sich immer mehr Protest gegen die harte Gangart der internationalen Geldgeber gegen Griechenland.
Griechische Gewerkschaften kündigen für kommenden Mittwoch einen Generalstreik an und können dabei auf eine weltweite Solidaritätsbewegung zählen.
Wie der aus Athen berichtende britische Aktivist Kevin Ovenden auf seiner Facebook-Seite meldet, hat der Dachverband der griechischen Gewerkschaften des Öffentlichen Sektors (ADEDY), als Reaktion auf die heute Nacht in Brüssel beschlossenen erneuten Kürzungspläne, für
- Mittwoch, den 15. Juli 2015, einen Generalstreik angekündigt.
Der Gewerkschaftsverband zählt 311.000 Mitglieder und will seine Streikpläne morgen offiziell bekannt geben. Bereits jetzt werden allerdings organisatorische Vorbereitungen für den Streik getroffen.
Mittwoch Nacht soll das griechische Parlament über den von Ministerpräsident Alexis Tsipras (Syriza) in Brüssel geschlossenen Kompromiss abstimmen. Dieser sieht neben der Einrichtung eines Treuhandfonds, der weitreichende Teile des griechischen Staatsvermögens im Wert von bis zu 50 Milliarden Euro privatisieren soll, umfangreiche Eingiffe in die inneren Angelegenheiten Griechenlands und dessen Fiskalpolitik vor.
Als Sofortmaßnahme soll Griechenland weitere Rentenkürzungen beschließen, die Mehrwertsteuer erhöhen und außerdem alle Gesetze zurücknehmen, die die Syriza-Regierung seit ihrem Amtsantritt ohne Zustimmung der Troika (EZB, IWF, EU-Kommission) beschlossen hat.
Des Weiteren fordern die internationalen Geldgeber die vollständige Abschaffung der Ladenschlusszeiten im Einzelhandel. Auch sonst werden heftige Einschnitte in den griechischen Arbeitsmarkt verlangt, die sich an der neoliberalen Doktrin der Europäischen Union ausrichten. Auch soll der IWF wieder über die griechische Politik wachen, was eine schwerwiegende Verletzung der staatlichen Souveränität Griechenlands bedeutet. Die New York Times veröffentlichte die vollständige Liste der Forderungen auf ihrer Internetseite.
Erst wenn das griechische Parlament am Mittwoch dem ersten Maßnahmenpaket zugestimmt hat, wollen die internationalen Geldgeber in die tatsächlichen Verhandlungen über neue Kredite für das faktisch überschuldete Land eintreten. Ein Schuldenschnitt, der Griechenland helfen würde wieder wirtschaftlich auf die Beine zu kommen, wird von den Gläubigern weiter abgelehnt.
All dies führt weiter zu heftiger Kritik, nicht nur von Seiten griechischer Gewerkschaften. Weltweit regt sich unter dem Hashtag #ThisIsACoup starker Protest gegen die – so die Vorwürfe – Erpressungs- und Plünderungspolitik seitens der „Europäischen Gemeinschaft“ gegenüber Griechenland.
Begleitend zum Generalstreik des Öffentlichen Sektors kündigt das globale Bündnis Europe says OXI ebenfalls für Mittwoch weltweite Proteste an.
In Berlin wird für 18 Uhr zum Oranienplatz in Kreuzberg gerufen. Der Deutsche Bundestag soll am kommenden Freitag über die neue Kreditvereinbarung für Griechenland abgestimmen. Auch dagegen werden mittlerweile deutschlandweite Proteste, wie auch vor dem Reichstag, angekündigt.
Der Streit um die griechischen Staatsschulden wird so auch immer mehr zu einer Zerreißprobe für die Europäische Union. Den Dogmen der Austerität und der neoliberalen Armutspolitik verpflichtete Politiker auf der einen Seite, stehen einer wachsenden Zahl empörter und zunehmend verarmender Bürger auf der anderen Seite gegenüber. Besonders die jungen Generationen in ganz Europa leiden enorm unter der Krisenpoltik der EU. So beträgt die Arbeitslosenquote der 15 bis 24-Jährigen in Spanien satte 53,5 Prozent, in Griechenland 49,8 Prozent. Diese Zahlen belegen nicht nur vollständiges politisches Versagen der EU-Eliten, sie bilden auch hochexplosiven sozialen Sprengstoff, der sich früher oder später entladen wird.
Quelle: ntv
Foto: dpa
Griechenland aktuell
Zeitonline - Wirtschaft - 11.07.2015, Eurogruppe vertagt sich ergebnislos
Die Euro-Finanzminister haben sich nicht einigen können. Deutschland und Finnland fordern mehr Zugeständnisse von den Griechen.
Ein Sondertreffen der Euro-Finanzminister hat am Samstag keinen Durchbruch gebracht und wurde auf Sonntag vertagt. Mehrere Länder äußerten massive Vorbehalte gegen Griechenlands Spar- und Reformvorschläge, die Voraussetzung für ein neues Rettungspaket für das vom Staatsbankrott bedrohte Land sind.
Deutschland erwägt bereits einen Grexit auf Zeit.
Das Treffen wird nun am Sonntagvormittag um 11.00 Uhr fortgesetzt. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte, es habe eine tief gehende Diskussion über die griechischen Reformvorschläge gegeben. Es sei auch über Glaubwürdigkeit und Vertrauen gesprochen worden. "Es ist noch immer sehr schwierig."
In einem an die Öffentlichkeit gelangten Diskussionspapier der Bundesregierung heißt es, Griechenland solle als Garantie für angebotene Privatisierungen Vermögenswerte im Wert von 50 Milliarden Euro in einen Treuhandfonds übertragen. Ansonsten bleibe die Option eines fünfjährigen, vorübergehenden Ausscheidens aus der Eurozone. Der öffentlich gewordene Plan sorgte für Streit innerhalb der Koalition. Große Skepsis gegenüber Griechenlands Vorschlägen hat auch die finnische Regierung. Insbesondere die euroskeptische Partei Die Finnen stellt sich quer.
Die Finanzminister müssen nun weiter vor einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Währungsunion am Sonntagnachmittag nach einer Lösung suchen. Der maltesische Regierungschef sagte für Sonntag "einen langen Tag" voraus. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte, er gebe "die Hoffnung nicht auf".
Finnland zählt zur Zeit zu den größten Skeptikern gegenüber Griechenland. In Helsinki stellt sich insbesondere die an der Regierung beteiligte rechtspopulistische Partei "Die Finnen" quer.
NSA - alles Show, Merkels Entschluss nicht auf Griechenland einzugehen steht seit 2012 fest.
Frankreichs Staatsspitze ist wütend. Präsident François Hollande hat ein Krisentreffen des Verteidigungsrates einberufen. Zentrales Thema: Die jahrelange Spionage der NSA gegen hochrangige französische Spitzenpolitiker. Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hatte am Dienstag Dokumente veröffentlicht, die belegen sollen, dass der US-Geheimdienst die letzten drei Präsidenten im Élysée abhörte.
Die abgefangene Kommunikation ist auch für Hollande selbst unangenehm. Denn die NSA-Papiere geben einen seltenen Einblick hinter die Kulissen seiner Regierung. Ein Teil der streng geheimen US-Berichte stammt aus den ersten Tagen von Hollandes Amtszeit. Dabei wurde offenbar auch ein Gespräch abgehört, in dem der französische Präsident über ein Treffen mit Angela Merkel am Tag seines Amtsantritts am 15. Mai 2012 berichtet.
Die Kanzlerin kommt dabei nicht sonderlich gut weg. Thema des Gesprächs, so schildern es die US-Geheimdienstler in einer Depesche, sei die Eurokrise gewesen. Hollande, so heißt es im NSA-Papier, habe sich intern darüber beschwert, das Treffen habe "keine Substanz" gehabt: "Es war reine Show."
Planungen für Geheimtreffen mit Gabriel
Der Franzose war offenbar genervt davon, dass Merkel das Gespräch allein auf den europäischen Sparvertrag und die Situation in Griechenland konzentrierte. Merkel habe Athen "aufgegeben" und sei nicht bereit, sich auch nur ein Stück weit zu bewegen. Hollande, so beschreiben es die amerikanischen Spione, sei "sehr beunruhigt" und befürchte, die Griechen könnten sich Extremisten zuwenden.
In jener Zeit versuchte Hollande ein Band zu Merkels Rivalen von der SPD zu knüpfen. Nach dem Treffen mit Merkel rief der französische Präsident den Dokumenten zufolge bei Sigmar Gabriel an und lud ihn zu einem Treffen nach Paris ein. Die Zusammenkunft mit dem deutschen Kollegen sollte geheim gehalten werden, heißt es in dem NSA-Papier vom 22. Mai 2012.
Mit der konkreten Planung beauftragte Hollande seinen Premierminister Jean-Marc Ayrault. Dass der Präsident den SPD-Chef und andere Top-Sozialdemokraten im Élysée-Palast quasi unter den Augen der Öffentlichkeit treffen wollte, schien Ayrault offenbar keine wirklich gute Idee zu sein. Er riet Hollande dem NSA-Dokument zufolge, das Gespräch unbedingt geheim zu halten, um diplomatische Verwicklungen mit der Kanzlerin zu vermeiden.
Zahlreiche Telefonnummern in den Dokumenten
Mitte Juni 2012 reiste die SPD-Spitze um Gabriel und den damaligen Kanzlerkandidat Peer Steinbrück tatsächlich nach Paris. Von Geheimhaltung allerdings keine Spur - das Treffen war lange vorher bekannt geworden.
Den NSA-Papieren zufolge dauerte der US-Lauschangriff mindestens von 2006 bis 2012. Die Dokumente enthalten zahlreiche Telefonnummern, darunter die von mehreren Präsidenten, ihren engsten Beratern und verschiedenen Ministern.
Bei den als streng geheim eingestuften Dokumenten handelt es sich unter anderem um fünf NSA-Berichte, die auf abgefangener Kommunikation basierten. Aus ihnen geht auch hervor, dass sich der damalige französische Staatschef Nicolas Sarkozy 2012 um eine Art kleines No-Spy-Abkommen bemüht hatte. Paris wollte nicht mehr von US-Nachrichtendiensten ausgespäht werden. Dieses Abkommen kam aber nie zustande.
In einem Dokument über Hollandes konservativen Amtsvorgänger Sarkozy heißt es, dieser habe sich 2008 als "einziger fähiger Mann" im Kampf gegen die damalige Finanzkrise betrachtet. Aus dem Umfeld Sarkozys, dem Ambitionen auf eine Rückkehr in den Élysée-Palast nachgesagt werden, hieß es, derartige Spionagepraktiken seien "grundsätzlich inakzeptabel und noch mehr zwischen Verbündeten".
vme/AFP/Reuters
Solidarität mit Griechenland: Europas LINKE feiern ihren Helden
Viele Vertreter linker Parteien in ganz Europa begrüßen den Ausgang des Referendums, in dem das griechische Volk mehrheitlich die Sparpläne der Gläubiger abgelehnt hatte. Doch wie soll es aus Sicht der europäischen Linken nun weitergehen? Der Überblick:
Spanien: Pablo Iglesias (Podemos)
Für Pablo Iglesias ist der Ausgang des Referendums ein Sieg der Demokratie: "In Griechenland hat heute die Demokratie gewonnen", twitterte der Chef der spanischen Protestpartei Podemos ("Wir können"). Der 36-jährige Politikdozent, der sich auf seinem Twitter-Profilbild Arm in Arm mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras zeigt, bezeichnet die Gläubiger als Tyrannen, die den Menschen in Griechenland und auch in Spanien "mit Drohungen Angst einzujagen versuchen". Bei den Regionalwahlen im Mai hatte Podemos bereits überraschende Erfolge unter anderem in den Metropolen Madrid und Barcelona errungen. Ende des Jahres findet in Spanien die Parlamentswahl statt, bei der sich Podemos Hoffnungen auf ähnliche Erfolge macht wie Syriza in Griechenland.
Portugal: António Costa (PS)
Vor wenigen Jahren war Portugal selbst noch Eurokrisenland, nun stellt sich der linke Oppositionsführer António Costa demonstrativ an die Seite der Syriza-Regierung in Athen: "Man muss die souveräne Entscheidung des griechischen Volkes respektieren", forderte der Chef der Sozialistischen Partei (PS). Es sei "absolut inakzeptabel", die Ablehnung der Sparvorschläge als Wunsch der Griechen zu interpretieren, der Eurozone nicht mehr angehören zu wollen.
Frankreich: Jean-Luc Mélenchon (Parti de Gauche)
Jean-Luc Mélenchon hat bereits Hunderte Anhänger zu einer Kundgebung auf der Pariser Place de la République versammelt. Der Führer der französischen Linkspartei lobt Tsipras dafür, "auf den Versuch eines Würgegriffs reagiert zu haben". Der wortgewaltige Populist im Interview mit dem Sender RTL: "Das ist der Sieg einer Methode und die Niederlage eines arglistigen und unheilvollen Projekts. Die Krise ist mit Absicht durch die Euro-Gruppe provoziert." Es habe einen Putschversuch gegeben, einen "finanziellen Staatsstreich" gegen Tsipras. Nun könne man anfangen "ernsthaft zu diskutieren", so Mélenchon. "Und das beginnt damit, dass man aufhört, die Leute für dumm zu verkaufen, dass man aufhört, eine Regierung zu zwingen etwas zu tun, für das sie nicht gewählt worden ist." Als Folge aus dem Referendum müsse Europa jetzt Athen einen Zahlungsaufschub gewähren - "oder aber die Regierungen der Euro-Gruppe müssen die gesamten griechischen Schulden bezahlen"
Italien: Beppe Grillo (Movimento 5 Stelle)
Der frühere Komiker und heutige Oppositionspolitiker Beppe Grillo freut sich über das Abstimmungsergebnis in Griechenland: "Das ist ein fantastisches Ergebnis für alle", sagt der Anführer der linkspopulistischen "5-Sterne-Bewegung" (Movimento 5 Stelle). Es gehe nicht um Finanzfragen oder die Wirtschaft, sondern um Geopolitik, so Grillo laut der Zeitung "La Repubblica": "Das ist Demokratie." Schon am Tag des Referendums hatte Grillo in seinem Blog geschrieben, dass das bisherige System der Krisenpolitik am Ende sei. Dessen Prinzip sei perfide: "Ich geb dir Geld, aber ich will es nicht zurück", so Grillo, "und ich nehme dir alles, was du hast." Das Fazit des Politikers: "Schauen wir mal, was nun passieren wird."
Deutschland: Gregor Gysi (Die Linke)
Die Linke in Deutschland fordert von Angela Merkel konkrete Schritte zur Beendigung der Krise in Griechenland: "Jetzt steht die Bundeskanzlerin in der Verantwortung, so schnell wie möglich einen Kompromiss zu finden", sagt der scheidende Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. "Einen Grexit können wir uns nicht leisten." Die Strategie der Bundesregierung, die linke Regierung in Griechenland zu stürzen, sei nicht aufgegangen. Ein Kompromiss könne eine Zinssenkung für Kredite und eine befristete Stundung von Schulden sein. Deutschland habe seine Schulden nach dem Ersten Weltkrieg auch erst nach 92 Jahren zurückgezahlt - reduziert durch Schuldenschnitte. Gysi forderte zudem eine internationale Schuldenkonferenz, damit auch Länder wie Irland, Spanien und Portugal stärker berücksichtigt würden.
NSA-Affäre - auch Österreich erstattet Anzeige
Quelle: News ORF.at
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Österreich hat nach Berichten über eine Bespitzelung österreichischer Behörden durch den US-Geheimdienst NSA mit Hilfe des deutschen Bundesnachrichtendiensts Anzeige erstattet. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bestätigte entsprechende Berichte am Dienstag.
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